Genozid an den Herero und Nama

Namibia will Neuverhandlung des Abkommens von 2021

07:36 Minuten
Ein Denkmal für die Opfer des Genozids an den Nama und Herero in Windhoek, Namibia.
Denkmal in der namibischen Hauptstadt Windhoek für die Opfer des Genozids an den Nama und Herero. Deren Nachfahren lehnen ein bestehendes Abkommen mit Deutschland ab. © imago images / imagebroker / Thomas Sbampato
Tomas Fitzel im Gespräch mit Gabi Wuttke · 05.11.2022
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Bei einer Konferenz in Berlin zum Genozid des deutschen Kaiserreichs an den Herero und Nama in Namibia positionierten sich die Nachfahren der Opfer klar: Sie fordern neue Verhandlungen über Reparationen von Deutschland.
Die Konferenz "Der deutsche Völkermord in Namibia" in Berlin hat sich mit Missständen in der Aufarbeitung des vom deutschen Kaiserreich verübten Genozids an den Herero und Nama beschäftigt. Im Haus der Kulturen der Welt ging es auch um die deshalb bis heute spärlichen Reparationen.

Forderungen nach einem neuen Abkommen

Die namibische Vizeministerin für Gesundheit und Soziale Dienste, Esther Muinjangue, selbst eine Herero, hat sich auf der Konferenz gegen das Versöhnungsabkommen zwischen Namibia und Deutschland ausgesprochen, auf das sich Delegationen der beiden Länder letztes Jahr geeinigt hatten, wie der Journalist Tomas Fitzel berichtet.
Die Vereinbarung war in Namibia von Vertretern der Herero und Nama heftig kritisiert worden.
Sie beklagten eine fehlende Beteiligung von Opfervertretern an den Verhandlungen und bestanden auf einer offiziellen Anerkennung des Völkermords nicht nur im historischen, sondern auch im völkerrechtlichen Sinne. Ohne diese können keine rechtlichen Ansprüche auf Reparationen abgeleitet werden.
Der namibische Vize-Präsident Nangolo Mbumba hatte letzte Woche mitgeteilt, dass die namibische Regierung im Juli dieses Jahres Deutschland deswegen zu einer Neuverhandlung des Abkommens von 2021 aufgefordert habe. Namibia warte noch auf eine Antwort der deutschen Seite.

Nachfahren der Opfer sind heute marginalisiert

Die Vertreter der Nama und Herero auf dem Podium seien sehr beindruckend gewesen, berichtet Fitzel. "Sie haben ganz deutlich gesagt, dass sie keine Versöhnung wollen, sondern Wiedergutmachung – also Reparationen für das, was ihnen angetan wurde."
Die Folgen der kolonialen Strukturen wirkten noch bis heute fort, so Fitzel. "Vor dem Völkermord waren die Nama und Herero die größten Landbesitzer, die deutschen Siedler besaßen nur sehr wenig Land. Heute ist es nach wie vor so, dass die Nachfahren der weißen Siedler, hauptsächlich deutschen Ursprungs, über 40 Prozent des Farmlandes besitzen."

"Sitzen am Katzentisch bei den Verhandlungen"

Als weitere Folge seien die Herero heutzutage in Namibia marginalisiert, auch gegenüber der Regierung, obwohl sie vor der deutschen Besatzung die Bevölkerungsmehrheit stellten. „Sie sind eine Minderheit, sie sitzen am Katzentisch bei den Verhandlungen.“
Die bekannte Rechercheagentur Forensic Architecture gehörte zu den Organisatoren der Konferenz. Sie stellte anhand von Bild- und Kartenmaterial dreidimensionale virtuelle Räume her. Diese könnten als Erinnerungslandschaften für Orte dienen, über die buchstäblich mittlerweile Gras gewachsen sei und in denen es keinerlei Spuren kolonialer Verbrechen mehr gebe, meint Fitzel. Damit leiste die Agentur einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur.
rja/AFP

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