Geheime Blicke
Unter dem Titel "Secret Views" zeigt der Berliner Martin-Gropius-Bau eine Ausstellung mit Werken der Fotografin Roswitha Hecke. Vom 5. Oktober bis 6. Januar nächsten Jahres sind Arbeiten von 1964 bis heute zu sehen. Laut Museum soll die Ausstellung Heckes "verborgenen Blick" auf fremde Städte und Länder, in unbekannte Milieus, aber auch auf vertraute Menschen zeigen.
Ein Auto steht mit offenen Türen am Straßenrand, in irgendeiner gottverlassenen Gegend in irgendeiner Stadt. Zwei Männer mit mehr schlecht als recht sitzenden Anzügen gehen darauf zu. Sie wirken wie typische Cops aus einer typischen amerikanischen Polizeiserie. Aber die Fotos sind keine Standbilder von Filmszenen, sie sind nicht aus dem Fernseh-, sondern dem wirklichen Leben gegriffen.
Ganz ihrem Credo entsprechend mit ihrer Kamera als Freund und Begleiter fremde Welten und Milieus zu entdecken, ist Roswitha Hecke Ende der 70er Jahre mit dem New Yorker Detective Roy Finer durch die South Bronx gezogen. Tag für Tag, Nacht für Nacht fotografierte sie das Leben eines Mannes, geprägt von Gewalt, Kriminalität, Einsamkeit. Es entstand eine Bildgeschichte, die weit über die Momentaufnahme und jedes Filmklischee hinaus in ihrer Authentizität beeindruckt.
Ein anderes Mal erzählt die 1944 in Hamburg geborene Fotografin mit ihrer Kamera aus dem Leben der Züricher Prostituierten Irene oder fotografiert die Transvestiten im Pariser Pigalle-Viertel - die erste große Reportage, die von Roswitha Hecke im "Zeit"-Magazin veröffentlicht wurde.
1980 lichtet sie die Obdachlosen in der New Yorker Bowery ab, einfach so, ohne Mitleid erregende oder spektakuläre Inszenierung
"Die Obdachlosen in New York, das habe ich mir nicht vorher vorgenommen. Das ist mir passiert durch eine Begegnung. Und da habe ich sozusagen die Geschichte geboren in der Begegnung. Und da ich dann auch nicht gerne kurz fotografieren und wieder weg gehen. Gerade in so einem Milieu, da muss man sich näher kommen Ich muss präsent sein für längere Zeit. Da muss Kontakt entstehen. Dies Geben und Nehmen kann man nur, indem man sich intensiv damit beschäftigt. Das ging über ein Jahr."
Roswitha Hecke sieht sich als Geschichtenerzählerin, wobei oftmals schon ein Bild allein Bände spricht und abgrundtiefe Perspektiven mitten in den Alltag hinein öffnet, etwa wenn Anfang der 70er Jahre in Bochum zwei Frauen in Kittelschürze vor der Wohnungstür stehen: die eine mit Schrubber, Scheuerlappen und Eimer bei der Arbeit, die andere als misstrauische Beobachterin der Reinemachaktion
"Was da abgeht, in dieser Haltung, in diesem Blick, das ist Geschichte ja. Es ist ein ganz prüfender Blick. Es erzählt: Na, macht sie das auch so gut wie ich? Wie ich putze? Ja, es hat auch etwas mit dieser Frau zu tun, die einfach wichtig ist für die Frau, die das beobachtet. So für mich sehe ich sie immer putzen."
Immer wieder finden sich auch bekannte Gesichter auf Roswitha Heckes Fotos, Stars von Bühne und Film, die sich über die bloße Pose hinaus auf ganz persönliche Art selbst darstellen. Meret Becker sitzt wie ein Abflug bereiter Vogel in quietschorangem Kleid auf dem Dach, Ingrid Caven raucht mit Pelzkragen unter einem Madonnen-Bild, Ulrich Tukur räkelt sich auf einem Sofa. Einst mit Regisseur Peter Zadek liiert, kommt Roswitha Hecke der Welt des Theaters in ihren Porträts sichtlich nahe.
Doch zu ihrer angenehm zurückhaltenden Art, zu ihrem bescheidenen Selbstverständnis weit jenseits des Kunstszenen- Hypes passt besser noch ihr ungewöhnlicher Blick für das Gewöhnliche. Geheime Blicke, "Secret Views", wie es im Ausstellungstitel heißt. Blicke, die in die Menschen hineinsehen, ohne sie zu verraten. Fotos, die eine alte Dame im Bois de Boulogne zeigen, ganz akkurat auf einer Bank sitzend. Ganz akkurat - und ganz verloren.
"Was mir ganz wichtig ist, egal ob die Obdachlose, oder ein Star, dass ich ihn nicht entblöße, sondern ihn so fotografiere, wie er ist. Es muss auch eine Seelenverwandschaft sein, was mich dazu bringt, jemanden zu fotografieren, dass da auch die Distanz bleibt und der Respekt, ganz egal wer mir als Mensch da gegenüber steht."
Ganz ihrem Credo entsprechend mit ihrer Kamera als Freund und Begleiter fremde Welten und Milieus zu entdecken, ist Roswitha Hecke Ende der 70er Jahre mit dem New Yorker Detective Roy Finer durch die South Bronx gezogen. Tag für Tag, Nacht für Nacht fotografierte sie das Leben eines Mannes, geprägt von Gewalt, Kriminalität, Einsamkeit. Es entstand eine Bildgeschichte, die weit über die Momentaufnahme und jedes Filmklischee hinaus in ihrer Authentizität beeindruckt.
Ein anderes Mal erzählt die 1944 in Hamburg geborene Fotografin mit ihrer Kamera aus dem Leben der Züricher Prostituierten Irene oder fotografiert die Transvestiten im Pariser Pigalle-Viertel - die erste große Reportage, die von Roswitha Hecke im "Zeit"-Magazin veröffentlicht wurde.
1980 lichtet sie die Obdachlosen in der New Yorker Bowery ab, einfach so, ohne Mitleid erregende oder spektakuläre Inszenierung
"Die Obdachlosen in New York, das habe ich mir nicht vorher vorgenommen. Das ist mir passiert durch eine Begegnung. Und da habe ich sozusagen die Geschichte geboren in der Begegnung. Und da ich dann auch nicht gerne kurz fotografieren und wieder weg gehen. Gerade in so einem Milieu, da muss man sich näher kommen Ich muss präsent sein für längere Zeit. Da muss Kontakt entstehen. Dies Geben und Nehmen kann man nur, indem man sich intensiv damit beschäftigt. Das ging über ein Jahr."
Roswitha Hecke sieht sich als Geschichtenerzählerin, wobei oftmals schon ein Bild allein Bände spricht und abgrundtiefe Perspektiven mitten in den Alltag hinein öffnet, etwa wenn Anfang der 70er Jahre in Bochum zwei Frauen in Kittelschürze vor der Wohnungstür stehen: die eine mit Schrubber, Scheuerlappen und Eimer bei der Arbeit, die andere als misstrauische Beobachterin der Reinemachaktion
"Was da abgeht, in dieser Haltung, in diesem Blick, das ist Geschichte ja. Es ist ein ganz prüfender Blick. Es erzählt: Na, macht sie das auch so gut wie ich? Wie ich putze? Ja, es hat auch etwas mit dieser Frau zu tun, die einfach wichtig ist für die Frau, die das beobachtet. So für mich sehe ich sie immer putzen."
Immer wieder finden sich auch bekannte Gesichter auf Roswitha Heckes Fotos, Stars von Bühne und Film, die sich über die bloße Pose hinaus auf ganz persönliche Art selbst darstellen. Meret Becker sitzt wie ein Abflug bereiter Vogel in quietschorangem Kleid auf dem Dach, Ingrid Caven raucht mit Pelzkragen unter einem Madonnen-Bild, Ulrich Tukur räkelt sich auf einem Sofa. Einst mit Regisseur Peter Zadek liiert, kommt Roswitha Hecke der Welt des Theaters in ihren Porträts sichtlich nahe.
Doch zu ihrer angenehm zurückhaltenden Art, zu ihrem bescheidenen Selbstverständnis weit jenseits des Kunstszenen- Hypes passt besser noch ihr ungewöhnlicher Blick für das Gewöhnliche. Geheime Blicke, "Secret Views", wie es im Ausstellungstitel heißt. Blicke, die in die Menschen hineinsehen, ohne sie zu verraten. Fotos, die eine alte Dame im Bois de Boulogne zeigen, ganz akkurat auf einer Bank sitzend. Ganz akkurat - und ganz verloren.
"Was mir ganz wichtig ist, egal ob die Obdachlose, oder ein Star, dass ich ihn nicht entblöße, sondern ihn so fotografiere, wie er ist. Es muss auch eine Seelenverwandschaft sein, was mich dazu bringt, jemanden zu fotografieren, dass da auch die Distanz bleibt und der Respekt, ganz egal wer mir als Mensch da gegenüber steht."