Gefeierter Opern-Workaholic

Von Uwe Friedrich · 15.06.2009
Robert Carsen ist einer der gefragtesten Opernregisseure und einer der fleißigsten. Vor zwei Jahren brachte er es auf 16 gleichzeitig gespielte Inszenierungen. Publikum wie Kritik sind hingerissen von seinen Aufführungen und manch einer lobt die Genauigkeit seiner Analysen. Zurzeit inszeniert Carsen "Carmen" an der Nederlands Opera in Amsterdam.
Er hat Wagners "Ring des Nibelungen" in Köln inszeniert, einen Janacek-Zyklus in Antwerpen, er hat regelmäßig an der Wiener Staatsoper gearbeitet und an der Bastille-Oper in Paris. Vor zwei Jahren machte sich ein Fan die Mühe nachzurechnen und kam auf 16 gleichzeitig gespielte Inszenierungen Robert Carsens in aller Welt. Kein Zweifel, der 54-jährige Kanadier gehört zu den gefragtesten Opernregisseuren überhaupt.

Dabei schafft er immer wieder den eigentlich unmöglichen Opern-Hattrick: Erstens rennt das Publikum in seine Aufführungen und ist hinterher begeistert, zweitens kriegt er euphorische Kritiken, und drittens arbeiten auch die Sänger gerne mit ihm zusammen. Immer wieder loben alle Beteiligten die Genauigkeit, mit der er seine szenischen Lösungen aus den Partituren erarbeite, dass er den Stücken bei der Aktualisierung nie Gewalt antue.

Als er ankündigte, zur Qualitätssicherung nur noch höchstens fünf Inszenierungen pro Jahr zu machen, wurde ungläubig gelacht, gilt doch allgemein die Zahl drei als Obergrenze, bis zu der ein Regisseur noch seriös arbeiten kann. Aber bei den fünf zählte er offenbar auch Koproduktionen und die Einrichtung bereits bestehender Inszenierungen für andere Bühnen mit.

Außer Opern hat Robert Carsen auch "Buffalo Bill's Wild West Show" für Eurodisney in Paris auf die Bühne gebracht. Aber man soll sich nicht täuschen: Carsen hat dafür die Shows des historischen Buffalo Bill ebenso genau erforscht, wie er es mit den Opernpartituren macht, wenn er Wagner, Strauss, Janacek, Humperdinck oder Puccini inszeniert.

Dabei wollte er eigentlich Schauspieler werden und hat nach der Ausbildung in Toronto und Bristol eher zufällig zur Oper gefunden. Da ist er allerdings sofort ganz oben eingestiegen, beim piekfeinen Opernfestival in Glyndebourne. Anfang der 80er-Jahre zeigte er dort erste Produktionen und wurde sofort mit Preisen überhäuft. Die nächste Station war Genf, ganz schnell ging es danach an die größten und berühmtesten Häuser.

Heute kann Robert Carsen es sich aussuchen, wo er arbeiten möchte. Für seine erste "Carmen" wählte er die Nederlands Opera in Amsterdam und wahrscheinlich stehen andere Intendanten heute Abend bereits Schlange, um die Produktion anschließend übernehmen zu dürfen.

Hören Sie auch eine Rezension zu Carsens "Carmen"-Inszenierung in Amsterdam als MP3-Audio .