"Wie weit wollen wir jetzt gehen?"
Ein "Biofakt" ist ein Lebewesen, bei dem der Mensch mittels Technik in das Wachstum eingegriffen hat. Entwickelt wurde diesen Begriff die Philosophin und Biologin Nicole Karafyllis. Sie befasst sich mit der Frage, was genetische Eingriffe in die Natur mit uns und unseren Mitwesen machen werden.
Nach der Definition von Nicole Karafyllis leben wir bereits in einer Welt voller Biofakte – nur nehmen wir diese oft als natürlich wahr, wie den aufgeforsteten Schwarzwald zum Beispiel. Zu sagen, dass es keine Natur mehr gebe, sei aber zu einfach, sagt die Professorin des Lehrstuhls für Wissenschaft und Technikphilosophie an der Technischen Universität Braunschweig:
"Natur muss immer wieder gesellschaftlich neu verhandelt werden. Und das geht über Bewusstwerdung. Dafür braucht man einen neuen Begriff."
Karafyllis hofft insbesondere, durch dieses Bewusstsein neue Voraussetzungen in Diskussionen um Gentechnik wie zum Beispiel der Präimplantationsdiagnostik zu schaffen. Denn:
"Es ist so, dass Techniken, die hier angewendet werden, erst mal nicht unterscheiden zwischen Pflanze, Tier und Mensch. Aber schon Mendels Gesetze gingen zunächst um Pflanzen. Viele weitere Techniken haben sich zunächst aus der Pflanzenzüchtung entwickelt und historisch über kurz oder lang beim Tier oder Menschen angewendet worden. (...) Wir müssen uns das gesamte Narrativ von Züchtung und Beschleunigung uns erst mal vor Augen führen. Dann können wir uns fragen: Wie weit wollen wir jetzt gehen?"
Dies gilt Karafyllis zufolge nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für die restliche Gesellschaft, gerade bei Techniken, die das Labor verlassen wie grüne Gentechnik. Das Konzept des Biofakts wird sie auch auf der Tagung des Deutschen Ethikrates "Globale Wissenschaft - Globale Ethik?" in Berlin vorstellen.