George Floyd in den Sozialen Medien

Endlosschleife der Machtlosigkeit

05:49 Minuten
An einer Gedenkstelle mit Blumen und einem "Black Lives Matter"-Plakat trauern Menschen um George Floyd.
"Black Lives Matter": Trauer um George Floyd in Minneapolis (Minnesota). © picture alliance / dpa / abaca
Matthias Dell im Gespräch mit Massimo Maio · 27.05.2020
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Wieder ist ein Afroamerikaner von Polizisten getötet worden. Die Bilder von George Floyd wecken Erinnerungen an frühere Vorfälle von Polizeigewalt. Filmkritiker Matthias Dell analysiert, was diese Bilder auslösen können - und was nicht.
Ein Knie im Nacken. "I can't breathe" – ich kann nicht atmen. Kurze Zeit später ist George Floyd ist tot. Ein Afroamerikaner in Minneapolis, getötet von Polizisten. Mittlerweile wurden die vier beteiligten Beamten entlassen.
Das Handyvideo, das zeigt, wie Floyd reglos am Boden liegt, der Polizist auf ihm kniet und keiner der Beamten nach ihm sieht, während Passanten ihre Sorgen äußern, geht viral und sorgt für Proteste in Minneapolis. "I can't breathe" wird zum Slogan auf Plakaten und zum Hashtag im Netz.
George Floyd ist leider kein Einzelfall: Immer wieder sterben vor allem Afroamerikaner in den USA durch Polizeigewalt unter zweifelhaften Umständen, deren Namen durch Handyvideos, Solidaritätsbekundungen und Proteste der "Black Lives Matter"-Bewegung bekannt wurden - wie 2009 Oscar Grant, 2012 Trayvon Martin, 2014 Michael Brown und Eric Garner. Auch Garner wurde erstickt, schon sein "I can't breathe" verbreitete sich als geflügeltes Wort, um in sozialen Netzwerken und bei Demonstration auf rassistische Polizeigewalt in den USA aufmerksam zu machen.
Filmkritiker Matthias Dell spricht angesichts dieser sich ähnlichen Bilder und Zitate von einem Déjà-vu-Effekt. "Man hat das Gefühl, dass sich diese Bilder in einer Endlosschleife bewegen."

Kniefall im neuen Kontext

Zugleich stellen sich neue Verlinkungen her: Ein populäres Meme, das derzeit verbreitet wird, stellt den knienden Polizisten von Minneapolis ("This...) dem knienden Footballspieler Colin Kaepernick gegenüber (...is why"), der 2016 damit, während die Nationalhymne lief, gegen Rassismus protestierte (und seitdem vereinslos ist) Hier werden zwei Bilder aus verschiedenen Kontexten neu verbunden, um sowohl den aktuellen Fall als auch die damals geäußerte Kritik an Kaepernick zu belegen.
Trotz der Eindeutigkeit des Arguments, der Klarheit des Bezeugens (dass Floyd durch das Knieen getötet wird) bewirken die Aufnahmen politisch nichts: Die Handyfilme sind gewissermaßen zu evident, um evident zu sein.
"Man kann an diesem Punkt klar sehen, was Bilder können und was sie nicht können, also was der Unterschied zwischen Kunst, Bildern und Politik ist", sagt Dell. "Reale Politik würde bedeuten, dass da jetzt ein Präsident wäre, der das Problem angeht."
Man habe es aber mit einem tiefsitzenden Rassismus zu tun – ein Problem, das offensichtlich nicht schnell zu lösen ist. So erinnerten die Bilder aus dem Fall George Floyd eben immer auch an ihre eigene Machtlosigkeit.
(leg)
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