Geradewegs zum Abgrund
Rausch, Anarchie, Aufruhr, das manische Überschreiten von Grenzen: Die Themen der Bücher des amerikanischen Kultautors der Hippiebewegung, Hunter S. Thompson, sind in den kurzen Geschichten von "Screwjack" konzentriert. Sie gehen umstandslos auf den Abgrund zu. Anfang dieses Jahres nahm sich Thompson das Leben.
"Screwjack sollte als letztes und Mescalito als erstes kommen, ... so dass der Leser unerbittlich einen Hügel hoch gezerrt und dann von einer Klippe gestürzt wird."
Das war der Plan von Hunter S. Thompson für die amerikanische Screwjack-Ausgabe, in der die drei Stories dieses Bandes im Jahr 2000 zum ersten Mal erschienen sind.
In der ersten, "Mescalito", wird man auf den Gipfel eines veritablen Drogenrausches gezerrt. Ein Autor unter äußerstem Termindruck - der Hunter S. Thompson selbst zum Verwechseln ähnelt - schreibt in den Morgen hinein. Um durchzuhalten, wirft er eine große Meskalin-Speed-Kapsel ein.
Die Drogen schlagen an und ziehen den Autor in einen schlingernden Rausch, in dem er sich an einem Anker festhält: seiner Schreibmaschine. In die hämmert er seine Halluzinationen und Visionen hinein: Eis in der Nase. Weiße Glut an den Wänden. Maschinen, die einen im Handumdrehen einnähen. Reinemachefrauen, die mit Planierraupen die Wände durchbrechen. In panischer Angst, brüllend und um sich schlagend durchs Hotel zu rennen oder sich lustvoll vom Balkon zu stürzen, übersteht er den ersten Gipfel seines Rausches.
In der zweiten Story, "Tod eines Dichters", wechselt die Perspektive. Der Erzähler ist jetzt vergleichsweise nüchtern, aber er nimmt dennoch die typische Hunter-S.-Thompson-Pose ein, die energiegeladene, vitalistische, überdrehte Haltung, die diese Texte mit einer brachialen Kraft auflädt.
In einer Wohnwagensiedlung hinter den Schlachthöfen trifft der Erzähler den Dichter Leach. Der lebt dort zwischen Zwei-Liter-Whiskeyflaschen und aufblasbaren Frauenpuppen. Eine davon liegt wie erschossen in der Ecke, das Vorspiel zum kurzen und wahnwitzigen Showdown dieser Geschichte, in der Leach erst auf anrückende Polizisten und dann sich selbst in den Kopf feuert.
Von der Klippe stürzt man schließlich mit der seltsamsten der drei Geschichten, mit der Titelstory "Screwjack". Ein Mann tritt auf, der Mr. Screwjack, einen Kater, mit religiöser Inbrunst liebt. Er fleht den HERREN um Vergebung an:
"Vergib mir, dass ich dieses Tier so sehr liebe, und dass ich ihn so tief in mir haben will, bis ich seinen Abdruck auf der weichen roten Haut meines Herzens spüre ..."
Der Wahnwitz, der von Drogen oder Alkohol in die ersten beiden Storys getragen wurde, dieser Wahnwitz kommt jetzt aus der Liebe - zu einem Tier.
Rausch, Anarchie, Aufruhr, das manische Überschreiten von Grenzen. Die Themen der Bücher von Hunter S. Thompson sind in den drei sehr kurzen Geschichten des Screwjack-Bandes konzentriert. Man trifft hier auf denselben herausfordernden Helden, in dem sich Thompson zum Beispiel in "Angst und Schrecken in Las Vegas" gespiegelt hat.
Den kurzen Geschichten fehlt die groteske Dynamik der längeren Thompson-Bücher, in denen eine Katastrophe immer eine noch größere nach sich zieht. Dafür aber gehen sie umstandslos auf den Abgrund zu, in den der Leser stürzen soll. Nach dem Selbstmord von Hunter S. Thompson im Februar 2005 ist dieser - übrigens exquisit ausgestattete - Band aus dem Blumenbar Verlag ein gelungener Nachruf.
Hunter S. Thompson: Screwjack
Aus dem Amerikanischen von Karsten Kredel,
Blumenbar Verlag, 60 Seiten
Das war der Plan von Hunter S. Thompson für die amerikanische Screwjack-Ausgabe, in der die drei Stories dieses Bandes im Jahr 2000 zum ersten Mal erschienen sind.
In der ersten, "Mescalito", wird man auf den Gipfel eines veritablen Drogenrausches gezerrt. Ein Autor unter äußerstem Termindruck - der Hunter S. Thompson selbst zum Verwechseln ähnelt - schreibt in den Morgen hinein. Um durchzuhalten, wirft er eine große Meskalin-Speed-Kapsel ein.
Die Drogen schlagen an und ziehen den Autor in einen schlingernden Rausch, in dem er sich an einem Anker festhält: seiner Schreibmaschine. In die hämmert er seine Halluzinationen und Visionen hinein: Eis in der Nase. Weiße Glut an den Wänden. Maschinen, die einen im Handumdrehen einnähen. Reinemachefrauen, die mit Planierraupen die Wände durchbrechen. In panischer Angst, brüllend und um sich schlagend durchs Hotel zu rennen oder sich lustvoll vom Balkon zu stürzen, übersteht er den ersten Gipfel seines Rausches.
In der zweiten Story, "Tod eines Dichters", wechselt die Perspektive. Der Erzähler ist jetzt vergleichsweise nüchtern, aber er nimmt dennoch die typische Hunter-S.-Thompson-Pose ein, die energiegeladene, vitalistische, überdrehte Haltung, die diese Texte mit einer brachialen Kraft auflädt.
In einer Wohnwagensiedlung hinter den Schlachthöfen trifft der Erzähler den Dichter Leach. Der lebt dort zwischen Zwei-Liter-Whiskeyflaschen und aufblasbaren Frauenpuppen. Eine davon liegt wie erschossen in der Ecke, das Vorspiel zum kurzen und wahnwitzigen Showdown dieser Geschichte, in der Leach erst auf anrückende Polizisten und dann sich selbst in den Kopf feuert.
Von der Klippe stürzt man schließlich mit der seltsamsten der drei Geschichten, mit der Titelstory "Screwjack". Ein Mann tritt auf, der Mr. Screwjack, einen Kater, mit religiöser Inbrunst liebt. Er fleht den HERREN um Vergebung an:
"Vergib mir, dass ich dieses Tier so sehr liebe, und dass ich ihn so tief in mir haben will, bis ich seinen Abdruck auf der weichen roten Haut meines Herzens spüre ..."
Der Wahnwitz, der von Drogen oder Alkohol in die ersten beiden Storys getragen wurde, dieser Wahnwitz kommt jetzt aus der Liebe - zu einem Tier.
Rausch, Anarchie, Aufruhr, das manische Überschreiten von Grenzen. Die Themen der Bücher von Hunter S. Thompson sind in den drei sehr kurzen Geschichten des Screwjack-Bandes konzentriert. Man trifft hier auf denselben herausfordernden Helden, in dem sich Thompson zum Beispiel in "Angst und Schrecken in Las Vegas" gespiegelt hat.
Den kurzen Geschichten fehlt die groteske Dynamik der längeren Thompson-Bücher, in denen eine Katastrophe immer eine noch größere nach sich zieht. Dafür aber gehen sie umstandslos auf den Abgrund zu, in den der Leser stürzen soll. Nach dem Selbstmord von Hunter S. Thompson im Februar 2005 ist dieser - übrigens exquisit ausgestattete - Band aus dem Blumenbar Verlag ein gelungener Nachruf.
Hunter S. Thompson: Screwjack
Aus dem Amerikanischen von Karsten Kredel,
Blumenbar Verlag, 60 Seiten