Gefahr für die Einheit der EU

Enge Verbindung vom Kreml nach Athen

Von Gesine Dornblüth · 29.01.2015
Erstmals seit Beginn der Sanktionen gegen Russland scheint die Einheit der EU in dieser Frage ernsthaft gefährdet. Vertreter der neuen Regierung in Griechenland haben sich gegen Sanktionen ausgesprochen. Beobachter fürchten, dass Russland versucht die EU zu spalten.
Die russlandfreundlichen Äußerungen der neuen Regierung Griechenlands kommen nicht überraschend. Das Linksbündnis Syriza unterhält seit längerem Beziehungen zu Russland. Der neue Premier Alexis Tsipras besuchte im vergangenen Mai Moskau. Da war die Krim schon annektiert, andere EU-Vertreter mieden Russland. Der Grieche aber traf Putin-Vertraute wie die Vorsitzende des russischen Föderationsrates, Walentina Matwienko. Ihr Name steht auf den Sanktionslisten der USA und der EU. Matwienko empfing Tsipras mit den Worten:
"Für uns ist Griechenland ein strategischer Partner. Wir kennen Sie als einen Politiker, der für eine umfassende Entwicklung der griechisch-russischen Zusammenarbeit eintritt."
Tsipras forderte schon damals die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland. Vor wenigen Wochen reiste auch der jetzige Verteidigungsminister Griechenlands, Panos Kammenos, vom rechtspopulistischen Koalitionspartner nach Moskau. Auch er traf hochrangige russische Politiker. Nikos Kotzias wiederum, der neue Außenminister von der Syriza-Partei, ließ sich vor zwei Jahren mit dem rechtsnationalen russischen Ideologen Alexander Dugin fotografieren.
Russland pflegt den Kontakt zu EU-feindlichen Kräften in Europa. Der Kreml setzt dabei auf die europäische Rechte – der Front National in Frankreich erhielt einen Millionenkredit aus Russland – und auf die Linke gleichermaßen. Sergej Naryschkin, Sprecher der russischen Staatsduma, eröffnete die erste Sitzung des Parlaments nach der Winterpause mit den Worten:
"Seit Monaten opfern die Regierungen der EU-Mitgliedsländer ihre eigene Wirtschaft fremden Interessen und belügen ihre Bürger. Aber trotz der maßlosen Propaganda gibt es in den EU-Staaten immer mehr Menschen, die die Wahrheit erkennen. Die Duma wird ihre Kontakte zu allen vernünftigen und verantwortungsbewussten politischen Kräften im Ausland ausweiten."
Russland setzt auch rechte wie linke Kräfte, wenn sie EU-feindlich sind
Beobachter gehen davon aus, dass Russland versucht, die EU zu spalten – in der Hoffnung, unter anderem die Einigkeit in Bezug auf weitere Sanktionen gegen Russland zu brechen. Rhetorisch bemüht sich die russische Elite weiterhin, die Folgen der Sanktionen für die russische Wirtschaft herunterzuspielen. So sagte Valentina Matwienko vom Föderationsrat kürzlich, die Überlebensfähigkeit der russischen Wirtschaft sei nicht gefährdet.
"Vielleicht müssen wir den Haushalt 2015 korrigieren. Das ist aber kein Drama, keine Tragödie. Wir haben nach wie vor viele ineffektive Ausgaben, ohne die können wir das schwierige Jahr 2015 gut durchstehen."
Doch die Sanktionen haben – gemeinsam mit anderen ungünstigen Entwicklungen wie dem Ölpreisverfall - mittlerweile unübersehbare Spuren hinterlassen. Der Rubel hat im Laufe des vergangenen Jahres rund 40 Prozent seines Wertes eingebüßt, bei einer Inflation von mehr als 11 Prozent. Für dieses Jahr rechnen Experten mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 5 Prozent und mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Der erschwerte Zugang zu den Finanzmärkten bringt Russlands Banken und Energiekonzerne in Not. Der staatliche Gasproduzent Gazprom leidet zudem unter dem Gasstreit mit der Ukraine. Der Konzern gab heute Gewinneinbußen bekannt. Sie betrugen in den ersten neun Monaten 2014 35 Prozent.