Geld & Leben

    Die neuen Karriereleitbilder der Männer

    21.01.2014
    Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hat es vorgemacht: Er nimmt sich mittwochnachmittags vom Regieren in Berlin frei, um seine Tochter in Goslar vom Kindergarten abzuholen. Ist er damit ein Vorbild? Wie sieht es in der Realität wirklich aus? Dies untersucht eine kleine Reihe im Radiofeuilleton.
    Männer brechen mit alten Mustern bei der Jobsuche, bestätigt der Wirtschaftspsychologe Claas Triebel. Er hat sich intensiv mit Karriereberatung und Kompetenzprofilierung befasst. Das empfiehlt ihn als Diagnostiker für die Einschätzung des "neuen Mannes". Zugleich ist Claas Triebel selbst ein gutes Beispiel für jemanden, der nicht alle seine Ressourcen bei seiner Erwerbsarbeit an der Hochschule für Angewandtes Management aufbraucht, sondern unter anderem einen Roman geschrieben hat, der 2009 unter dem Titel "Der Übergang" erschien, zurzeit an einem Krimi schreibt und drei Kinder großzieht.
    Politik als Teilzeitmodell
    In die Politik zu gehen, galt gemeinhin als familienfeindlich. Doch auch hier lässt sich ein Wandel erkennen. Tue ich mir den Mega-Stress in der Politik noch an: Nachtsitzungen, Wochenendtermine, Wahlkampf – ist eine Frage, die sich viele gerade junge Politiker mit Familie stellen, meint Stephan Detjen, Leiter unseres Hauptstadtstudios und selbst Vater von drei Kindern. "Wir haben es mit einer neuen Generation von Politikern und Politikerinnen zu tun", sagt er. Die Politik sei jünger und weiblicher geworden und bringe ein neues Rollenverständnis hervor:
    "Ich glaube, dass wir differenziertere Modelle von Politik und Politikertypologien sehen werden. Teilzeitpolitiker gibt es ja auch jetzt schon, schauen Sie in die Kommunalpolitik. Wir erleben, dass diese Diskussion die Ebene der Spitzenpolitik erreicht haben. Das wird sich weiter verändern."
    Sie freue sich über die Entwicklung, dass Väter immer selbstverständlicher Verantwortung für ihre Kinder übernehmen, sagt Christina von Braun im Interview. Dass daraus eine Schlagzeile wird, hält die Kulturtheoretikerin aber für problematisch.
    Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel hält am Montag (23.04.2012) in Kiel zu Beginn der SPD-Bundesvorstandssitzung ein Geschenk, einen Rettungsring mit dem Namen seiner neugeborenen Tochter Marie, hoch.
    Manchmal können Kinder vor einem Burnout retten - Sigmar Gabriel mit einem Geschenk eines Genossen zur Geburt seiner Tochter Marie. © picture alliance / dpa / Marcus Brandt
    Kinder als Glücks- oder Wirtschaftsfaktor
    Für Ökonomen und Demoskopen ist die Familie eine kleine Wirtschaftszelle. 120.000 Euro kostet ein Kind im Durchschnitt bis zum 18. Lebensjahr, das hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Eltern zahlen viel und bekommen oft nicht genug vom Staat zurück – so lautet die Kritik in den Steuer- oder Rentendebatten. Aber welche Eltern entscheiden sich wirklich nach einer Kosten- Nutzen-Abwägung für oder gegen ein Kind? Andererseits gelten Menschen, die sich gegen ein Kind entscheiden, als selbstsüchtig und herzlos.
    "Die beiden Pole verschärfen sich in der Diskussion, weil wir in den letzten Jahren eine sehr ökonomistische Wende der Familienpolitik hatten. Und dagegen ist dann der individuelle Blick aufs Kind als Glücksfaktor, der dann fälschlicherweise dagegen ausgespielt wird.", sagt Karin Jurczyk vom Deutschen Jugendinstitut in München. Sie leitet die Abteilung Familie und Familienpolitik:
    "Unsere Leistungssysteme sind nicht Familien gerecht. Auch die Familien bezogenen Leistungen, die Deutschland in einer sehr beachtlichen Höhe erbringt, kommen nicht unbedingt da an, wo sie ankommen sollten: nämlich nicht bei den armen Familien, nicht bei den allein erziehenden Müttern, sondern wir haben eine ganz starke Eheförderung in Deutschland und eine starke steuerliche Familienpolitik, die die, die besser verdienen auch noch bevorzugt."

    Programmhinweis: Donnerstag, 23. Januar 2014, 11:07 Uhr Weicheier und Postheroen in der Arbeitswelt - Warum will sich niemand mehr richtig aufopfern? - Interview mit dem Kulturtheoretiker Klaus Theweleit

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