
Gepanscht, begast, verwässertWie toter Fisch frisch gehalten wird
Podcast abonnieren- Fisch auf Eis: Fischtheke eines Großmarktes (imago/Tillmann Pressephotos)
Konsequente Kühlung und zügige Verarbeitung, das ist das beste Rezept für leckeren und gut verträglichen Fisch. Häufig kommen aber künstliche Verjüngungsmittel ins Spiel.
Der schnelle Verderb verleitet Händler immer wieder zur Beigabe illegaler Zusätze: Im internationalen Fischhandel sorgen Konservierungsmittel wie Benzoesäure, Ammoniak und Formaldehyd regelmäßig für Skandale. Dabei sind diese Stoffe eindeutig harmloser als die früher üblichen und sogar empfohlenen Antibiotika: Damals wurden dem Eis, mit dem die Fische auf den Fangschiffen gekühlt wurden, Tetracycline zugesetzt. Das zunächst hochwirksame Verfahren musste allerdings bald wieder aufgegeben werden - die Verderbniserreger wurden resistent.
Vergiftungen durch spanischen Gammelfisch
Eine zweite Methode, die sich international großer Beliebtheit erfreut, ist die Begasung mit giftigem Kohlenmonoxid. Zur Stabilisierung des appetitlichen rosigen Teints wird der Fisch, insbesondere der Thun in einer Druckkammer behandelt und danach tiefgefroren. Nach dem Auftauen sieht die Ware aus wie fangfrisch. Auch wenn dieses Verfahren in der EU unzulässig ist, so machen sich die Anwender die Erkenntnis zu Nutze, dass sich Fische vor der Schlachtung mit Kohlenmonoxid betäuben lassen. Dann stellt sich die rote Farbe als Nebeneffekt ganz von alleine ein.
Nicht nur der Verderb macht dem Fischhandel zu schaffen, auch die Fangquoten mindern die Menge der verfügbaren Ware. Das verleitet manch einen Anbieter offenbar dazu, über neuen Möglichkeiten der Fischvermehrung nachzudenken. Dabei erwies sich Wasser als ein Rohstoff, der ideal zum Fisch passt. Begonnen hat es mit dem Glasieren – an sich eine einfache, sinnvolle und qualitätserhaltende Maßnahme. Dabei wird der Fisch mit einer Schutzglasur aus Eis überzogen, sie verhindert Austrocknen und Gefrierbrand. Beim Auftauen tropft das Wasser ab. Der Fisch bleibt wie er war.
Fragwürdiger ist da schon eine Behandlung mit Citronensäure, Phosphaten und Kochsalz, um den Wassergehalt des Fischfleisches zu erhöhen. Doch weit wirkungsvoller als die genannten sind Carbonate: Man bade die Filets für zehn Minuten in Natriumcarbonat. Dann schwellen sie an und man erhält schwere, butterweiche, beinahe geleeartige Exemplare.
"Glasig-transparentes, von Bläschen durchsetztes, strukturloses Aussehen"
"Die betroffenen Proben", vermerken die Kollegen von der Lebensmittelüberwachung, "zeigten an den Filetunterseiten ein glasig-transparentes, teilweise von Bläschen durchsetztes, strukturloses Aussehen und eine sulzig-gallertige Konsistenz." Der Sulzfisch wurde vor allem an die Gastronomie verkauft, die Proben aus dem Supermarkt waren in Ordnung. Wohl nicht zufällig erinnert dies an eine ebenso unerfreuliche Erfahrung der vergangenen Jahre: Auf der Speisekarte wurde edle Seezunge offeriert, dem Gast aber minderwertige tropische Hundszungen serviert.
Wer sich nicht um das Vergnügen bringen lassen will, wird seinen Fisch an Silvester wohl wieder selber zubereiten. Vielleicht auch ein realistischer Vorsatz fürs Neue Jahr? Mahlzeit!
Literatur:
Möllers M et al: Nachweis einer Carbonat-Behandlung und eines Wasserzusatzes bei Pangasisusfilets. Lebensmittelchemie 2017; 71: 106-107
Müller-Hohe E, Dambacher B: Fremdwasser in Pangasiusfilets., CVUA Freiburg, 16. April 2013
Anon: Kaum Eiweiß, kaum Fett, aber viel Glasur. FischMagazin 2013; H.1: 82-83
Anon: Adulterated Spanish tuna causes food poisoning across Europe. Algarve Daily News 28. September 2017
EFSA: Assessment of the incidents of histamine intoxication in some EU countries. EFSA supporting publication 2017: EN-1301
Anon: Zugesetztes Wasser in tiefgefrorenen Fischereierzeugnissen am Beispiel von rohen Kabeljau-Filets und rohen Garnelen – ein Problem? Gemeinsamer Test des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei M-V und der VZ M-V e.V. Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern e.V., Rostock 15.09.2016
Durbin CG: Antibiotics in food preservation. American Journal of Public Health 1956; 46: 1306-1308
Concollato A et al: The effect of carbon monoxide on slaughter and processing of fish. In: Preedy V (Ed): Processing and Impact on Active Components in Food. Elsevier, London 2015: 427-431
Pollmer U: Unter Fischfälschern - Bei kaum einer Fischart wird nicht manipuliert. Mahlzeit, Beitrag vom 28. November 2010
Pollmer U: Zusatzstoffe von A bis Z. Deutsches Zusatzstoffmuseum, Hamburg 2017