Gerhard Polt: "Die Vroni aus Kawasaki"

Eine japanische Soap mit bayerischen Sprechern

08:59 Minuten
Porträt von Gerhard Polt vor einem bayerischen See.
Fand Synchronisationen schon länger unzureichend: der bayerische Kabarettist Gerhard Polt © Hans Peter Hösl
Gerhard Polt im Gespräch mit Nicole Dittmer · 22.04.2022
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Der Kabarettist Gerhard Polt hat eine japanische Soap in bayerischem Dialekt eingesprochen. Auch österreichische und sächsische Sprecher machten mit. Der Verzicht aufs Hochdeutsche hat einen guten Grund, erklärt Polt.
„Was passiert, wenn man einer asiatischen Soap mit markanten österreichischen und bayerischen Synchronstimmen einen neuen inhaltlichen drive gibt? Es entsteht eine Humorfarbe, die es im deutschsprachigen Fernsehen so noch nicht gibt.“ Das schreibt der österreichische Fernsehsender Servus TV zu der Serie „Die Vroni aus Kawasaki“, die der Sender nun im Stream anbietet und Mitte Mai auch ins TV-Angebot bringt.
Eine dieser markanten Synchronstimmen ist Gerhard Polt, der aber weit mehr gemacht hat, als nur zu sprechen: Sein Sohn habe die Idee ursprünglich aus Japan mitgebracht, wo die Serie im Original läuft, schildert der Künstler, der in diesem Jahr 80 Jahre alt wird. In der Serie "Hanbun, Aoi" ("Halbblauer Himmel") geht es um eine Eheschließung, eine unverhoffte Geburt und das Leben der entstandenen Großfamilie inklusive Opa und Oma in einem Wirtshaus in den 80er-Jahren in Japan. 150 Folgen gibt es.

Der Sohn hatte die Idee

Sein Sohn habe die Serie in Japan gesehen und ihm gesagt, das könne man nicht ins Deutsche übertragen – jedenfalls nichts ins Hochdeutsche, schildert Gerhard Polt. Allenfalls, so Polts Sohn, ginge das noch mit der Übertragung in einen Dialekt oder einen Jargon.
„Da hat er bei mir fruchtbaren Boden erwischt“, schildert der Kabarettist. Er hatte sich schon zuvor mit den Unzulänglichkeiten von Synchronisationen beschäftigt, was schnell deutlich wird. So werde dabei eher ein Wort genommen, das sich lippensynchron sprechen lasse, als eines, das inhaltlich besser passe, und das führe letztlich zu Bedeutungsverschiebungen. Er führt auch das Beispiel des Komikers Totò an: Wenn der aus dem Neapolitanischen ins Hochdeutsche übertragen werde, gehe die Information verloren, dass er aus einem bestimmten Milieu komme, und auch das Flair.

Dialekt macht Figuren lebendiger

Was ihn an der Aufgabe bei „Die Vroni aus Kawasaki“ gereizt habe, sei also die Abwendung von der Synchron-Tradition in Deutschland, macht Polt klar: Denn die nehme ganz selten das Dialektale oder den Jargon überhaupt wahr, geschweige denn, dass sie diese nutze. „Wenn sie das machen und diesen Menschen so eine Sprache unterschieben, dann werden sie einfach lebendiger“, zeigt sich der Filmemacher überzeugt. „Die werden natürlich, die kommen anders daher. Es ist einfach privater. Es ist charakteristisch für diese Menschen. Und das hat mir gefallen.“

Synchronisieren im Team

Polt sagt auch deutlich, ihm gehe es nicht um eine Übersetzung bei seinen Dialogbüchern: Erst müsse man das Japanische ins Deutsche bringen, dann müsse man diese Übertragung in den Dialekt übertragen. Und das sei fast immer eine Manipulation, weil die Japaner länger bräuchten, um etwas Banales zu sagen. Letztlich unterstelle er den Figuren etwas – allerdings im Rahmen der Originalhandlung. Im Ergebnis gibt es bayerischen, österreichischen, norddeutschen und sächsischen Dialekt.
Polt erzählt, dass die Synchronisation auch anders als üblich geschehen sei: „Wir waren ein Team“, sagt Polt, während man normalerweise allein im Studio synchronisiere. Unter anderen waren Gisela Schneeberger, Michael Ostrowski und Christian Tramitz dabei. „Wir haben uns gegenseitig angefeuert und stimuliert“, erinnert sich Polt. Und manchmal habe man wohl auch an der falschen Stelle gelacht, räumt er ein.
Insgesamt sei die Crew jedenfalls zufrieden mit dem Ausgang des Experiments: „Das Ergebnis hat uns gefallen!“, sagt Polt als Spiritus Rector.
(mfu)

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