Gefahr aus dem All

Möglichkeiten der Asteroidenabwehr

Animation eines Asteroiden, der auf die Erde stürzt.
Animation eines Asteroiden, der auf die Erde stürzt. © Imago / Science Photo Library
Von Dirk Lorenzen · 07.01.2016
Täglich treffen Tonnen kosmischen Materials auf die Erde – das meiste in Form von Staub. Doch sollte ein Objekt ein Durchmesser von 40 oder mehr Metern haben, kann ein Treffer ganze Landstriche verwüsten. Derart schlimme Treffer können Astronomen verhindern.
Am 5. März wird das Objekt 2013 TX68 in nur etwas mehr als Mondentfernung an der Erde vorbei ziehen – astronomisch gesehen fast schon ein Beinahezusammenstoß. Träfe der rund 40 Meter große Asteroid tatsächlich die Erde, so würde er einen bis zu 500 Meter großen Krater reißen und mit der Druckwelle des Einschlags ein Zigtausende Quadratkilometer großes Gebiet verwüsten. In einer dicht besiedelten Region wäre mit Millionen Opfern zu rechnen. Zwar wird das Objekt Anfang März sicher an der Erde vorbeiziehen – aber es ist nur eine Frage der Zeit, wann ein anderer Asteroid von diesen oder sogar noch größeren Ausmaßen mit der Erde zu kollidieren droht. Einen himmlischen Einschlag müssten wir allerdings nicht untätig hinnehmen, erklärt Steve Chesley, Astronom am JPL-Forschungszentrum der NASA in Kalifornien:
"Wir haben zwar noch nie Asteroiden abgelenkt, aber wir wissen, wie das geht. Man rammt das potentiell gefährliche Objekt mit einer Raumsonde. So wie ein Nagel etwas tiefer in die Wand rutscht, wenn man mit einem Hammer auf ihn haut, so rückt der Asteroid etwas zur Seite, wenn wir ihn mit einer Raumsonde beschießen."
Keine Sprengung wie im Hollywood-Film
"Ablenken, nicht Zerstören" lautet das Motto. Eine Sprengung wie in Hollywood-Filmen brächte kaum etwas – denn dann käme nicht ein Geschoss der Erde in die Quere, sondern eine ganze Schrotladung. Rammt dagegen eine kleine Raumsonde einen Asteroiden, so verändert sich dessen Bahn zwar bestenfalls um einige Meter. Doch im Laufe der Jahre weicht der Asteroid immer stärker von seinem ursprünglichen Kurs ab – die minimale Ablenkung schaukelt sich so zu Tausenden Kilometern auf. Genug, um im entscheidenden Moment an der Erde vorbei zu fliegen, anstatt auf ihr einzuschlagen. Doch diese Art der Weltrettung erfordert viel Weitsicht, betont der frühere Apollo-Astronaut Rusty Schweickart:
"Um etwas gegen einen Asteroiden zu tun, der die Erde bedroht, muss man sehr früh handeln – am besten Jahrzehnte im voraus. Planung, Bau und Flug dauern lange. Das werden schnell 30 oder 40 Jahre, wobei das konkrete Szenario bei jedem Asteroiden anders ist."
Die bislang von Raumsonden besuchten Asteroiden im Größenvergleich. 
Die bislang von Raumsonden besuchten Asteroiden im Größenvergleich. © NASA
Technisch gibt es kaum Hürden: Im Jahr 2005 hatte die NASA die Sonde Deep Impact, "heftiger Einschlag", in den Kometen Tempel 1 gerammt und so gezeigt, dass sich Raumsonden Zigmillionen Kilometer von der Erde entfernt präzise in schnell fliegende Himmelskörper steuern lassen. Wie effektvoll so ein Einschlag ist, hängt vor allem vom Aufbau des getroffenen Objekts ab. Besteht der Asteroid aus festem Gestein und Metall, ist ein Einschlag vielversprechend. Handelt es sich dagegen eher um eine recht lockere Zusammenballung von Eis und Geröll, kann der Einschlag einer Raumsonde ziemlich verpuffen. Steve Chesley setzt daher darauf, den Gegner beim kosmischen Katz- und Mausspiel erst einmal besser kennenzulernen – und schickt im September dieses Jahres eine Raumsonde zu einem besonders interessanten Asteroiden.
Bedrohlich: Bennu nährt sich der Erde
"OSIRIS-REx soll Materialproben des Asteroiden Bennu auf die Erde holen. Die Sonde wird nach drei Jahren Flug ihr Ziel erreichen. Anfangs untersucht OSIRIS-REx den Asteroiden in allen Details. Später setzt sie auf seiner Oberfläche auf, nimmt Proben und bringt diese nach Hause."
Einige der größeren Asteroiden im Asteroidengürtel (künstlerische Darstellung). 
Einige der größeren Asteroiden im Asteroidengürtel (künstlerische Darstellung). © ESO
Das Ziel ist gut gewählt: Der erdnahe Asteroid Bennu, benannt nach einer ägyptischen Gottheit, ähnelt in Bahn und Aufbau dem Meteoriten, der vor knapp drei Jahren die Stadt Tscheljabinsk getroffen hatte. Allerdings ist er mit 500 Metern Durchmesser viel größer. Noch ist Bennu völlig ungefährlich. Die Bahnberechnungen deuten jedoch an, dass er sich Ende des nächsten Jahrhunderts der Erde bedrohlich nähert. Dann könnte eine Rettungsmission nötig werden.
"We see no way other than the United Nations coming to grips with this challenge of how and when to deflect an asteroid."
Es sei Sache der Vereinten Nationen festzulegen, wie und wann ein Asteroid abzulenken sei, fordert Rusty Schweickart. Da gibt es heikle Fragen: Wären wir heute wirklich bereit, etwa eine Milliarde Euro auszugeben, um eine vage Bedrohung in siebzig Jahren abzuwenden? Nähme die Weltgemeinschaft einen Einschlag irgendwo in Zentralafrika eher hin als in Kalifornien? UNO-Gremien arbeiten an Empfehlungen, wie sich das Problem politisch behandeln lässt. Denn klar ist: Es geht nicht darum, ob die Erde wieder unter himmlischen Beschuss gerät – die Frage ist nur, wann das geschieht.
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