Gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer
<strong>Ostermann:</strong> Herr Wenzel, wie bewerten Sie die derzeitigen Überlegungen? Sollte die Mehrwertsteuer angehoben werden?
Wenzel: Ja, wir können nur sagen, Hände weg von diesem Mörderinstrument für den deutschen Einzelhandel, aber auch für die Konjunktur. Wir leben seit zwölf Jahren mit stagnierenden und in den letzten drei Jahren sogar zurückgehenden Umsätzen. Wenn wir jetzt noch die Mehrwertsteuer erhöhen und das dann auch die Preise aufschlagen müssen, dann wäre das ein tödliches Gift. Ich glaube auch, dass Steuererhöhungen im Moment das Letzte sind, was wir brauchen können, um das Vertrauen der Bevölkerung nicht völlig zu verlieren.
Ostermann: Immerhin haben wir in Europa die zweitniedrigste Mehrwertsteuer. Sehen Sie da überhaupt keine Luft, sie moderat anzuheben?
Wenzel: Ja, das Thema Europa ist natürlich ein Thema, darüber muss man reden, darüber kann man reden. Auf der anderen Seite sind wir in Europa bei den direkten Steuern an der Spitze. Die relativ niedrige Mehrwertsteuer ist immer noch unser letzter Vorteil im gesamten Steuervergleich mit den europäischen Ländern. Wenn wir jetzt da noch rangehen, dann verlieren wir auch den, und dann stehen wir bei allen Punkten am Ende. Also für uns kein Thema. Man muss auch darüber nachdenken – und das kam ja schon in den Forderungen unserer Freunde vom Handwerk heraus –, dass eine Erhöhung der Mehrwertsteuer mit Sicherheit die Leute noch weiter in die Schwarzarbeit treibt, und das Handwerk fordert dann niedrigere Steuersätze für Handwerksleistungen, einen halben Mehrwertsteuersatz. Wir brauchen flache und niedrige Steuersätze für alle gleich, und das wäre bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auch in Gefahr.
Ostermann: Sie haben eben von den Freunden vom Handwerk gesprochen. Was würde eine höhere Mehrwertsteuer ganz konkret für den Handel, also für Ihren Bereich bedeuten?
Wenzel: Wir haben ohnehin ein Problem. Das haben wir bei den letzten Mehrwertsteuererhöhungen – die sind Gott sei Dank nun ein Weilchen her – festgestellt, die Steuer überzuwälzen. Wir haben eine Bremsspur von fast zwei Jahren gehabt, bis wir überhaupt die Mehrwertsteuer an den Endverbraucher in unseren Preisen weitergeben konnten. Ich habe über die Umsatzsituation im deutschen Einzelhandel gesprochen, die hat sich natürlich katastrophal auf die Erträge ausgewirkt, und solche Dinge wie Karstadt sind wirklich nur die Spitze des Eisberges. Vielen Unternehmen im Einzelhandel geht es schlecht, und wenn wir jetzt noch Probleme bekommen mit dem Weiterwälzen der Steuer wegen des harten Wettbewerbs in unserer Branche, dann bleibt wieder ein Teil bei uns hängen, zumindest eine gewisse und eine viel zu lange Zeit, und dann gehen noch mehr Unternehmen im Einzelhandel pleite. Im Prinzip müssten hier eigentlich – wir sind hier unbezahlte Steuereintreiber des Staates – Bund und Länder uns eine Provision geben dafür, dass wir für sie die Mehrwertsteuer einziehen. Das Gegenteil wäre der Fall. Es würde zum Teil an uns hängen bleiben.
Ostermann: Ein Prozent bei der Mehrwertsteuer bringt unter dem Strich acht Milliarden in den Staatshaushalt, so heißt es. Ist das eigentlich eine realistische Rechnung, oder sehen Sie Gefahren wie bei der Tabaksteuer? Da ging ja die Rechnung nicht auf.
Wenzel: Ja, wir sind im Einzelhandel ohnehin in einer schwierigen Umsatzsituation. Drei Jahre mit Umsatzrückgängen, das würde durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer mit Sicherheit nicht verbessert. Auf der anderen Seite wirkt es sich sicherlich nicht dramatisch auf die Umsätze aus. Ich befürchte allerdings schon einen gewissen Rückgang, den ich jetzt im Moment nicht beziffern kann. Aber die psychologische Wirkung solcher Steuererhöhungen ist nicht zu unterschätzen. Die Leute verlieren mehr und mehr das Vertrauen in unsere Politik. Wenn es nur um das Thema linke Tasche rechte Tasche, also Mehrwertsteuererhöhung gegen Abbau von sozialen und Lohnnebenkosten, dann könnte man nicht darüber reden, das wäre aus meiner Sicht eine wirklich unmögliche Entscheidung. Aber das glauben die Leute noch nicht mal, sie glauben nicht an das Thema linke Tasche rechte Tasche, sondern sie glauben, dass sich der Staat beide Taschen füllt, und das wäre ein Vertrauensverlust, eine Mehrwertsteuererhöhung, die so leicht wirklich nicht auszugleichen wäre. Ich bin sehr froh, dass doch derjenige, der dann letztlich entscheidet, nämlich der Bundeskanzler, bisher basta gesagt hat, und wir hoffen, dabei bleibt er.
Ostermann: Was wäre die Alternative, um die Lohnnebenkosten zu senken?
Wenzel: Wir müssten ran an die gesamten sozialen Systeme, und das vermissen wir auch bei dem ganzen Thema Jobgipfel, dass hier viel zu wenig passiert ist. Wir müssen an die Bürokratie, die uns mit erheblichen Kosten belastet, heran. Das heißt, soziale Systeme, Rentenversicherung, Pflegeversicherung, das ganze Paket muss radikal aufgeschnürt werden. Hier müssen wir kürzen, dann geht es mit den Lohnnebenkosten abwärts, und das ganze Thema Arbeitslosigkeit belastet uns natürlich auch im Einzelhandel sehr. Auch hier kann man nur mit wirklich ganz gravierenden Reformen bei den sozialen Systemen eine Besserung herbeiführen, sonst wird das nichts.
Ostermann: Danke für das Gespräch.
Ostermann: Immerhin haben wir in Europa die zweitniedrigste Mehrwertsteuer. Sehen Sie da überhaupt keine Luft, sie moderat anzuheben?
Wenzel: Ja, das Thema Europa ist natürlich ein Thema, darüber muss man reden, darüber kann man reden. Auf der anderen Seite sind wir in Europa bei den direkten Steuern an der Spitze. Die relativ niedrige Mehrwertsteuer ist immer noch unser letzter Vorteil im gesamten Steuervergleich mit den europäischen Ländern. Wenn wir jetzt da noch rangehen, dann verlieren wir auch den, und dann stehen wir bei allen Punkten am Ende. Also für uns kein Thema. Man muss auch darüber nachdenken – und das kam ja schon in den Forderungen unserer Freunde vom Handwerk heraus –, dass eine Erhöhung der Mehrwertsteuer mit Sicherheit die Leute noch weiter in die Schwarzarbeit treibt, und das Handwerk fordert dann niedrigere Steuersätze für Handwerksleistungen, einen halben Mehrwertsteuersatz. Wir brauchen flache und niedrige Steuersätze für alle gleich, und das wäre bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auch in Gefahr.
Ostermann: Sie haben eben von den Freunden vom Handwerk gesprochen. Was würde eine höhere Mehrwertsteuer ganz konkret für den Handel, also für Ihren Bereich bedeuten?
Wenzel: Wir haben ohnehin ein Problem. Das haben wir bei den letzten Mehrwertsteuererhöhungen – die sind Gott sei Dank nun ein Weilchen her – festgestellt, die Steuer überzuwälzen. Wir haben eine Bremsspur von fast zwei Jahren gehabt, bis wir überhaupt die Mehrwertsteuer an den Endverbraucher in unseren Preisen weitergeben konnten. Ich habe über die Umsatzsituation im deutschen Einzelhandel gesprochen, die hat sich natürlich katastrophal auf die Erträge ausgewirkt, und solche Dinge wie Karstadt sind wirklich nur die Spitze des Eisberges. Vielen Unternehmen im Einzelhandel geht es schlecht, und wenn wir jetzt noch Probleme bekommen mit dem Weiterwälzen der Steuer wegen des harten Wettbewerbs in unserer Branche, dann bleibt wieder ein Teil bei uns hängen, zumindest eine gewisse und eine viel zu lange Zeit, und dann gehen noch mehr Unternehmen im Einzelhandel pleite. Im Prinzip müssten hier eigentlich – wir sind hier unbezahlte Steuereintreiber des Staates – Bund und Länder uns eine Provision geben dafür, dass wir für sie die Mehrwertsteuer einziehen. Das Gegenteil wäre der Fall. Es würde zum Teil an uns hängen bleiben.
Ostermann: Ein Prozent bei der Mehrwertsteuer bringt unter dem Strich acht Milliarden in den Staatshaushalt, so heißt es. Ist das eigentlich eine realistische Rechnung, oder sehen Sie Gefahren wie bei der Tabaksteuer? Da ging ja die Rechnung nicht auf.
Wenzel: Ja, wir sind im Einzelhandel ohnehin in einer schwierigen Umsatzsituation. Drei Jahre mit Umsatzrückgängen, das würde durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer mit Sicherheit nicht verbessert. Auf der anderen Seite wirkt es sich sicherlich nicht dramatisch auf die Umsätze aus. Ich befürchte allerdings schon einen gewissen Rückgang, den ich jetzt im Moment nicht beziffern kann. Aber die psychologische Wirkung solcher Steuererhöhungen ist nicht zu unterschätzen. Die Leute verlieren mehr und mehr das Vertrauen in unsere Politik. Wenn es nur um das Thema linke Tasche rechte Tasche, also Mehrwertsteuererhöhung gegen Abbau von sozialen und Lohnnebenkosten, dann könnte man nicht darüber reden, das wäre aus meiner Sicht eine wirklich unmögliche Entscheidung. Aber das glauben die Leute noch nicht mal, sie glauben nicht an das Thema linke Tasche rechte Tasche, sondern sie glauben, dass sich der Staat beide Taschen füllt, und das wäre ein Vertrauensverlust, eine Mehrwertsteuererhöhung, die so leicht wirklich nicht auszugleichen wäre. Ich bin sehr froh, dass doch derjenige, der dann letztlich entscheidet, nämlich der Bundeskanzler, bisher basta gesagt hat, und wir hoffen, dabei bleibt er.
Ostermann: Was wäre die Alternative, um die Lohnnebenkosten zu senken?
Wenzel: Wir müssten ran an die gesamten sozialen Systeme, und das vermissen wir auch bei dem ganzen Thema Jobgipfel, dass hier viel zu wenig passiert ist. Wir müssen an die Bürokratie, die uns mit erheblichen Kosten belastet, heran. Das heißt, soziale Systeme, Rentenversicherung, Pflegeversicherung, das ganze Paket muss radikal aufgeschnürt werden. Hier müssen wir kürzen, dann geht es mit den Lohnnebenkosten abwärts, und das ganze Thema Arbeitslosigkeit belastet uns natürlich auch im Einzelhandel sehr. Auch hier kann man nur mit wirklich ganz gravierenden Reformen bei den sozialen Systemen eine Besserung herbeiführen, sonst wird das nichts.
Ostermann: Danke für das Gespräch.