Genregrenzen ade
Das Berghain gilt unter Anhängern elektronischer Musik derzeit als einer der besten Technoclubs der Welt. Beim Festival „C3 – Club Contemporary Classical“ mischen sich harte Clubsounds mit neuer Musik und Klassik.
Dieser Abend im Berghain ist ein wenig anders als die üblichen. Zwar baut sich der Türsteher aus Gewohnheit wie ein Baum vor den Ankommenden auf und auch heute wird das Bier von jemandem ausgegeben, der statt eines T-Shirts ein farbenfrohes Ganzkörper-Tattoo trägt – aber das Publikum sitzt, statt ekstatisch zu tanzen, auf dem Fußboden und nach dem Ende eines Musikstückes wird applaudiert. Im Berghain treffen heute drei Welten aufeinander: „Club Contemporary Classical“ – so auch der Name des Festivals – Clubsounds, neue Musik und Klassik. Paul Frick ist Komponist und ein Drittel des Projektes „Brandt Brauer Frick“. In seiner Arbeit vereinen sich Einflüsse aus allen drei Richtungen:
„Eigentlich schon von Anfang an im Studium hab ich – sehr unüblich für diese Neue-Musik-Szene – im weitesten Sinne pulsierende Musik geschrieben. Also es gab eigentlich kein Stück von mir in dem nicht in irgendeiner Form so ein körperlicher Rhythmus drunter lag. Wenn ich drüber nachdenke, gibt es so bestimmte Rhythmen, die haben mich in den verschiedenen Musikrichtungen, die ich so durchlaufen bin, immer fasziniert haben, also die es zum Teil in der Barockmusik gibt, die du im Heavy Metal wieder findest, so synkopierte 16tel-Geschichten. Das sind, glaube ich, auch genau die Sachen, die mich dann später an House und Techno sehr fasziniert haben.“
Wenn man sich das Programm des C3 – so nennt das Berghain das Festival – ansieht, dann gewinnt man den Eindruck, Grenzen und Genres seien hier vollkommen aufgehoben: Junge Komponisten und Musiker aus dem Bereich der neuen Musik, Einflüsse aus Jazz und HipHop, elektronische Klänge, klassische Werke – alles kommt zusammen. Emma Smith ist Violinistin im „Elysian Quartet“ – dem nach eigener Aussage einzigen britischen Streicherensemble, das sich ausschließlich der zeitgenössischen Musik verschrieben hat. Für sie ist dieser Ansatz kein Problem.
„Ich denke, im Allgemeinen gehen wir an jedes Projekt, das wir machen – selbst an die größte Herausforderung – immer mit derselben Haltung heran. Ob wir ein neues Stück erarbeiten, das ein Komponist für uns geschrieben hat oder ob wir improvisieren – ich denke, wir haben immer dieselbe Herangehensweise in unserer Arbeit.“
Beim Festival tritt das „Elysian Quartet“ mit seinem Landsmann Joby Burgess auf. Dem Percussionisten ist nichts Musikalisches fremd, er ist bekennender Kraftwerk-Fan und arbeitet ebenso mit dem British Symphony Orchestra. Er beherrscht unzählige Schlaginstrumente und ist der Kopf des Live-Electronics-Trios „Powerplant“. Gerade experimentiert er mit einem elektronischen Xylophon, dessen Hölzer sich mit Hilfe eines Computerprogramms mit verschiedenen Klangelementen belegen lassen. Seiner Ansicht nach kann klassische Musik durch die Clubmusik an interessanten neuen Facetten gewinnen – und die Clubmusik durch die Klassik an Tiefe.
„Es ist wie zwei Welten, die sich treffen und miteinander vermischen. Eigentlich ist es für uns kein Unterschied, ob wir in einem Club spielen oder in einem Konzertsaal. Die Musik passt gut zu beidem. Für Clubmusik ist sie sehr künstlerisch. Es ist Kunst, eine sehr ausgearbeitete Produktion, vielschichtig in dem, was es zu sehen und zu hören gibt. Einige Teile der Musik erfordern viel Konzentration, um zu verstehen, was passiert. Einiges ist sehr einfach, man versteht sofort, was los ist. Aber anderes ist eine Herausforderung.“
Der Berliner House-Produzent Stefan Goldmann kommt aus der entgegen gesetzten Richtung. Zwar bekennt er sich sowohl zu einer Punkvergangenheit als auch zu einer großen Bandbreite von Einflüssen, zum Beispiel aus Westafrika oder dem Balkan. Seine erste musikalische Auseinandersetzung mit einem klassischen Werk liegt jedoch gerade ein Jahr zurück: Dafür sammelte er alle Interpretationen von Strawinskys „Sacre du printemps“, die er bekommen konnte, und mischte sie neu zusammen.
„Wenn man eine Klassik-CD kauft, dann hört man nicht eine Aufnahme. Man hört einfach eine Schnittfassung von Generalprobe, erstes Konzert, zweites Konzert, irgendwelche Proben, also wo immer versucht wird, was sind die besten Stellen und wie setzt man das zusammen. Und ich hab versucht, das auf Interpretationen im größeren Zusammenhang zu übertragen und dann einfach in beide Richtungen diesen Austausch zu haben: Was macht ein DJ, was macht ein Tonmeister und was macht ein Interpret, also sogar so ne Art Dreigestirn, das irgendwie zusammenzuführen in ein Produkt. Das heißt, man hört zehn Sekunden lang eine Stelle von einem Orchester und einem Dirigenten und einem Konzertsaal und dann wird übergeblendet in eine andere Interpretation und so kriegt man eigentlich ein DJ-Set von diesen klassischen Aufnahmen.“
Zurück im Berghain wird Stefan Goldmann am heutigen Abend mit seinem Programm das Festival „C3“ ausklingen lassen – standesgemäß wird er nicht vor drei Uhr morgens hinter seinen Plattentellern erscheinen. Und statt auf dem Boden zu sitzen, wird das Publikum tanzen. Der Ausflug in klassische Gefilde soll nicht sein letzter gewesen sein – vorerst will sich Goldmann aber wieder der elektronischen Musik widmen. Wie auch das „Berghain“, wo an den kommenden Wochenenden wieder vor allem Technofans auf ihre Kosten kommen werden. Vorerst – denn eine Neuauflage des Festivals im kommenden Jahr ist zumindest geplant.
„Eigentlich schon von Anfang an im Studium hab ich – sehr unüblich für diese Neue-Musik-Szene – im weitesten Sinne pulsierende Musik geschrieben. Also es gab eigentlich kein Stück von mir in dem nicht in irgendeiner Form so ein körperlicher Rhythmus drunter lag. Wenn ich drüber nachdenke, gibt es so bestimmte Rhythmen, die haben mich in den verschiedenen Musikrichtungen, die ich so durchlaufen bin, immer fasziniert haben, also die es zum Teil in der Barockmusik gibt, die du im Heavy Metal wieder findest, so synkopierte 16tel-Geschichten. Das sind, glaube ich, auch genau die Sachen, die mich dann später an House und Techno sehr fasziniert haben.“
Wenn man sich das Programm des C3 – so nennt das Berghain das Festival – ansieht, dann gewinnt man den Eindruck, Grenzen und Genres seien hier vollkommen aufgehoben: Junge Komponisten und Musiker aus dem Bereich der neuen Musik, Einflüsse aus Jazz und HipHop, elektronische Klänge, klassische Werke – alles kommt zusammen. Emma Smith ist Violinistin im „Elysian Quartet“ – dem nach eigener Aussage einzigen britischen Streicherensemble, das sich ausschließlich der zeitgenössischen Musik verschrieben hat. Für sie ist dieser Ansatz kein Problem.
„Ich denke, im Allgemeinen gehen wir an jedes Projekt, das wir machen – selbst an die größte Herausforderung – immer mit derselben Haltung heran. Ob wir ein neues Stück erarbeiten, das ein Komponist für uns geschrieben hat oder ob wir improvisieren – ich denke, wir haben immer dieselbe Herangehensweise in unserer Arbeit.“
Beim Festival tritt das „Elysian Quartet“ mit seinem Landsmann Joby Burgess auf. Dem Percussionisten ist nichts Musikalisches fremd, er ist bekennender Kraftwerk-Fan und arbeitet ebenso mit dem British Symphony Orchestra. Er beherrscht unzählige Schlaginstrumente und ist der Kopf des Live-Electronics-Trios „Powerplant“. Gerade experimentiert er mit einem elektronischen Xylophon, dessen Hölzer sich mit Hilfe eines Computerprogramms mit verschiedenen Klangelementen belegen lassen. Seiner Ansicht nach kann klassische Musik durch die Clubmusik an interessanten neuen Facetten gewinnen – und die Clubmusik durch die Klassik an Tiefe.
„Es ist wie zwei Welten, die sich treffen und miteinander vermischen. Eigentlich ist es für uns kein Unterschied, ob wir in einem Club spielen oder in einem Konzertsaal. Die Musik passt gut zu beidem. Für Clubmusik ist sie sehr künstlerisch. Es ist Kunst, eine sehr ausgearbeitete Produktion, vielschichtig in dem, was es zu sehen und zu hören gibt. Einige Teile der Musik erfordern viel Konzentration, um zu verstehen, was passiert. Einiges ist sehr einfach, man versteht sofort, was los ist. Aber anderes ist eine Herausforderung.“
Der Berliner House-Produzent Stefan Goldmann kommt aus der entgegen gesetzten Richtung. Zwar bekennt er sich sowohl zu einer Punkvergangenheit als auch zu einer großen Bandbreite von Einflüssen, zum Beispiel aus Westafrika oder dem Balkan. Seine erste musikalische Auseinandersetzung mit einem klassischen Werk liegt jedoch gerade ein Jahr zurück: Dafür sammelte er alle Interpretationen von Strawinskys „Sacre du printemps“, die er bekommen konnte, und mischte sie neu zusammen.
„Wenn man eine Klassik-CD kauft, dann hört man nicht eine Aufnahme. Man hört einfach eine Schnittfassung von Generalprobe, erstes Konzert, zweites Konzert, irgendwelche Proben, also wo immer versucht wird, was sind die besten Stellen und wie setzt man das zusammen. Und ich hab versucht, das auf Interpretationen im größeren Zusammenhang zu übertragen und dann einfach in beide Richtungen diesen Austausch zu haben: Was macht ein DJ, was macht ein Tonmeister und was macht ein Interpret, also sogar so ne Art Dreigestirn, das irgendwie zusammenzuführen in ein Produkt. Das heißt, man hört zehn Sekunden lang eine Stelle von einem Orchester und einem Dirigenten und einem Konzertsaal und dann wird übergeblendet in eine andere Interpretation und so kriegt man eigentlich ein DJ-Set von diesen klassischen Aufnahmen.“
Zurück im Berghain wird Stefan Goldmann am heutigen Abend mit seinem Programm das Festival „C3“ ausklingen lassen – standesgemäß wird er nicht vor drei Uhr morgens hinter seinen Plattentellern erscheinen. Und statt auf dem Boden zu sitzen, wird das Publikum tanzen. Der Ausflug in klassische Gefilde soll nicht sein letzter gewesen sein – vorerst will sich Goldmann aber wieder der elektronischen Musik widmen. Wie auch das „Berghain“, wo an den kommenden Wochenenden wieder vor allem Technofans auf ihre Kosten kommen werden. Vorerst – denn eine Neuauflage des Festivals im kommenden Jahr ist zumindest geplant.