GEMA einigt sich mit kleineren Verbänden

Von Michael Meyer · 06.11.2012
Seit dem Frühjahr dieses Jahres tobt ein hitziger Streit um die Gebührenreform der GEMA. Nun hat sie sich mit drei kleineren Verbänden auf eine neue Tarifstruktur verständigt. Doch die großen Verbände sind noch nicht im Boot - und allmählich wird die Zeit für eine Einigung knapp.
"Wir haben jetzt nicht nur Grund, die Tarifpolitik zu kritisieren, sondern ebenso ihre Vorgehensweise, das ist eine absolute Witznummer","

sagt Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin beim Hotel und Gaststättenverband DEHOGA. Hartges kritisiert, dass der nun gefundene Abschluss mit den drei Verbänden - Deutscher Musikschaffender, Deutsche Diskotheken–Unternehmer und die Deutsche Diskjockey Organisation - nur einen kleinen Teil der deutschen Musikclublandschaft abbildet. Dennoch tue die GEMA so, als sei der jetzt erfolgte Tarifabschluss schon der Durchbruch:

""Also die GEMA muss schon bitteschön mit den Organisationen verhandeln, die auch die Legitimation der betroffenen Unternehmer besitzen, es kann nicht sein, dass irgendein dahergelaufener Verein von der GEMA ausgeguckt wird, und hier Tarifpolitik gemacht wird zu Lasten derjenigen Diskotheken und Clubs, die es am Ende bezahlen."

Bei der GEMA sieht man das etwas gelassener: Man müsse nun einmal mit allen Verbänden verhandeln, bisher hat man mit neun Verbänden auch aus dem Bereich der Schützenfeste und Karnevalsveranstaltungen Abschlüsse erzielen können, nicht jedoch mit großen Verbänden wie dem DEHOGA oder den Club Commissionen, die 600 Betriebe vertreten.

Kernpunkt der neuen Tarife ist das Einbeziehen von Eintrittsgeldern und Raumgröße, aber auch, wie lange überhaupt Musik gespielt wird. Das kann teilweise zu drastischen Erhöhungen führen, bestätigt Jürgen Baier, Bezirksdirektor der GEMA in Nürnberg. Gleichzeitig soll aber Betrieben ein Einführungsnachlass, gestreckt über fünf Jahre, gewährt werden:

"Die Clubs, die regelmäßig spielen, also zwei, drei, vier Mal die Woche, die werden insgesamt gesehen teurer. Je mehr Eintrittsgeld genommen wird, desto größer kann die Steigerung sein, ich gehe mal davon aus, dass ein mittlerer Club zwischen 50 Prozent Steigerung, aber auch mit Sicherheit auch bis zu 150 Prozent Steigerungsraten zu rechnen hat."

Bei den Verbänden, die sich bislang noch nicht mit der GEMA geeinigt haben, ist man angesichts solcher Steigerungsraten nach wie vor sauer über die Verwertungsgesellschaft. Ingrid Hartges von der DEHOGA meint, dass auch der vorgeschlagene Einführungsnachlass, gestreckt über fünf Jahre, eine Einigung nicht wahrscheinlicher macht:

"Also ich kann eine Erhöhung von 25 Prozent, kann ich auf fünf Jahre verteilen und komme am Ende zu einer angemessenen Vergütung vielleicht, aber nicht wenn eine Erhöhung von 100 Prozent und mehr in Rede stehen, dann hilft mir kein sechsjähriges Einführungsszenario etwas."

Grundproblem der ganzen Debatte ist, dass die GEMA-Tarife nicht unterscheiden zwischen einem Clubbetreiber, der liebevoll ausgefallene Musikkultur pflegt und zur Not auch mal weniger einnimmt, wenn er einen guten DJ bezahlt – und durchkommerzialisierten Diskotheken, die um jeden Preis Umsatz machen wollen. einschließlich mit Werbung zugepflasterter Wände irgendwelcher Getränke-Sponsoren. Bezahlen müssen sie am Ende alle gleich – abhängig nur von Eintrittsgeld und Größe des Ortes.

Verbände wie die "Live Com", der Zusammenschluss deutscher Club-Commissionen, nervt diese Gleichmacherei. Olaf Möller, den Vorsitzenden der Berliner Club Commission, ärgert vor allem, dass mit den höheren Tarifen nicht mehr Verteilungsgerechtigkeit entstehe: Viele Komponisten und DJs von wenigen gespielten Stücken, avantgardistischerer Tanzmusik, bekommen bislang kaum etwas aus dem GEMA-Topf. Möller meint, dass angesagte Clubs, wie etwa in Berlin das "Kater Holzig" oder das "Watergate", durchaus mehr zahlen würden, aber nur unter einer Bedingung:

"Wenns den bei den DJs, bei den elektronischen DJs da irgendein Euro ankäme. Ganz im Gegenteil, die zahlen ihre Gebühren, dass sie bei der GEMA Mitglied sind und es kommt als Ausschüttung null, niente, nichts an. Und demzufolge mag ein "Watergate" auch nicht nur einen Euro mehr zahlen.

Und das, was in den letzten 30 Jahren verhandelt wurde, ist als angemessen von beiden Seiten erachtet worden, auch von der GEMA, die die Rechte der Urheber vertritt. Wäre es nicht angemessen, müsste man die gesamten Aufsichtsräte der GEMA sofort ihres Amtes entheben, denn sonst hätten sie 30 Jahre einen Scheiß-Job gemacht."

Bei der GEMA hofft man noch immer auf eine Einigung, auch mit der DEHOGA und der "LiveCom". In den nächsten Tagen wird weiterverhandelt, spätestens am 19.Dezember trifft man sich vor einer Schiedskommission. Jürgen Baier von der GEMA beschreibt das Szenario, falls man doch zu keiner Einigung mit den großen Verbänden kommt:

"Das Worst Case Szenario wäre, dass der Tarif in der jetzigen Form mit den Einführungsnachlässen, die wir gestern vereinbart haben, zum 1.4. Gültigkeit erlangt und dass die Clubbetreiber, wo der Verband keinen Gesamtvertrag mit uns abschließt, eben
diesen Gesamtvertragsnachlass von 20 Prozent, der nicht zu vernachlässigen ist, nicht bekommen."

Immerhin: Bis zum 19. Dezember bleiben noch einige Wochen Zeit für Verhandlungen. Nach der heutigen hitzigen Pressekonferenz hat man jedoch nicht den Eindruck, dass die Mehrheit der Clubs noch kurzfristig mit der GEMA einigen wird – dazu sind die Positionen und Forderungen zu weit voneinander entfernt. Möglicherweise werden sich sogar die Gerichte im nächsten Jahr mit der GEMA-Tarifreform befassen müssen.


Links bei dradio.de:
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