Geheimcode

Mit der Navajo-Sprache in den Pazifik-Krieg

Von Marcus Pindur · 06.06.2014
Mit einem Code, der auf der Sprache der Navajo-Indianer basierte, überlisteten die Amerikaner im Zweiten Weltkrieg die japanische Aufklärung. Von der Sprache gibt es keine schriftlichen Aufzeichnungen. Chester Nez, der letzte Teilnehmer an diesem speziellen Einsatz, ist jetzt gestorben.
Er war 21 Jahre alt, als er sich freiwillig zum United States Marine Corps meldete. Das war 1942. Das US-Militär hatte die Sprache der Navajo aus verschiedenen Gründen als Basis für einen Geheimcode gewählt. Die Sprache war wegen ihrer schwierigen Syntax und ihren ungewöhnlichen Lauten für einen Nicht-Navajo nur sehr schwer zu lernen – und bis dato schriftlich nicht dokumentiert.
Die Japaner hatten zuvor mehrere amerikanische Geheimcodes entschlüsselt. Bis eines Tages ein amerikanischer Soldat, der in einem Reservat aufgewachsen war, vorschlug, es mit der Navajo-Sprache zu probieren. Chester Nez war einer der dafür rekrutierten Indianer.
"Wir waren 29 junge Navajos, die ins Marine Corps kamen. Die Marines haben uns akzeptiert, wir sind sehr gut mit dem Marine Corps ausgekommen."
Die Navajos mussten vorn bei der kämpfenden Truppe sein
Keine Selbstverständlichkeit, denn Schwarze wurden zum Beispiel zu diesem Zeitpunkt in den amerikanischen Streitkräften noch diskriminiert. Sie mussten in separaten Einheiten dienen. Doch das ging bei der Aufgabe nicht, die die Navajos versehen sollten. Sie mussten mit der kämpfenden Truppe ganz vorne sein, um taktische Informationen weiterzugeben, Munition anzufordern, oder vor feindlichen Stellungen zu warnen.
"Wir hatten befürchtet, dass man uns schlecht behandeln würde. Aber als wir als 'code talker' nach San Diego kamen, da haben uns die anderen Marines sehr gut behandelt, zu 100 Prozent."
Die Navajos entwickelten ein Alphabet, in dem ein indianisches Wort einem lateinischen Buchstaben entsprach. Das Navajo-Wort für Ameise entsprach zum Beispiel einem A, und so weiter. Für viele technische Begriffe gab es jedoch keine indianischen Entsprechungen.
"Wir benutzten die Namen von Tieren, Vögeln, Adlern, Fischen, alles mögliche kam in diesen Code."
"Flugzeug" wurde zum Beispiel als "Kolibri" definiert, "Bombenflugzeug" als "schwangerer Vogel", "Bombe" als "Ei". Chester Nez wurde zuerst bei der Schlacht von Guadalcanal eingesetzt.
"Die erste Botschaft, die ich im Gefecht gesendet habe, war: Japanisches Maschinengewehrnest auf ihrer rechten Flanke. Zerstören."
Geehrt wurden die "code talker" 2001 von George W. Bush
Bis 1968 wurde der Navajo-Code noch benutzt, solange durften Chester Nez und die anderen "code talker" nicht darüber reden. Bis ihre kriegswichtige Leistung anerkannt wurde, sollte es dann noch über 30 Jahre dauern. 2001 überreichte George W. Bush den 29 ursprünglichen "code talkern" die Kongressmedaille in Gold. Diese Anerkennung nahm Chester Nez mit einem militärischen Salut aus der Hand des Präsidenten entgegen.
In seiner Kindheit und Jugend in den 20er- und 30er-Jahren war die indianische Kultur nicht erwünscht. Viele Kinder aus den Reservaten wurden in staatlichen Internaten untergebracht. Der Gebrauch indianischer Sprachen war untersagt und wurde bestraft, sagt Judith Abila, die mit Chester Nez ein Buch über seine Erfahrung als "code talker" geschrieben hat.
Es sei eine Ironie des Schicksals, dass genau das, was ihm vor dem Krieg verboten worden sei, nämlich die Navajo-Sprache, dann mitgeholfen habe, den Krieg zu gewinnen. Chester Nez selbst hat nie im Zorn zurück geblickt. Ob er Bitterkeit gegen sein Land fühle, fragte ihn der CNN-Talkmaster Larry King vor einigen Jahren. Nein, er habe sein Land und sein Volk verteidigen wollen, so Chester Nez.
"I wanted to defend my country and my people. I have no bitterness, no real bitterness."
Chester Nez hatte sechs Kinder und verstarb im Schlaf, im Alter von 93 Jahren.
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