Generaldebatte im Bundestag

Von Michael Groth |
Rhetorische Höhepunkte, epische Redeschlachten, intellektueller Funkenflug – waren das Zeiten, da die Debatte um den Kanzleretat solches zumindest hoffen ließ. Angesichts einer großen Koalition der kleinen Schritte bleibt nicht einmal dies. Dafür Graubrot und Wassersuppe auf Seite der Regierenden, verbunden mit Werben um Vertrauen, dass demnächst alles besser wird.
Kleine Sticheleien wie die des SPD-Fraktionsvorsitzenden Struck, der sich bei der Föderalismusreform eine teilweise abweichende Meinung leistet, gehören dabei zum Geschäft. Im Übrigen kaum Konkretes. Reformen? Aber ja, sagt die Kanzlerin, aber eile mit Weile.

Immerhin weiß Angela Merkel, dass der Partner weiter der Pflege bedarf. Das gilt vor allem für den Kündigungsschutz und für die Energiepolitik. Darüber, was der Koalitionsvertrag hier festschreibt, herrscht Unzufriedenheit in weiten Kreisen der Union. Der Appell der Kanzlerin, sich an Vereinbartes zu halten, zielt ebenso auf die eigene Partei wie auf Arbeitsminister Müntefering.

Wie mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Arbeitsmarkt neu zu strukturieren ist, das bleibt weiter das Geheimnis der Regierung. Hieran, und an der damit verbundenen Zahl der Arbeitslosen, wird die Koalition in der nächsten Bundestagswahl gemessen.

Gleiches gilt für die jetzt anstehende Gesundheitsreform. Welche Lösung Schwarz-Rot auch finden mag, fest steht zweierlei: Die Kosten werden nicht sinken, und es wird sich weder das von der einen noch das von der anderen Partei favorisierte Modell durchsetzen. Eine Melange mag die verträglichste Art des Genusses sein, den besten Kaffee garantiert sie nicht.

Die Opposition passt sich der allgemeinen Langeweile an. Zunächst finden FDP, Linkspartei und die Grünen Vergnügen daran, sich gegenseitig zu attackieren. Darüber hinaus gilt das Urteil Strucks über die Rede des Beinahe-Koalitionärs Westerwelle: inhaltsleeres Gedröhne. Über die kommende Erhöhung der Mehrwertsteuer ist niemand erfreut, ebenso wenig über die Rente mit 67 oder mögliche Zumutungen, die in Sachen Gesundheit drohen. Mit oppositioneller Schelte lässt sich hier nicht punkten. Die ständigen Bitten der Koalition um Vertrauen zeigen ja offenkundig Wirkung. Die Stimmung im Land ist ruhig, die Werte für die Regierung nach wie vor akzeptabel.

Kein leichtes Gelände für eine Opposition, die – zusammengenommen - weniger als ein Drittel der Bundestagsabgeordneten stellt. Umso erstaunlicher, dass weder FDP noch Grüne den Regierenden Alternativen bieten. Konzepte, mit deren Hilfe der Reformstau zu bewältigen wäre, bleiben beide Parteien schuldig. Von der sich rundum verweigernden Linkspartei erwartet man Solches ja erst gar nicht.