Geoff Barrows Bandprojekt Beak

Die anarchische Antithese zu Portishead

Geoff Barrow
Der Musiker Geoff Barrow: "Ich glaube nicht, dass wir versuchen, wie Krautrock zu klingen." © dpa / Maxime Schmid
Von Andreas Dewald |
Wild, anarchistisch und frei improvisiert - das ist die Musik des Bandprojekts Beak von Ex-Portishead-Musiker Geoff Barrow. Für seine Band zu werben, ist schwierig für ihn. So sagt er über Beak: "Zu 98 Prozent ist es langweilig, was wir spielen."
Das ist kein Gespräch über Portishead, sagt Geoff Barrow, Mastermind der berühmten Band aus Bristol, gereizt. Er will nur - wirklich "nur" - über seine Gruppe Beak reden. Und da stehen der zum Mythos gewordene TripHop von Portishead und die damit verbundenen Erwartungen nur im Weg herum.
Mit dem Trio Beak macht Barrow seit 2009 wilde, anarchische, frei improvisierte Musik, eine Art Antithese also zu Portishead und ihrem perfekt konzipierten Sound, den Barrow aus tausend Samples collagiert und unter Beth Gibbons' geheimnisvollen Gesang legt.
Beak kreieren ihre Musik auf ganz andere Weise: "Bei Beak geht es nur im Studio um Improvisation. Wenn wir live spielen, reproduzieren wir das, was wir im Studio improvisiert haben. Wir lernen es, üben es ein und spielen es dann live. Live improvisieren wir niemals. Improvisation ist bei uns ein Studio-Ding."

Von Can beeinflusst

Das erinnert nicht von ungefähr an den Ansatz der deutschen Band Can. Deren Einfluss ist in der Musik von Beak immer stark zu spüren gewesen. Geoff Barrow zählt zu den glühenden Verehrern von Can im speziellen und Krautrock im Allgemeinen. Und er scheint dessen Magie besser verstanden zu haben als viele andere, die nur die motorischen Beats von Can, Neu! und Faust oder die retrofuturistischen Synthesizerklänge von Kraftwerk, Cluster und Tangerine Dream kopieren.
Auf dem dritten Album von Beak sind Geoff Barrow und seine Mitstreiter, Billy Fuller und Will Young jetzt weit über ihre Krautrock-Inspirationen hinausgewachsen: "Ich glaube nicht, dass wir versuchen, wie Krautrock zu klingen. Wir mögen Krautrock. Wir sind davon beeinflusst. Aber auch von den Plastic People Of The Universe, von King Tubby, von Public Enemy, oder GZA, von allen möglichen. Wir gehen mit Beak einfach zusammen in einen Raum, machen Musik, hören sie uns dann im Kontrollraum an, und sagen: Wow! Was ist das? Toll! Oder wir sagen: Oh nein, nicht schon wieder! Zu 98 Prozent ist es langweilig, was wir spielen. Uns geht es um die zwei Prozent Musik, die sich anhört wie keine andere, die je gemacht wurde."

Eine Atmosphäre aufsässiger Stacheligkeit

"Es ist eine extrem deprimierende Zeit für alle, die ein Gewissen und einen Herzschlag haben. Oft steht man deprimiert auf und geht deprimiert schlafen. Wir sind mit Beak nicht politisch aktiv geworden. Wir bringen das in der Musik zum Ausdruck. Wir versuchen einfach, möglichst positive Signale zu senden und mit den Menschen darüber zu sprechen."
Unheimlichkeit verbreitende Orgeln, flirrende Synthesizer, treibende Rhythmen, und eine Atmosphäre aufsässiger Stacheligkeit beherrschten schon die bisherigen Arbeiten von Beak. In den neuen Stücken aber wirkt alles klarer strukturiert und komplexer komponiert. Es gibt Anklänge an Can in "Brean Down", Verweise auf Neu! und Stereolab in "RSI", die altes Feuer neu entfachen.
Neben den immer wieder auftauchenden Anklängen an den Krautrock gibt es auf dem neuen Album aber auch viele Momente, die sich allen Kategorien entziehen, wie im Stück "Harvester" mit seinen Country-Gitarren und kühnen Streichern, das im filmmusikreifen "The Brazilian", ebenso bei "Abbots Leigh", oder das beim hypnotischen Instrumental "Alle Sauvage". Überall vermitteln Beak hier den Enthusiasmus von drei Freunden mit denselben musikalischen Vorlieben, die im Studio die Zeit ihres Lebens hatten. Dabei sind die Welt und die Politik keinesfalls draußen vor der Tür geblieben.
"Ich wollte eigentlich nicht direkt über Trump schreiben. Aber er ist so absurd, dass einem sofort Texte über ihn einfallen. Sobald die Idee in deinem Kopf ist, geht es los. Und es sind nicht nur Texte, die sich darauf beziehen, es ist der Vibe, die Atmosphäre. Als Rockmusiker etwas gegen den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu schreiben, ist ja eigentlich lächerlich. Aber hier auf diesem Album ist es passiert."
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