Gemeinsames Schaffen

Von Ulrike Gondorf |
"Liebe, Kunst und Leidenschaft" - mit diesen zugkräftigen Begriffen in knalligem Pink werben Plakate für den Besuch der neuen Ausstellung im Kölner Wallraf-Richartz-Museum. Zu sehen sind dort Werke von 13 Künstlerpaaren, die zusammen gelebt und gearbeitet haben wie Auguste Rodin und Camille Claudel.
Sie sah ihn markant, entschlossen, der wallende Vollbart gibt dem Gesicht etwas Wildes und Archaisches, die tiefe Furche zwischen den Brauen und die Spuren von Falten auf der hohen Stirn verraten aber auch grüblerische und dunkle Züge. Er sah sie ernst und in sich gekehrt, die weiche Kontur des Tons, aus dem der Kopf modelliert ist, lässt das leicht gesenkte Gesicht wie verschleiert wirken, die großen Augen scheinen nach innen zu blicken.

Fast zwei Jahrzehnte lebten und arbeiteten Auguste Rodin und die wesentlich jüngere Camille Claudel zusammen. Zwei Büsten, in denen sie sich gegenseitig porträtierten, stehen am Anfang der Ausstellung im Kölner Wallraf-Richartz-Museum. Die beiden sind nicht nur als Künstler, sondern auch als Paar berühmt. Ihre Beziehung scheiterte - Camille verwand die Trennung niemals, konnte nicht mehr arbeiten, wurde psychisch krank und endete in einer Nervenheilanstalt.

Solche romanhaften Schicksale machen das Thema "Künstlerpaare" sicher auch interessant für die Neugier eines großen Publikums. Zentrum der Ausstellung sind sie zum Glück nicht - oder jedenfalls nicht im vordergründigen Sinne. Kuratorin Barbara Schaefer hat nicht den mehr oder minder seichten Künstlerroman bebildert. Ihr geht es um neue Fragestellungen, die man aus der Betrachtung der Werke im Kontext der persönlichen Beziehung der Künstler gewinnen kann. "Querlesen" sollte man lernen, rät die Ausstellungsmacherin.

Barbara Schaefer: "Es ist häufig so, dass sich das Augenmerk entweder auf die Biografie oder das Werk richtet, und es liegt auf der Hand, dass Künstlerpaare, die gemeinsam leben und arbeiten, sich gegenseitig beeinflussen, und das war, worauf unser Augenmerk gelegen hat."

So wird der Blick geschärft für gemeinsame Themen: Wassily Kandinsky und Gabriele Münter malen Straßenansichten und Landschaften rund um ihr Domizil im oberbayerischen Murnau. Auch sie ein Paar, in dem Lehrer und Schülerin, ein älterer, bereits arrivierter Mann und eine zunächst unsichere, zu ihm aufblickende Frau zusammengefunden haben.

Gerade die Ähnlichkeit der dargestellten Motive macht die Verschiedenheit und Eigenständigkeit der künstlerischen Handschriften deutlich: Wo Kandinsky kantig und kristallin und in kühlen Farben gestaltet und sich von den konkreten Formen mehr und mehr löst, bleibt Gabriele Münter bei weichen, runden Konturen, warmen Tönen und vor allem unbeirrbar in ihrer Treue zum Gegenständlichen.

Wenn man im nächsten Kabinett dem Paar Otto Modersohn und Paula Modersohn-Becker begegnet, glaubt man ebenfalls in ein gemeinsames Atelier zu schauen, meint, in den ausgestellten Kinderbildern nicht nur dieselben Personen, sondern auch ähnliche künstlerische Fragestellungen zu entdecken: eine verwandte Palette von schweren erdigen Farbtönen, ein starker Zug zur Vereinfachung und Konzentration, die Auffassung der Figur im Raum.

Wobei Paula Modersohn-Becker immer die vitalere, radikalere, den Blick unwillkürlich auf sich ziehende Künstlerpersönlichkeit ist. Was uns heute so evident zu sein scheint, sahen die Zeitgenossen aber anders: Damals war Otto Modersohns Malerei weit höher geschätzt als die seiner Frau.

Dieser Wandel der Einschätzung lässt sich immer wieder beobachten. Und der Rundgang macht klar, dass die Frauenbewegung der vergangenen Jahrzehnte auch die Rezeption von Kunst beeinflusst hat. Marianne von Werefkin, Sonja Delaunay oder Sophie Taeuber-Arp, viele Frauen, die in der Kunstgeschichte zunächst eher eine Fußnote in den Biografien ihrer Männer waren, haben aufgeholt und für uns eigenständige Bedeutung gewonnen, die sich in der Kölner Ausstellung auch im direkten Vergleich bestätigt.

Verblüffenderweise ist es der erste Versuch, das Thema "Künstlerpaare" in seinen ästhetischen, soziologischen und rezeptionsgeschichtlichen Aspekten in einer Ausstellung zu dokumentieren.

Barbara Schaefer: "Es hat uns selber gewundert, wir haben geforscht und fanden uns an dem Punkt, dass wir es in die Hand genommen haben."

Besonders schön und klug, lebendig und spielerisch ist der Ausklang der Schau mit Jean Tinguely und Niki de St. Phalle, die es schafften, ein Künstlerpaar zu bleiben, auch als ihre Lebensgemeinschaft keinen Bestand mehr hatte. Sie arbeiteten gemeinsam an vielen großen Werken.

Das illustrieren hier ihre Zeichnungen zum Strawinsky-Brunnen in Paris, in dem Jeans groteske Schrott-Maschinen unaufhörlich pumpen und schöpfen und schütten und Wasserfontänen spritzen über Nikis pralle bunte Nanas, die wie schwergewichtige und doch leichtfüßige Ballerinen auf einem Bein im Bassin stehen. Und da ahnt man, dass ein Künstlerpaar nicht einfach nur eins plus eins ist, sondern irgendwie eine höhere Potenz