Gegenseitiges Geben und Nehmen
Der Präsident des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehmann, will das Verhältnis zwischen Kultur und Wirtschaft verbessern. Darum wurde ein Wirtschaftsbeirat mit Top-Managern wie Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann eingerichtet. "Wir hatten bisher eine Verbindung zur Wirtschaft, die sich aufteilte in Geldgeber und Bittsteller. Das wollen wir verändern", erklärte Lehmann.
Liane von Billerbeck: Wirtschaft ist alles, ohne Wirtschaft ist alles nichts. Auch die Kultur? Könnte man meinen, wenn sich selbst das ehrenwerte Goethe-Institut, das die deutsche Kultur im Ausland verbreitet, einen Wirtschaftsbeirat zulegt. An der Spitze stehen deutsche Topmanager, darunter der Mann, von dem viele ein Bild in Erinnerung haben: das des lächelnden Gewinners vor Gericht, der mit den Fingern das Victory-Zeichen macht, Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank. Goethe und sein Ackermann. Über den Wirtschaftsbeirat des Kulturinstituts spreche ich jetzt mit Klaus-Dieter Lehmann, dem Präsidenten des Goethe-Instituts. Ich grüße Sie!
Klaus-Dieter Lehmann: Guten Tag, Frau von Billerbeck!
von Billerbeck: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann singt gut, hört man, ist ein exzellenter Klavierspieler und zudem Opernfan. Das ein Grund, warum er in den Wirtschaftsbeirat kam?
Lehmann: Nein, das sicher nicht. Aber ich glaube einfach, wir machen einen Fehler, wenn wir Deutschland immer in Schubladen aufteilen: in Politik, in Wirtschaft, in Kultur, in Wissenschaft. Wir müssen da schon einen Blick fürs Ganze haben. Und ich persönlich glaube einfach, Wirtschaft sollte nicht in einem kulturfreien Raum agieren.
von Billerbeck: Deutsche Topmanager sind in dem Wirtschaftsbeirat, dazu gehören der Telekom-Chef René Obermann, VW-Manager Martin Winterkorn, der Unternehmensberater Roland Berger, Nina Sema Öger von Öger Tours und eben Josef Ackermann, auch der Architekt Meinhard von Gerkan. Allesamt, ich habe jetzt nicht alle aufgezählt, das war nur ein Teil davon, aber allesamt sind nicht gerade unterbeschäftigte Menschen, die also dauernd auch zwischen den Kontinenten hin- und herjetten. Was können die noch fürs Goethe-Institut tun, und wann haben die überhaupt Zeit dafür?
Lehmann: Also zunächst einmal glaube ich, wir hatten ja bisher eine Verbindung zur Wirtschaft, die sich aufteilte in Geldgeber und Bittsteller. Das wollen wir verändern. Ich glaube, dass die Zusammenarbeit auch inhaltlicher Art einen Mehrwert hat. Und da gehe ich natürlich von einem großen Selbstbewusstsein des Goethe-Instituts und der Kultur aus, denn wir haben zwei Eigenschaften, die hochinteressant sind. Das eine ist die Kulturkompetenz, und das andere ist die Sprachkompetenz. Das heißt, die Goethe-Institute kennen natürlich intensiv den jeweiligen Kulturraum, in dem auch die Wirtschaft arbeitet. Aber anders als manche andere Kulturmittler gehen wir ja auch enge Partnerschaften mit dem Gastland ein, das heißt, wir bewegen uns in einem Kontext. Und deshalb glaube ich, die Kenntnisse zu nutzen, um eine interkulturelle Kompetenz zwischen Deutschland und dem Gastland herzustellen, also wirklich nicht ignorant oder arrogant zu sein, sondern sich mit dem Wissen der jeweiligen Kultur zu befassen, kann nur nutzen.
von Billerbeck: Sie haben es eben erwähnt, man teilt die beiden Seiten immer ein in Bittsteller und Geldgeber. Ist das jetzt sozusagen auch ein cleverer Schritt des Goethe-Instituts, die Geldgeber gleich mal reinzuholen in Ihr Unternehmen?
Lehmann: Also ich glaube schon, dass wir hier der Wirtschaft was geben können, aber auch wir von der Wirtschaft profitieren können. Und ich nenne mal ein Beispiel, wo ich glaube, dass es für beide Seiten wichtig ist. Ich hatte ja kurz angesprochen die Art und Weise, wie man in einem Land arbeiten kann. Und ich kann mir vorstellen, dass das Goethe-Institut mit seiner Kompetenz so etwas leisten kann wie ein interkulturelles Training für die Wirtschaftsleute, das heißt, wirklich eine neue Qualität in den Beziehungen zu schaffen. Und es ist ja auch die andere Blickrichtung. Denken Sie nur an die vielen Betriebe, die deutsche Firmen im Ausland gegründet haben, in Brasilien, in Indien. Das heißt also, Ingenieure und Techniker, die dort als Leute aus dem Land arbeiten, die wollen wir natürlich für uns gewinnen, das heißt für die deutsche Sprache, für die deutsche Kultur. Wir werden also und wollen in die Betriebe gehen, unsere Sprache vermitteln, aber gemeinsam auch unsere Kultur und Landeskunde. Und damit entsteht eine ganz andere Bindung an unser Land und möglicherweise eben ein etwas lebendigeres und realistischeres Deutschlandbild, als es vielleicht über Fernsehen oder Filme in den jeweiligen Ländern vermittelt werden kann.
von Billerbeck: Nun steht ja in der Presseerklärung zur Gründung dieses Wirtschaftsbeirates, die Damen und Herren dort sollen bei konkreten Projekten beratend zur Seite stehen, also bei konkreten Projekten des Goethe-Instituts. Was sind das für konkrete Projekte?
Lehmann: Zum einen ist es, was ich eben angesprochen habe, natürlich eine Identifizierung der Regionen, wo wir solche Sprachkompetenz oder Kulturkompetenz einsetzen könnten, das ist der eine Punkt. Aber es kann auch um konkrete Projekte gehen. Nehmen Sie nur mal die großen Themen unserer Zeit: Umwelt, Klima, Demografie, Krankheit, Gewalt. Wir haben jetzt eine große Tropenausstellung in Rio de Janeiro, die im Herbst nach Berlin kommt, dann nach Johannesburg geht. Es ist zunächst eine Kunstausstellung. Die kommt als Kunstausstellung daher und nimmt den ganzen Tropengürtel mit. Aber das Raffinierte dabei ist, wir bauen um diese Kunstausstellung herum Begleitveranstaltungen, die genau die Themen treffen, die heute hochinteressant sind: Biosprit, die Regenwälder, die Mega-Städte. Und da möchte ich gerne mit der Wirtschaft arbeiten. Da will ich sehen, was kann denn die Wirtschaft da für Positionen einnehmen. Sie muss sich dann auf Podien auch zeigen. Sie kennen die Situation, dass wir jetzt die ganze Verknappung von Getreide in der Welt haben, nur weil Biosprit plötzlich eine westliche Anmaßung war, die die Folgen nicht bedacht hat. Wenn wir das als Goethe-Institut in dieser Weise durchaus auch von Experten aus der Wirtschaft besetzen können, dann glaube ich, erregen wir eine Aufmerksamkeit, die eine wirkliche Öffentlichkeit darstellt. Oder das andere Thema, Klima. Klima können wir eine sehr positive Position der deutschen technologischen Entwicklung vermitteln, erneuerbare Energien. Auch das gehört zu einem Deutschlandbild. Also das sind so Chancen, die ich einfach sehe, dass man hier in einem Kulturbereich durchaus auch gesellschaftliche Entwicklung einbeziehen kann, die man aber von denen darstellen muss, die sie auch zurzeit betreiben und damit auch eine Position beziehen.
von Billerbeck: Sie sind darauf eingegangen, dass es derzeit Hungerrevolten in der Welt gibt, unter anderem auch, weil so viel Biosprit hergestellt wird aus Getreide. Das klingt ein bisschen so, als würde Goethe auch die Aufgabe vor sich sehen, da die Konzerne zu moralisieren oder zu zähmen?
Lehmann: Ich weiß nicht, ob wir so anspruchsvoll sein können. Wir sind ja nicht diejenigen mit dem erhobenen Zeigefinger. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass einfach die Besetzung von Themen und die Notwendigkeit, Position zu beziehen, auch zu einer Nachdenklichkeit führen kann, die auch ihre Rückwirkungen hat. Also solche Chancen, denke ich, kann man durchaus sehen. Für mich ist Kultur einfach das Fundament der Gesellschaft. Und ohne Kultur kann man im Grunde letztlich eine solche große Weltordnung, die ja die Wirtschaft im Grunde mit bestimmt, nicht wirklich leisten, denn Globalisierung hat früher immer für uns den Anklang gehabt, die Welt wird homogenisiert, wird gleich. Das Gegenteil ist ja der Fall. Sie ist stärker segmentiert als je zuvor. Also muss man Brücken bauen, um diese Segmente tatsächlich wieder auch dialogfähig zu machen. Und da finde ich, ist die Kultur nicht schlecht. Und wenn die Wirtschaft auch uns zuhört in einem Beirat und wir auch der Wirtschaft, ist es, glaube ich, ganz entscheidend. Denn was ist denn Kultur? In erster Linie ist es Kommunikation und Wechselbeziehungen. Und ich glaube, es wäre falsch, wenn die Kultur sich isolieren würde.
von Billerbeck: Kommissionen und Beiräte werden in der Politik bekanntermaßen immer dann gegründet, wenn man nicht weiter weiß oder zwar den Weg kennt, aber die unangenehmen Wahrheiten lieber einen Experten von außerhalb aussprechen lassen will. Spielten auch solche Überlegungen eine Rolle?
Lehmann: Das macht man eigentlich immer eher dann, wenn solche Gremien Entscheidungsgremien sind. Das ist ja hier nicht der Fall. Es ist kein Entscheidungsgremium, sondern es ist ein Beratungsgremium. Das heißt, wir öffnen unsere eigene Vorstellung, indem wir weitere Anwendungsfelder, Handlungsfelder mit in unseren Horizont aufnehmen, um uns selbst in der Einschätzung souveräner zu machen und den anderen Dinge zu zeigen, die wir sonst nicht vermitteln konnten. Ich habe im Grunde eine persönlich gute Erfahrung, und deshalb ist es, glaube ich, bei mir auch nicht mit Berührungsängsten verbunden. Ich hatte ja über zehn Jahre dieses Kuratorium Museumsinsel, wo die 20 Großunternehmen Deutschlands da waren. Und für mich war ein Schlüsselerlebnis, dass dort die Vorstandsvorsitzenden und die Aufsichtsratsvorsitzenden keine dieser Sitzungen versäumt haben, weil die Diskussion so anregend war mit den Kulturleuten, dass sie auch selber für sich, für ihre eigene Persönlichkeitsbildung, wenn Sie so wollen, was mitgenommen haben. Und ich glaube, diese Erfahrung hat auch hier Pate gestanden bei dem Beirat Wirtschaft.
von Billerbeck: Topmanager von Ackermann bis Obermann beraten das Goethe-Institut. Wir sprachen darüber mit dem Präsidenten, mit Klaus-Dieter Lehmann. Ich danke Ihnen!
Lehmann: Ich danke Ihnen!
Klaus-Dieter Lehmann: Guten Tag, Frau von Billerbeck!
von Billerbeck: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann singt gut, hört man, ist ein exzellenter Klavierspieler und zudem Opernfan. Das ein Grund, warum er in den Wirtschaftsbeirat kam?
Lehmann: Nein, das sicher nicht. Aber ich glaube einfach, wir machen einen Fehler, wenn wir Deutschland immer in Schubladen aufteilen: in Politik, in Wirtschaft, in Kultur, in Wissenschaft. Wir müssen da schon einen Blick fürs Ganze haben. Und ich persönlich glaube einfach, Wirtschaft sollte nicht in einem kulturfreien Raum agieren.
von Billerbeck: Deutsche Topmanager sind in dem Wirtschaftsbeirat, dazu gehören der Telekom-Chef René Obermann, VW-Manager Martin Winterkorn, der Unternehmensberater Roland Berger, Nina Sema Öger von Öger Tours und eben Josef Ackermann, auch der Architekt Meinhard von Gerkan. Allesamt, ich habe jetzt nicht alle aufgezählt, das war nur ein Teil davon, aber allesamt sind nicht gerade unterbeschäftigte Menschen, die also dauernd auch zwischen den Kontinenten hin- und herjetten. Was können die noch fürs Goethe-Institut tun, und wann haben die überhaupt Zeit dafür?
Lehmann: Also zunächst einmal glaube ich, wir hatten ja bisher eine Verbindung zur Wirtschaft, die sich aufteilte in Geldgeber und Bittsteller. Das wollen wir verändern. Ich glaube, dass die Zusammenarbeit auch inhaltlicher Art einen Mehrwert hat. Und da gehe ich natürlich von einem großen Selbstbewusstsein des Goethe-Instituts und der Kultur aus, denn wir haben zwei Eigenschaften, die hochinteressant sind. Das eine ist die Kulturkompetenz, und das andere ist die Sprachkompetenz. Das heißt, die Goethe-Institute kennen natürlich intensiv den jeweiligen Kulturraum, in dem auch die Wirtschaft arbeitet. Aber anders als manche andere Kulturmittler gehen wir ja auch enge Partnerschaften mit dem Gastland ein, das heißt, wir bewegen uns in einem Kontext. Und deshalb glaube ich, die Kenntnisse zu nutzen, um eine interkulturelle Kompetenz zwischen Deutschland und dem Gastland herzustellen, also wirklich nicht ignorant oder arrogant zu sein, sondern sich mit dem Wissen der jeweiligen Kultur zu befassen, kann nur nutzen.
von Billerbeck: Sie haben es eben erwähnt, man teilt die beiden Seiten immer ein in Bittsteller und Geldgeber. Ist das jetzt sozusagen auch ein cleverer Schritt des Goethe-Instituts, die Geldgeber gleich mal reinzuholen in Ihr Unternehmen?
Lehmann: Also ich glaube schon, dass wir hier der Wirtschaft was geben können, aber auch wir von der Wirtschaft profitieren können. Und ich nenne mal ein Beispiel, wo ich glaube, dass es für beide Seiten wichtig ist. Ich hatte ja kurz angesprochen die Art und Weise, wie man in einem Land arbeiten kann. Und ich kann mir vorstellen, dass das Goethe-Institut mit seiner Kompetenz so etwas leisten kann wie ein interkulturelles Training für die Wirtschaftsleute, das heißt, wirklich eine neue Qualität in den Beziehungen zu schaffen. Und es ist ja auch die andere Blickrichtung. Denken Sie nur an die vielen Betriebe, die deutsche Firmen im Ausland gegründet haben, in Brasilien, in Indien. Das heißt also, Ingenieure und Techniker, die dort als Leute aus dem Land arbeiten, die wollen wir natürlich für uns gewinnen, das heißt für die deutsche Sprache, für die deutsche Kultur. Wir werden also und wollen in die Betriebe gehen, unsere Sprache vermitteln, aber gemeinsam auch unsere Kultur und Landeskunde. Und damit entsteht eine ganz andere Bindung an unser Land und möglicherweise eben ein etwas lebendigeres und realistischeres Deutschlandbild, als es vielleicht über Fernsehen oder Filme in den jeweiligen Ländern vermittelt werden kann.
von Billerbeck: Nun steht ja in der Presseerklärung zur Gründung dieses Wirtschaftsbeirates, die Damen und Herren dort sollen bei konkreten Projekten beratend zur Seite stehen, also bei konkreten Projekten des Goethe-Instituts. Was sind das für konkrete Projekte?
Lehmann: Zum einen ist es, was ich eben angesprochen habe, natürlich eine Identifizierung der Regionen, wo wir solche Sprachkompetenz oder Kulturkompetenz einsetzen könnten, das ist der eine Punkt. Aber es kann auch um konkrete Projekte gehen. Nehmen Sie nur mal die großen Themen unserer Zeit: Umwelt, Klima, Demografie, Krankheit, Gewalt. Wir haben jetzt eine große Tropenausstellung in Rio de Janeiro, die im Herbst nach Berlin kommt, dann nach Johannesburg geht. Es ist zunächst eine Kunstausstellung. Die kommt als Kunstausstellung daher und nimmt den ganzen Tropengürtel mit. Aber das Raffinierte dabei ist, wir bauen um diese Kunstausstellung herum Begleitveranstaltungen, die genau die Themen treffen, die heute hochinteressant sind: Biosprit, die Regenwälder, die Mega-Städte. Und da möchte ich gerne mit der Wirtschaft arbeiten. Da will ich sehen, was kann denn die Wirtschaft da für Positionen einnehmen. Sie muss sich dann auf Podien auch zeigen. Sie kennen die Situation, dass wir jetzt die ganze Verknappung von Getreide in der Welt haben, nur weil Biosprit plötzlich eine westliche Anmaßung war, die die Folgen nicht bedacht hat. Wenn wir das als Goethe-Institut in dieser Weise durchaus auch von Experten aus der Wirtschaft besetzen können, dann glaube ich, erregen wir eine Aufmerksamkeit, die eine wirkliche Öffentlichkeit darstellt. Oder das andere Thema, Klima. Klima können wir eine sehr positive Position der deutschen technologischen Entwicklung vermitteln, erneuerbare Energien. Auch das gehört zu einem Deutschlandbild. Also das sind so Chancen, die ich einfach sehe, dass man hier in einem Kulturbereich durchaus auch gesellschaftliche Entwicklung einbeziehen kann, die man aber von denen darstellen muss, die sie auch zurzeit betreiben und damit auch eine Position beziehen.
von Billerbeck: Sie sind darauf eingegangen, dass es derzeit Hungerrevolten in der Welt gibt, unter anderem auch, weil so viel Biosprit hergestellt wird aus Getreide. Das klingt ein bisschen so, als würde Goethe auch die Aufgabe vor sich sehen, da die Konzerne zu moralisieren oder zu zähmen?
Lehmann: Ich weiß nicht, ob wir so anspruchsvoll sein können. Wir sind ja nicht diejenigen mit dem erhobenen Zeigefinger. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass einfach die Besetzung von Themen und die Notwendigkeit, Position zu beziehen, auch zu einer Nachdenklichkeit führen kann, die auch ihre Rückwirkungen hat. Also solche Chancen, denke ich, kann man durchaus sehen. Für mich ist Kultur einfach das Fundament der Gesellschaft. Und ohne Kultur kann man im Grunde letztlich eine solche große Weltordnung, die ja die Wirtschaft im Grunde mit bestimmt, nicht wirklich leisten, denn Globalisierung hat früher immer für uns den Anklang gehabt, die Welt wird homogenisiert, wird gleich. Das Gegenteil ist ja der Fall. Sie ist stärker segmentiert als je zuvor. Also muss man Brücken bauen, um diese Segmente tatsächlich wieder auch dialogfähig zu machen. Und da finde ich, ist die Kultur nicht schlecht. Und wenn die Wirtschaft auch uns zuhört in einem Beirat und wir auch der Wirtschaft, ist es, glaube ich, ganz entscheidend. Denn was ist denn Kultur? In erster Linie ist es Kommunikation und Wechselbeziehungen. Und ich glaube, es wäre falsch, wenn die Kultur sich isolieren würde.
von Billerbeck: Kommissionen und Beiräte werden in der Politik bekanntermaßen immer dann gegründet, wenn man nicht weiter weiß oder zwar den Weg kennt, aber die unangenehmen Wahrheiten lieber einen Experten von außerhalb aussprechen lassen will. Spielten auch solche Überlegungen eine Rolle?
Lehmann: Das macht man eigentlich immer eher dann, wenn solche Gremien Entscheidungsgremien sind. Das ist ja hier nicht der Fall. Es ist kein Entscheidungsgremium, sondern es ist ein Beratungsgremium. Das heißt, wir öffnen unsere eigene Vorstellung, indem wir weitere Anwendungsfelder, Handlungsfelder mit in unseren Horizont aufnehmen, um uns selbst in der Einschätzung souveräner zu machen und den anderen Dinge zu zeigen, die wir sonst nicht vermitteln konnten. Ich habe im Grunde eine persönlich gute Erfahrung, und deshalb ist es, glaube ich, bei mir auch nicht mit Berührungsängsten verbunden. Ich hatte ja über zehn Jahre dieses Kuratorium Museumsinsel, wo die 20 Großunternehmen Deutschlands da waren. Und für mich war ein Schlüsselerlebnis, dass dort die Vorstandsvorsitzenden und die Aufsichtsratsvorsitzenden keine dieser Sitzungen versäumt haben, weil die Diskussion so anregend war mit den Kulturleuten, dass sie auch selber für sich, für ihre eigene Persönlichkeitsbildung, wenn Sie so wollen, was mitgenommen haben. Und ich glaube, diese Erfahrung hat auch hier Pate gestanden bei dem Beirat Wirtschaft.
von Billerbeck: Topmanager von Ackermann bis Obermann beraten das Goethe-Institut. Wir sprachen darüber mit dem Präsidenten, mit Klaus-Dieter Lehmann. Ich danke Ihnen!
Lehmann: Ich danke Ihnen!