Gelassenheit nach Grabenkämpfen?
Die Reform der Rechtschreib-Reform ist in Kraft getreten. Ist nun Ruhe im Karton? Immerhin: Die Reform bringt wieder eine Übergangszeit mit sich, in der die alte neue und die neue neue Rechtschreibung erlaubt sind. Nicht zu vergessen: Die Wörterbücher weisen tausende von Schreib-Empfehlungen aus.
Ute Erdsiek-Rave: "Ich hoffe doch sehr, dass wir jetzt zu einer verlässlichen Grundlage kommen, dass überall dort, wo geschrieben, gedruckt und korrigiert und gelesen wird, dieses Regelwerk akzeptiert wird..."
Mit anderen Worten: ist endlich Schluss mit der Kabbelei! Nach einer Dekade zermürbenden Zwist um groß/klein, getrennt/zusammen endlich Ruhe? Die Worte der Vorsitzenden Ute Erdsiek-Rave zur Kultusminister-Konferenz im März klangen eher mürbe als stolz auf den großen Wurf...
"Es ist kein Ruhmesblatt", meinte auch Hans Zehetmair, der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung:
"Jedenfalls haben alle aus den Fehlern gelernt. Sie wollen nur nicht, dass man mit Fingern auf jemand zeigt - und eigentlich hat das Murren des Volkes dazu geführt, dass man zu einer neuen Besinnung gekommen ist."
Es war nicht zuletzt das Murren des Volkes, bzw. das seiner rhetorisch gerüsteten Rädelsführer, die dem Zank von Anfang eine herzhafte Schärfe verliehen. Wenn etwa der Deutschlehrer Friedrich Denk 1996 drei Monate nach Verabschiedung der ersten Reform ätzte:
""Die Reform ist überflüssig wie ein Kropf, ich sage immer, überflüssig wie eine Warze am Fuß, klein, aber schmerzhaft..."
... dann ergötzt sich der Hörer am kräftigen Wortlaut - gepflegt wurde auch die Fügung griffiger Sentenzen, mit Sorgfalt gedrechselt, auf das auch der Letzte die Missgriffe unausgegorenen Reformismusses begreife. Ernst Steppan, Vorsitzender des Berliner Vereins für deutsche Rechtschreibung, aus dem Jahr 97:
"Wenn Sie z.B. sagen: Zu Weihnachten schlachteten Sie eine fette Gans und den kleinen Sohn des Nachbarn luden Sie auch zum Essen ein - wenn sie da vor dem 'und' kein Komma machen, müssen Sie den Satz zweimal lesen, damit nicht der kleine Sohn des Nachbarn auch geschlachtet wurde."
Gewieftheit im Finden zotiger und damit memorabler Beispiele wird auch dem Ratsvorsitzenden Zehetmair nachgesagt, der mit Exempeln wie "Anal-phabet" "Urin-stinkt" und "Frust-ration" auf fehlerhafte Silbentrennungsregeln verwies - gar nicht lustig findet so was die Schriftstellerin Iris Hanika:
"Das sieht aus wie von Idioten für Idioten geschrieben - und so möcht ´ich nich schreiben."
Bis zum Jahr 2004 verbat man sich übrigens seitens der Politik die Einmischung hergelaufener Schreiberlinge und Sprachpfleger - mit Verweis auf die deutsche Tradition staatlicher Sprachverwaltung:
Holzapfel: "Ich akzeptiere nicht diese Diskussion, als würde sich jetzt plötzlich willkürlich der Staat ein Recht anmaßen, das er bisher nicht gehabt hat: Er hat das bisher gemacht, die große Rechtschreibreform der Jahrhundertwende war eine staatliche Entscheidung."
Als verbindliches Regelwerk galt schon damals, 1901, der Duden - eine Bedeutung, die der Verlag bis heute für sich reklamiert: "Das sichere Ende der Rechtschreibreform ist gelb: der neue Duden!", heißt es in der Werbung.
Das Ende der Reform? Falsch, meint der Sprachwissenschaftler Theodor Ickler. Die Wörterbücher verursachten nur neue Probleme: auch weil vieles, was seit 1996 als richtig gelehrt, jüngst aber widerrufen, allerdings für ein Übergangsjahr weiter verwendet werden darf, im Duden jetzt schon nicht mehr aufgeführt werde. Droht nun ein Jahr der Orientierungslosigkeit? Dazu Kerstin Güthert, Geschäftsführerin des Rates für deutsche Rechtschreibung:
"Was wäre denn passiert, wenn die Wörterbücher diese alten, überholten Schreibweisen wirklich verzeichnet hätten? Hätten Sie einen Vermerk machen sollen: nur gültig bis zum 31.7.07? Dann hätten doch die Gegner jubiliert und gesagt: Das Wörterbuch gilt nur ein Jahr, das könnt´ ihr dann wegschmeißen, nicht wahr?"
Mit anderen Worten: ist endlich Schluss mit der Kabbelei! Nach einer Dekade zermürbenden Zwist um groß/klein, getrennt/zusammen endlich Ruhe? Die Worte der Vorsitzenden Ute Erdsiek-Rave zur Kultusminister-Konferenz im März klangen eher mürbe als stolz auf den großen Wurf...
"Es ist kein Ruhmesblatt", meinte auch Hans Zehetmair, der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung:
"Jedenfalls haben alle aus den Fehlern gelernt. Sie wollen nur nicht, dass man mit Fingern auf jemand zeigt - und eigentlich hat das Murren des Volkes dazu geführt, dass man zu einer neuen Besinnung gekommen ist."
Es war nicht zuletzt das Murren des Volkes, bzw. das seiner rhetorisch gerüsteten Rädelsführer, die dem Zank von Anfang eine herzhafte Schärfe verliehen. Wenn etwa der Deutschlehrer Friedrich Denk 1996 drei Monate nach Verabschiedung der ersten Reform ätzte:
""Die Reform ist überflüssig wie ein Kropf, ich sage immer, überflüssig wie eine Warze am Fuß, klein, aber schmerzhaft..."
... dann ergötzt sich der Hörer am kräftigen Wortlaut - gepflegt wurde auch die Fügung griffiger Sentenzen, mit Sorgfalt gedrechselt, auf das auch der Letzte die Missgriffe unausgegorenen Reformismusses begreife. Ernst Steppan, Vorsitzender des Berliner Vereins für deutsche Rechtschreibung, aus dem Jahr 97:
"Wenn Sie z.B. sagen: Zu Weihnachten schlachteten Sie eine fette Gans und den kleinen Sohn des Nachbarn luden Sie auch zum Essen ein - wenn sie da vor dem 'und' kein Komma machen, müssen Sie den Satz zweimal lesen, damit nicht der kleine Sohn des Nachbarn auch geschlachtet wurde."
Gewieftheit im Finden zotiger und damit memorabler Beispiele wird auch dem Ratsvorsitzenden Zehetmair nachgesagt, der mit Exempeln wie "Anal-phabet" "Urin-stinkt" und "Frust-ration" auf fehlerhafte Silbentrennungsregeln verwies - gar nicht lustig findet so was die Schriftstellerin Iris Hanika:
"Das sieht aus wie von Idioten für Idioten geschrieben - und so möcht ´ich nich schreiben."
Bis zum Jahr 2004 verbat man sich übrigens seitens der Politik die Einmischung hergelaufener Schreiberlinge und Sprachpfleger - mit Verweis auf die deutsche Tradition staatlicher Sprachverwaltung:
Holzapfel: "Ich akzeptiere nicht diese Diskussion, als würde sich jetzt plötzlich willkürlich der Staat ein Recht anmaßen, das er bisher nicht gehabt hat: Er hat das bisher gemacht, die große Rechtschreibreform der Jahrhundertwende war eine staatliche Entscheidung."
Als verbindliches Regelwerk galt schon damals, 1901, der Duden - eine Bedeutung, die der Verlag bis heute für sich reklamiert: "Das sichere Ende der Rechtschreibreform ist gelb: der neue Duden!", heißt es in der Werbung.
Das Ende der Reform? Falsch, meint der Sprachwissenschaftler Theodor Ickler. Die Wörterbücher verursachten nur neue Probleme: auch weil vieles, was seit 1996 als richtig gelehrt, jüngst aber widerrufen, allerdings für ein Übergangsjahr weiter verwendet werden darf, im Duden jetzt schon nicht mehr aufgeführt werde. Droht nun ein Jahr der Orientierungslosigkeit? Dazu Kerstin Güthert, Geschäftsführerin des Rates für deutsche Rechtschreibung:
"Was wäre denn passiert, wenn die Wörterbücher diese alten, überholten Schreibweisen wirklich verzeichnet hätten? Hätten Sie einen Vermerk machen sollen: nur gültig bis zum 31.7.07? Dann hätten doch die Gegner jubiliert und gesagt: Das Wörterbuch gilt nur ein Jahr, das könnt´ ihr dann wegschmeißen, nicht wahr?"