Gemeinsame Sache machen

Von Axel Flemming und Dorothea Jung |
Es gibt kein gemeinsames Land Berlin-Brandenburg. Doch trotz der gescheiterten Fusion arbeiten Berlin und Brandenburg in vielen Bereichen schon eng zusammen. Der erste von 22 Staatsverträgen wurde schon 1992 abgeschlossen. Es ging um die Zusammenarbeit im Rundfunkbereich - den Zusammenschluss von SFB und ORB zum RBB, zum Rundfunk Berlin Brandenburg.
Seit Jahren schon steht Berlin vor dem Traualtar und wartet auf den Bräutigam. Doch Brandenburg verweigert die Hochzeit und lässt die schöne Nachbarin schmoren.
Mochte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit noch so hingerissen verkünden, dass Berlin arm aber sexy ist: Für eine Länderehe ist Berlin den Brandenburgern schlicht zu arm.

Umfrage in Brandenburg: "Uns Brandenburgern geht's so viel besser als den Berlinern. Warum soll ich da was abgeben von."
"Weil da sicher dit Schuldenproblem steht, oda nich? Dit is ja wohl eigentlich n Argument genuch."
"Die Berliner haben selber alles verkackt, warum soll ich jetzt Berlin aus dem Arsch helfen. Bin ich kein Fan von."
"Ick finde dis richtich, dass Brandenburg ersma jesacht hat: nee, wir wolln Berlin nich uffnehmen."
"Ich bleib Brandenburger."

Berlin gab sich Mühe, sein Haushaltsdefizit zu verringern - auch, damit der brandenburgische Verlobte endlich sein Ja-Wort zur Vermählung geben konnte. Ende 2006 war der Schuldenberg Berlins allerdings immer noch etwa 60 Milliarden Euro hoch. Die Stadt sah sich in einer extremen Haushaltsnotlage.
Klaus Wowereit bat vor dem Bundesverfassungsgericht um Bundeshilfen.

"Wir haben selber alle Eigenanstrengungen unternommen, die möglich sind, einen harten Sanierungskurs seit vielen Jahren gefahren, aber wir brauchen jetzt die Solidargemeinschaft des Bundes."

Doch Karlsruhe erteilte Berlin eine Abfuhr. Der Vorsitzende Richter des zweiten Senats, Winfried Hassemer, flocht sogar ein wenig Spott in seine Urteilsbegründung.

"Wenn Sie genau zuhören und genau lesen, so könnte man gut auf die Idee kommen, dass Berlin vielleicht deshalb so sexy ist, weil es so arm gar nicht ist."

Damit war klar: Berlin bekommt keine Sanierungsmilliarden vom Bund. "Das Thema Fusion ist wirklich vom Tisch, das muss jetzt jedem klar sein", mit diesen harten Worten kommentierte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck das Karlsruher Urteil.
"Brandenburg ist immer skeptisch gewesen", erklärt Richard Stöss. Der Politologe ist Professor an der Freien Universität Berlin und hat mehrere Untersuchungen und Befragungen zur Länderfusion veröffentlicht.

"Brandenburg hat immer darauf gedrungen, dass man sich eine mittelfristige Perspektive eröffnet, das war so vor zwei, drei Jahren noch so der Zeitraum; Volksabstimmung, 2010, Fusion 2013. Dann kam das berühmte Karlsruher Urteil, und daraufhin hat Brandenburg gesagt, na ja, eine Länderehe ist natürlich nicht möglich, wenn Berlin diesen Riesenschuldenberg hat; dann waren die Berliner sehr sauer, dass Platzeck, der Ministerpräsident von Brandenburg, sich so deutlich geäußert hat - und schmollen im Augenblick."

Das vollzog sich allerdings nicht heimlich und verbissen im Schmollwinkel, sondern öffentlichkeitswirksam bei einem wirtschaftspolitischen Pressefrühstück der Berliner Industrie und Handelskammer.
Berlins Regierender Bürgermeister erteilte einer Fusion der Wirtschaftsförder-Gesellschaften beider Länder eine Absage.
"Ich habe keine Lust mehr, alleine am Altar zu stehen und nicht abgeholt zu werden", soll Klaus Wowereit genörgelt haben. Er werde sich in Zukunft von den Brandenburgern nicht in die Wirtschaftsförderung hereinreden lassen.
Dieser Konfrontationskurs sorgt in der Wirtschaft selbst für heftigen Unmut.

"Das heißt, dass Wowereit nicht solche Äußerungen machen darf; aber Platzeck auch nicht! Damit macht man ne Politik von zehn Jahren schlagartig kaputt. Und die Menschen draußen sagen: Die wissen oben doch selber nicht, was sie wollen. Also da muss ich sagen, das halte ich für unmöglich von beiden Seiten","

schimpft Edgar Most, einst Direktor der Deutschen Bank und heute noch aktiv in zahlreichen Aufsichtsräten des Landes Brandenburg.
Seiner Meinung nach bemühen sich gerade die Wirtschaftsfördergesellschaften beider Länder seit Jahren um eine vernünftige Kooperation. Denn viel rascher als die Politik hat die Wirtschaft begriffen, dass man im internationalen Vermarktungsgeschäft gar nicht daran vorbei kommt, mit einer gemeinsamen Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg zu werben.
Das weiß auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck.
Der bemühte sich denn auch jüngst um leisere Töne.

""Ich hatte ein Gespräch heute früh mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit gehabt, und wir waren uns beide einig, dass über den Dissens hinweg – den hamwa einfach –dass davon unbenommen wir eng, so wie wir das in der Vergangenheit auch gemacht haben, und bei vielen Projekten unter Beweis gestellt haben, zusammenarbeiten werden in dem Wissen, dass wir nur als gemeinsame Region auch eine gute Zukunft haben können."

Auch Detlev Stronk, Chef der Wirtschaftsfördergesellschaft ZAB - was für "Zukunftsagentur Brandenburg" steht - verweist lieber auf Gemeinsames, statt das Trennende zu betonen:

"Wir arbeiten seit mehreren Jahren sehr intensiv mit den Berliner Kollegen im Bereich der Wirtschafts- und Technologieförderung zusammen. Unser Hauptpartner sind die Berlin-Partner, die Berliner Wirtschaftsfördergesellschaften, wir haben dort eine gemeinsame Marketingstrategie entwickelt, wir sind im Bereich der Investorenwerbung und Akquisition, aber auch der Angebote für diese internationalen Investoren sehr eng zusammengekommen. Wir machen gemeinsame Standortbroschüren. Treten auf Messen auf, machen Unternehmerreisen gemeinsam. Da ist also viel auf dem Weg."

Die Region soll international gemeinsam vermarktet werden als "german capital region."- so das Schlagwort des Marketing-Experten.
Auch wenn man sich weiterhin in einer Konkurrenzsituation befindet.

"Wir wollen, dass es ein kontrollierter, ein partnerschaftlicher Wettbewerb ist, kein zerstörerischer Wettbewerb. Natürlich hat Brandenburg eine Reihe von Standortvorteilen zu bieten. Das ist ganz wichtig."

Standortvorteile, die nicht nur im Reiz der Metropole Berlin liegen, die viele von außen anzieht - und nicht nur in der Hauptstadtregion zu nutzen sind.

"Der reale geldliche Vorteil, wenn man in Brandenburg investiert, rechnet sich, das ist wie Eigenkapital und reduziert die Investitionskosten prächtig. Ich sage, jeder Investor, der vergisst unseren Standort zu prüfen, macht einen Fehler!"

Bis zu 50 Prozent der Investitionskosten übernimmt das Land Brandenburg. Und zwar ganz gleich, ob die Investoren im so genannten Speckgürtel um Berlin oder in den anderen Wachstumszentren wie Schwedt, Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt oder Brandenburg(Havel) für Arbeitsplätze sorgen. Da ist der Neid auf Berliner Seite programmiert, diagnostiziert Politikwissenschaftler Richard Stöss.

"Es hat immer Konflikte darüber gegeben, wie Brandenburg in den Fördergebieten rund um Berlin, ich sag mal im Speckgürtel, verfährt, also, da sind beispielsweise die Förderraten erhöht worden; was die Berliner als Abwerbung von Wirtschaft aufgefasst haben; da ist eben die Angst, dass die eigentlich schon erfolgreichen Brandenburger, was Industrie-Ansiedlung im Speckgürtel angeht, dass die womöglich noch erfolgreicher werden, ja, und Berlin da das Wasser abgraben."

Diese Ängste kann man allerdings bei der Berliner Bevölkerung in Umfragen nicht heraushören.

Umfrage in Berlin: "Ich bin eigentlich dafür, für ne Fusion, weil es zusammengehört irgendwie. Man fährt mit der S-Bahn und mit dem Zug und ist mit Rucksack in Brandenburg. Ist irgendwie ne Einheit irgendwie."
"Ich denke, es gibt auch viele Vorteile dadurch, was geldmäßig ist und so, und das ist ja auch wichtig."
"Wäre vernünftiger, ja."
"Berlin und Brandenburg ist ja wohl eins."
"Ich denke, dass es positiv für die Wirtschaft wär."
"Es könnte Kosten sparen vielleicht."
Brandenburg ist rundum ganz wichtig für die Stadt Berlin, weil es ja auch als Naherholungszentrum gilt. Ich glaube, man braucht sich gegenseitig. Es gehört zusammen."
"Es gibt auch schon viele Bereiche, wo das ja auch so übergreifend ist: Also, viele, die so in den Speckgürtel ziehen und trotzdem so ihre Kinder nach Berlin in die Schule schicken oder in den Kindergarten; von daher denke ich, sollten die fusionieren, und es würde sich doch dann einiges erleichtern."

Während der Berliner auf der Straße gerne die Zusammengehörigkeit betont, vollziehen sich Gemeinsamkeiten auch in anderen Bereichen des gesellschaftlichen und sozialen Alltags der Region. Und zwar ohne viel Gerede.
Es gibt gemeinsame Gerichte und Landesversicherungsanstalten; die Gewerkschaften und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben fusioniert; ein Verkehrsverbund sorgt für reibungslose Mobilität zwischen beiden Bundesländern, und natürlich nutzt auch die Wirtschaft Chancen zur Kooperation.
Ohne gemeinsame Aktionsteams sei eine Aufgabe wie die Entwicklung des Großflughafens Berlin-Brandenburg gar nicht zu schultern - meint zum Beispiel Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf.

"Sie kennen ja alle die Prognosen: Bis zu 40.000 neue Arbeitsplätze durch den Flughafen - das wollen wir mit optimalem gemeinsamen Auftritt organisieren."

Vor dem Gebäude in Schönefeld: Ein stilisiertes Leitwerk mit der Aufschrift "Jobagentur airportworld bbi".
Anfang der 90er Jahre wurden die Berliner Flughäfen Tempelhof, Tegel und Schönefeld in einer Gesellschaft zusammengefasst. Gesellschafter sind Berlin, Brandenburg und der Bund. Mit einer Investition von insgesamt zwei Milliarden Euro errichten sie den künftige Großflughafen Berlin-Brandenburg International bbi. Flughafensprecher Eberhard Elie steht vor einem Modell der Anlage:

"Dort ist der bestehende Flughafen, wenn man hier vor dem Modell steht, dann kann man Schönefeld Nord sehen, die Terminalanlagen mit dem Bahnhof, den Bahngleisen, das ist ja das schöne, dass dieser neue Bahnhof Berlin-Brandenburg International einen eigenen Bahnhof haben wird. Und das ganz wichtige ist, dass dieser Flughafen einen Airport-Express bekommen wird, das heißt eine direkte Verbindung zwischen Flughafen und Hauptbahnhof. Die Fahrtzeit wird bei 20 Minuten liegen, das ist eine sehr gute Verbindung zwischen Schiene und Luftverkehr."

Aber noch ist es nicht soweit.
Die Eröffnung des neuen Großflughafens ist auf den 30.Oktober 2011 festgelegt. Das Gelände des künftigen bbi ist fünf Kilometer lang und halb so breit. Das ist so groß, dass 2000 Fußballfelder auf die Fläche passen würden. Der erste Zugang für die künftige Eisenbahn wird gerade fertig gestellt. Der Tunnel fehlt noch. Bauleiter Bernd Ahlfeld blickt hinunter:

"Was Sie hier sehen, ist ein Tunnelportal mit zwei Tunnelröhren, wobei der rechte Teil vor uns die Fernbahn ist und der linke Teil für die S-Bahn. Und wir haben einen Bereich für einen Notausstieg. Hier wird eine Stahlkonstruktion eingebaut, wo man die Möglichkeit im Havariefall zu fliehen über diese Treppe dort."

Der neue Flughafen liegt in Brandenburg, größtenteils im Landkreis Dahme-Spreewald. Die beiden Berliner Stadtflughäfen Tegel und Tempelhof werden dafür dichtgemacht. Ein Teil Berlins trauert zumindest um Tempelhof, der im Oktober 2008 schließt.

"Wenn man sich die Geschichte anguckt mit der Luftbrücke, wenn man aber auch sieht, dass hier die Wiege der Luftfahrt war und somit der älteste in Betrieb befindliche Flughafen der Welt ist, dann hat das mit Emotionen zu tun. Da muss man sehen, dass die Gebrüder Wright hier ihren Motorflug absolviert haben, und dann die rapide Entwicklung der Lufthansa, das hängt alles mit Berlin und Tempelhof zusammen. Aber wenn man andererseits sieht, dass wir durch die geschichtliche Teilung Berlins mit drei Flughäfen leben müssen, die betriebswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn machen, wenn der Flughafen Tempelhof ein Flughafen ist, der Jahr für Jahr zwischen 10 und 15 Millionen Verlust macht, dann fragen sich natürlich auch die Bürger, die Steuerzahler: muss das sein?"

18,5 Millionen Passagiere starten und landen derzeit jährlich in Berlin; 22 bis 25 Millionen werden ab 2011 erwartet, wenn der neue Flughafen fertig ist. Die Hauptstadtregion ist attraktiv. Allerdings: je weiter man sich von ihr entfernt, dort, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist, sinkt die Attraktivität und ist sehr weit entfernt von der Lebenswirklichkeit der Bürger.
Was der Liedermacher Rainald Grebe so auf den Punkt bringt:

"Es gibt Länder, wo was los ist.
Es gibt Länder, wo richtig was los ist.
Und es gibt:
Brandenburg, Brandenburg.
In Brandenburg, in Brandenburg
ist wieder jemand gegen einen Baum gegurkt,
was soll man auch machen mit 17, 18 in Brandenburg?"

Stöss: "In Brandenburg ist die Situation so, dass vor allen Dingen die Bevölkerung in den Randgebieten besonders stark gegen die Fusion ist; das hat etwas damit zu tun, dass sich mittlerweile die Brandenburgische Landesentwicklungspolitik ganz stark auf das Berliner Umland konzentriert. Aber das bedeutet eben, dass sich in den Randgebieten, in der Prignitz, in der Uckermark, in den südlichen Teilen Brandenburgs, dass sich die Bevölkerung da abgehängt fühlt."

Die Zustimmung zur Fusion ist in den brandenburgischen Gemeinden, die in Hauptstadtnähe liegen, auch nicht größer. Obwohl sie von der Metropole eindeutig profitieren - wie beispielsweise die Gemeinde Teltow im Süden Berlins. Das Städtchen hat 20.000 Einwohner, Tendenz steigend, nach der Wende waren es etwas mehr als 15.000. Thomas Schmidt (SPD) ist dort Bürgermeister.
Teltow betrachtet sich selbst als High-Tech-Standort, hat ein Callcenter, dazu ein florierendes Einkaufszentrum und ein funktionierendes Gewerbegebiet.

"Natürlich haben wir eine Situation, wo wir einen Standortvorteil genießen. Ich denke, wir müssen uns deswegen nicht schämen. Wir müssen den auch nicht versuchen abzubauen, wir müssen den nutzen. Also ich würde es als ungerecht empfinden, uns daraus doch so eine Buhmannrolle zuzuschieben, und ich denke für bringen damit auch unseren Beitrag für das gesamte Land."

Ab 2009 wird Teltow Mittelzentrum. Es hat schon jetzt bessere Kennzahlen als Berlin oder Brandenburg, die Arbeitslosenquote liegt bei sieben Prozent.

"Da wollen und können wir uns gar nicht beklagen. Natürlich partizipieren wir in erheblichem Maße von der Berlin-Nähe und letztlich auch von der Nähe zur Landeshauptstadt Potsdam. Wer hier in Teltow wohnt kommt zügig und schnell sowohl nach Berlin als auch nach Potsdam. Ein klarer Standortvorteil."

Wenn der Brandenburgische Adler schon jetzt so erfolgreich in den Himmel steigt: Was bringt da noch eine Fusion?

"Es gibt sicher ein paar Stolpersteine. Ansonsten habe ich zum Thema Fusion meine ganz eigene Erfahrung, weil wir uns hier in der Region Teltow, Kleinmachnow Stahnsdorf auch um diesen Gedanken Fusion bemühen. Und zu wissen wie schwer es schon im Kleinen ist, da kann ich mir jetzt mittlerweile lebhaft vorstellen, wie es in der großen Verhandlung aussieht. Das ist ein schwieriges Unterfangen."

Parteienforscher Richard Stöss sieht die Fusions-Skeptiker in der länderübergreifenden kommunalen Zusammenarbeit vor allem bei den politischen Funktionären.

"Ich übertreib ein bisschen, aber man kann sagen, dass die Kreisverbände der CDU oder der SPD, am Rande Berlins, nicht mit den benachbarten Kreisverbänden der CDU oder der SPD in Berlin-Brandenburg zusammenarbeiten. Da ist, wenn Sie so wollen, immer noch ne Mauer. Gerade die Grenze zwischen Berlin und Brandenburg, wo Gemeinden nur wenige Kilometer auseinander liegen, wo dann diese politische Zusammenarbeit oder 'ne politische Vernetzung nicht oder nur ausnahmsweise stattfindet. Auf der wirtschaftlichen, auf der kulturellen, auf der sozialen Ebene ist die Entwicklung wesentlich weiter."

Besonders schwierig ist die Zwei-Länder-Situation für Familien mit schulpflichtigen Kindern, die in den Randgebieten Brandenburgs wohnen. Der kürzeste Schulweg führt da oft ins Nachbarland Berlin und nicht ins heimische Land Brandenburg.

"Wir haben da die Landesgrenze, was die Stadtgrenze ist zu Berlin. Die Häuser sind eigentlich nur wenige Meter entfernt, auch der S-Bahnhof Ahrensfelde endet kurz davor. Also ist schon ein Steinwurf voneinander entfernt."

Bernd Urbank ist Schulelternsprecher an der Blumberger Grundschule im Brandenburgischen Ahrensfelde. Die nächste Oberschule liegt in Marzahn, im Bundesland Berlin.

"Als dieses Wohngebiet Berlin-Marzahn Ende der 80er Jahre entstanden ist, sich praktisch an die Brandenburger Grenze rangearbeitet hat, ist 1988 die Ahrensfelder Dorfschule zugemacht worden, und allesamt, sowohl Schüler als auch Lehrer sind in die Berliner Schule umgezogen. Es sind dann natürlich nach der Wende alle Ahrensfelder Schüler nach Berlin zu ihrer Berliner Schule gegangen und diese Handhabung hat die letzten 15 Jahre bestanden."

Die Ausnahmeregelung wurde dank eines kräftigen Elternprotestes für das laufende Schuljahr doch noch einmal verlängert. Auch in anderen Schulen waren Elterninitiativen aktiv. So gibt es für viele Grundschulen im Randgebiet bereits eine Entfernungsregelung. Ein neues länderübergreifendes Gastschulabkommen ist geplant.
Und so scheint es, als könnten die beiden Länder Berlin und Brandenburg auch ohne Trauschein ganz gut miteinander auskommen.

"Die Entwicklung, die gemeinsame Entwicklung, läuft, sie läuft auch mit zwei Ländern, aber sie läuft schwieriger,"

gibt Berlins Senatssprecher Michael Donnermeyer zu bedenken. Im Gegensatz zum Land Brandenburg stehe Berlin nach wie vor zu seinem Eheversprechen für die Länderhochzeit.
Nach Auskunft Donnermeyers schmachtet die Metropole heute aber nicht mehr so sehnsuchtsvoll wie früher nach ihren Brandenburger Bräutigam.

"Was es natürlich gibt, ist ein realer Prozess, ein zunehmend auch in den Parteien festzustellendes Grummeln darüber, dass jeder sagt: Also ewig wollen wir auch nicht warten, also wir stehen jetzt nicht als Braut vor dem Altar, und warten ewig auf den Bräutigam; irgendwann sagen unsere Leute dann eben auch: Dann eben nicht! Das ist die Gefahr, die dabei droht; denn dieses Projekt strotzt vor Vernunft, irgendwann droht dann das Vernünftige nicht Wirklichkeit zu werden; und dann sollte der Vernünftige nicht unvernünftig werden."