Geschichte der Piratenjagd

Unromantische, brutale Räuber

Piratenflagge
Heute wird Piraterie oft verklärt, doch das ignoriert, wie grausam sie ist. © picture alliance / ZB / Stefan Sauer
Von Günther Wessel · 02.01.2015
Piraten gibt es solange wie die Seefahrt. Und seit es sie gibt, werden sie gejagt. Der Autor und Regisseur Alain Felkel legt nun eine spannende Geschichte der Jagd auf Piraten vor - vom Alten Ägypten bis heute vor der Küste Somalias.
Alain Felkel berichtet chronologisch: Von Wikingern, die mit ihren flachen Booten die Flüsse hochfuhren und Städte im Landesinnern plünderten, von Seeräubern wie Klaus Störtebeker in der Nordsee und der Blütezeit der Piraterie in der Karibik im 17. Jahrhundert. Nebenbei arbeitet er heraus, warum Piraterie entsteht: Sie hat immer soziale Ursachen und entstand oft dort, wo Kriege tobten und sich ein weitgehend rechtsfreier Raum mit lokalen Kriegsherren etablierte – all das gilt für die Piraten der Karibik im 17. Jahrhundert genauso wie für die heutige Situation vor der Küste Somalias oder im Golf von Guinea.
Beute wird unter Piraten und Investoren geteilt
Nicht alle Piraten sind dabei gleich: Vor Somalia waren es zunächst verarmte Fischer, die nach der "Hit-Rob-Run-Taktik" vorgingen, heute tummeln sich dort paramilitärisch organisierte Banden, die im Auftrag Schiffe entführen und Lösegelder für Besatzungen erpressen – von 2005 bis 2012 waren es etwa 413 Millionen Dollar. Der Gewinn wird nach Quoten verteilt, wobei die Piraten etwa 30 Prozent und die Investoren 50 Prozent erhalten. Die bewaffneten Kräfte an Land und die Stammesältesten teilen sich den Rest.
Heute wie früher bieten lokale Herrscher den Piraten zeitweise Schutz und Unterschlupf, doch sind diese Bündnisse immer nur reine Zweckabsprachen: Je nach Gelegenheit werden sie geschlossen oder gebrochen, und so wurden je nach Gelegenheit aus Piratenjägern selber Piraten oder aus Piraten angesehene Mitglieder der Gesellschaft. So jagte Thomas Lynch den Freibeuter Henry Morgan, der später dann Gouverneur auf Jamaika wurde.
Piratenjäger waren den Gejagten ähnlich
Denn, auch das zeigt Alain Felkel, Piraten und ihre Jäger waren sich oft charakterlich ähnlich und hatten sie nicht selten denselben Hintergrund. Staaten wie England statteten Seefahrer mit Kaperbriefen aus, damit waren die Kaperfahrer letztlich nichts anderes als staatlich legitimierte Piraten, der eine raubte im Namen des Königs, der andere für die eigene Schatulle.
Aus heutiger Sicht haftete – zumindest den historisch verbürgten – Piraten der Hauch des Abenteuer und der Freiheitsliebe an: Klaus Störtebeker und Gödeke Michels werden bewundert, Simon von Utrecht, der sie zur Strecke brachte, ist vergessen. Ebenso John Maynard, der Edward "Blackbeard" Teach, der in jedem zweiten Kinderbuch auftaucht, tötete.
Alain Felkel stellt in seinem lebendig und spannend geschriebenen Buch Gerechtigkeit her. Schließlich waren weder die Piraten in Nord- und Ostsee, noch die in der Karibik keine Robin Hoods: Sie waren unromantische, oft auch brutale Räuber – vielleicht mitunter nur ein wenig glamouröser als ihre Verfolger.

Alain Felkel: Operation Piratenjagd. Von der Antike bis zur Gegenwart
Osburg Verlag, Hamburg 2014
408 Seiten, 24,90 Euro

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