Generation Golf, Single oder Praktikum

Moderation: Barbara Wahlster |
Immer wieder wird eine neue Generation ausgerufen: Die Etikettierungen reichen derzeit von der Generation '89 über die Generation Praktikum bis hin zur Generation Merkel, die einen Wechsel hin zu jüngeren Politikerinnen und Politikern wie Platzeck und Nahles beschreibt.
Was ist überhaupt eine Generation und leitet eine so etikettierte tatsächlich einen Paradigmenwechsel ein? In welchen gesellschaftlichen Umfeldern und Situationen entstehen wirkliche Generationen, das fragt eine Vorlesungsreihe an der Universität Göttingen.

Mit Prof. Lutz Niethammer, Historiker an der Universität Jena, hat den Eröffnungsvortrag zu dieser Reihe "Generationengeschichte. Generationelle Dynamik und historischer Wandel im 19. / 20. Jahrhundert" in Göttingen gehalten. "Mediale Kräuselungen" nannte er gegenüber Deutschlandradio Kultur die von den Medien stets aufs Neue ausgerufenen Generationslabel. Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Gespräch:

Wahlster: Von Generationen bzw. einem angeblichen Generationswechsel ist momentan vor allem in der Politik die Rede siehe Merkel und Platzeck und dann auch Müntefering und Nahles. Würden Sie das als Generationswechsel überhaupt fassen?

Niethammer: Da muss man sich erstmal darüber verständigen, was sinnvoll ist, eine Generation zu nennen. Dass es immer wieder Jugendablösungen gibt, das würde man soziologisch und erfahrungsgeschichtlich nicht sofort als Generation bezeichnen, sondern erstmal eine neue Alterskohorte, die dran kommt. (…) Mit Generation verbindet man vor allem im deutschen Sprachraum einen stärker aufgeladenen Begriff, der im Kaiserreich und in der Weimarer Republik seine Emphase bekommen hat. Damit ist eine Jugendkohorte gemeint, wenn sie älter wird, die auch für die gesamte Gesellschaft bestimmend wird, als ein Projekt, wie man die Welt und sich selber verstehen soll.

(...)

Wahlster: Aber was sind das für Labels, die die Medien da erfinden oder irgendwelche Lifestyle-Theoretiker, die da plötzlich kursieren: Generation Golf, Generation Single, Generation Praktikum?

Niethammer: Das sind eben Labels, die davon zehren sollen, dass es vor allem in den ersten zwei Dritteln des 20. Jahrhunderts häufig eine sehr dramatische Verbindung von einer solchen Lebenskohorte der Gleichaltrigen mit politischen und schicksalshaften Geltungsansprüchen, Projekten gegeben hat, und ich glaube daran knüpfen diese medialen Kräuselungen derzeit an, dass sie etwas eher Harmloses, Passives ausschmücken und dynamisieren.

Sie finden das vollständige Gespräch in der rechten Spalte als Audio.