Gefahren an jeder elektronischen Ecke

Von Michael Engel |
Für Kinder und Jugendliche gehören Internet und Handy schon längst zum Alltag - und stellen in vielerlei Hinsicht eine Hilfe und Bereicherung dar. Doch nur ein Klick von Wikipedia oder SchülerVZ entfernt lauern gewaltverherrlichende Videos, rechtsradikales Gedankengut und pornografische Darstellungen. Wie lassen sich junge Leute davor am besten schützen?
Chatten, posten, Nicknames. Für Kinder, wie diese Mädels im Alter von zehn Jahren, ist das alles längst kein Problem mehr. Werden sie doch mit dem Computer groß.

"Komm wir gehen mal in den Chat."
"Ja, wie heißt du denn."
"Ich hab’ mich "Sternchen99" genannt."
"Cooler Name."

Meist dauert es nicht lange, bis die jungen Userinnen eine Antwort bekommen: Hallo, wo wohnst Du eigentlich?
"Halt" – heißt es in dem Video der Polizei. Der Ratschlag kommt vom Fußballplatz.

"Hi, ich bin Bastian Schweinsteiger. Ich weiß, beim Chatten geht’s manchmal ganz schön krass zu. Begebt euch nicht in Gefahr, indem ihr Fremden alles über Euch erzählt."

Salgmann: "Wir haben Prominente gewinnen können, die für uns werben."

Sagt Rita Salgmann, leitende Beamtin im Landeskriminalamt Niedersachsen.

"Bastian Schweinsteiger, der auf das sichere Chatten hinweist durch einen ganz netten Spot, also auch das sind Sachen, um dann ganz einfach Jugendliche anzusprechen, weil diese Prominenten vielleicht doch eine höhere Durchschlagskraft haben als die eigenen Eltern, die doch häufiger mit dem erhobenen Zeigefinger dastehen."

Unter der Adresse polizei-beratung.de gibt der Fußballstar Tipps im Umgang mit Chatforen, denn Gefahren lauern auch hier.

"Chatte am Anfang nicht allein. Und such’ dir ein Chat, in dem jemand aufpasst. Das absolut Wichtigste ist aber: Triff dich nicht mit den Leuten aus dem Chat und schicke ihnen keine Bilder."

Besonders bedrohlich, jedenfalls aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen, sind die Abzocker im Internet. Ilsemarie Niessen von der Verbraucherzentrale kennt die ganzen Drohbriefe von Inkasso-Unternehmen und Rechtsanwaltskanzleien, die an unsere Kinder adressiert werden. Dabei beginnt es meist sehr harmlos.

""Also sie befinden sich ja häufig in irgendwelchen Chaträumen, ICQ usw. und da werden sie immer wieder auf Links gestoßen, 'bist du mit dem Sänger von Tokio Hotel verwandt?' zum Beispiel. Dann gehe doch mal auf diese Seite, dann klicken die sie an, und du kannst auch noch einen iPod gewinnen oder ein Handy der neuesten Klasse, irgendwas, und dann sind die Kinder bereit, ihre Daten einzugeben. Und dann steht unten im Kleingedruckten: Jetzt bist Du Mitglied oder hast einen Vertrag von 12 oder 24 Monaten zum Preis von 9,60 Euro im Monat wie auch immer."

435.000 Mal wurde "DeinDing" – die Jugendseite der Verbraucherzentrale - im vergangenen Jahr angeklickt. Jugendliche, die von Internetabzockern bedroht werden, können sich hier Rat und Hilfe holen. Und Ilsemarie Niessen ist eine von zwei Mitarbeiterinnen, die online im Chat helfen, wie und wo es nur geht.

"Und wir haben gesehen: Wann haben die Kinder gepostet? Mitten in der Nacht. Die konnten nicht schlafen, weil große Rechnungen zu ihnen ins E-Mail-Postfach kamen, und weil sie es ihren Eltern nicht sagen mochten. Weil die Eltern sagen: Klickst du irgendwas an, dann kriegst du Internetverbot. Und heutzutage kein Handy als Jugendlicher zu haben oder nicht ins Internet gehen zu können, das geht gar nicht bei den Jugendlichen."

Nicht antworten, schon gar nicht zahlen, so die Empfehlung der Verbraucherzentrale. Personen unter 18 dürfen nämlich keine Verträge via Internet abschließen. Damit sich die Kinder im Internet nicht verlieren, gibt es für besorgte Eltern sogar Hilfe vom Computer selbst. Sogenannte Zeitwächter sind Programme, die den zeitlichen Zugang zum Rechner begrenzen. Zum Beispiel frühestens ab 9.00 Uhr - nicht nach 21.00 Uhr. Und maximal zwei Stunden am Tag.

""Beispielsweise um zu reagieren, wenn die schulischen Leistungen abfallen","

... sagt Axel Kossel von der Computerzeitschrift c’t – selbst Vater von zwei Jugendlichen.

""Da muss man allerdings aufpassen, dass man nicht überreguliert, dass man nicht zu hart und zu kurze Zeiten vorgibt, weil sonst kommt es schnell zu einer Abwehrhaltung, zu einem Wettkampf, wer trickst wen besser aus, und das ist dann vielleicht ganz interessant, aber nicht im Sinne der Erziehung."

Mit Programmen wie "KidsWatch", "Kindersicherung 2008" oder "WinTimer" lassen sich Zeitfenster für die Computernutzung bestimmen. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts "Tfactory" klicken 60 Prozent der Jugendlichen auch schon mal auf Pornoseiten. Mit sogenannten Internet-Filter lassen sich jugendgefährdende Inhalte blockieren. Die Filter arbeiten allerdings nicht hundertprozentig.

"... und alle Maßnahmen, die sie jetzt auf der technischen Seite ergreifen, müssen sie natürlich mit den Kindern durchsprechen. Und müssen mit den Kindern auch abklären, warum sie dies tun, wo die Gefahren im Internet liegen. Und das muss einfach besprochen sein, und das muss den Kindern auch klar sein, weil sonst nützen diese Programme gar nichts, dann gehen die Kinder zu den Nachbarn oder irgendwo sonst hin, wo die Kinder unbeobachtet und unkontrolliert das Internet nutzen können, und man hat als Eltern überhaupt keinen Einfluss."

Links:

Merkblätter, Broschüren und Internetberatung der Polizei
Bundesprüfstelle für jugendgefährdenden Schriften
Chatten ohne Risiko / Leitfaden für Eltern und Pädagogen
Eltern-Medien-Trainer
Verbraucherzentrale: Internet-Abzocke bei Jugendlichen