Gefährliches Teufelszeug

10.08.2007
Es war ein Zeitalter des Aufbruchs und der radikalen Erneuerung, das weltweit von revolutionärem Wandel geprägt war. Mike Evans zeichnet mit seinem Buch ein umfassendes, chronologisch aufgebautes Portrait der Rock'n'Roll-Ära. Faktenreich und höchst unterhaltsam.
Es war ein gewaltiger Schock für die Welt, als der Rock‘n'Roll in den fünfziger Jahren sein lärmendes Debüt gab. Die neue Musik klang schmutzig und gefährlich und galt als Teufelszeug, das die überwiegende Mehrheit der Erwachsenen am liebsten verboten gesehen hätte. Bis dahin war die populäre Musik eine angepasste, glattgebügelte Angelegenheit von sauberen und adretten jungen Frauen und Männern.

Der Rock‘n'Roll verursachte eine der nachhaltigsten Veränderungen gesellschaftlicher Zustände. Aber nicht nur in der Musik. Auch in der Literatur, der bildenden Kunst, der Mode und im Film brach man mit Konventionen und suchte nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Es war ein Zeitalter des Aufbruchs und der radikalen Erneuerung, das weltweit von revolutionärem Wandel geprägt war.

Der englische Autor, Musiker und Journalist Mike Evans zeichnet mit seinem Buch "Rock'n'Roll 1945-1963 - Chronik einer Revolution" ein umfassendes, chronologisch aufgebautes Portrait dieser Zeit, das von den ersten Anfängen Mitte der vierziger Jahre bis in die frühen sechziger Jahre reicht.

Die Vorläufer des Rock'n'Roll entwickelten sich in den vierziger Jahren aus dem schwarzen Rhtyhm & Blues, weißem Country & Western und Versatzstücken von Swing und Blues. Die ersten Songs, die man als Rock'n'Roll betrachten kann, waren in den frühen fünfziger Jahren zu hören. Rhythm & Blues-Künstler wie Fats Domino, Little Walter und Ike Turner waren dabei wichtige Impulsgeber.

Wollte man eine Art Geburtsdatum des Rock'n'Roll nennen, so wäre das wohl der 12. April 1954, als Bill Haley mit seinen Comets den Song "Rock Around The Clock" aufnahm. Der ehemalige Country & Western-Musiker Haley hatte damit zwar den ersten internationalen Hit des Rock'n'Roll, aber die Königskrone setzte sich ein anderer Sänger auf, den sie schon bald nur noch "The King" nannten - Elvis Aaron Presley.

Presley tauchte zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Songs und der richtigen Bühnenpräsenz auf. Er verursachte ein Erdbeben, das die alten Konventionen und konservativen Meinungen zum Einsturz brachte. Der Siegeszug des Rock'n'Roll war nun nicht mehr aufzuhalten und Künstler wie Chuck Berry, Little Richard, Carl Perkins und Buddy Holly verbuchten danach Welterfolge. Sie bereiteten die Basis für all das, was in den kommenden Jahrzehnten zur bestimmenden Musik des Jahrhunderts werden sollte.

Danach läuteten die Beatles eine neue Zeit ein und verdrängten den Rock'n'Roll aus den Hitparaden. Viele der später weltberühmten Bands und Musiker bauten ihre Hits auf den Grundakkorden des Rock'n'Roll auf. Rock Stars wie John Lennon, Mick Jagger oder Elton John haben den Rock'n'Roll stets als wichtigen Einfluss auf ihre eigene Karriere beschrieben.

Mike Evans hat mit "Rock'n'Roll 1945-1963 - Chronik einer Revolution" ein faktenreiches und höchst unterhaltsames Buch geschrieben, das eine der wichtigsten Phasen der Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts wiederauferstehen lässt. Evans schreibt dabei nicht nur über die Entwicklung der Musik und ihre Stars, sondern auch über die gesellschaftliche Situation in der der Rock'n'Roll entstand. Das Buch befasst sich mit Themen wie Rassenkrawallen, Fidel Castro und den ersten Schritten ins Weltall ebenso wie mit James Dean, den damaligen Modetänzen und Bikinischönheiten.

Neben die fundierten Texte hat der Autor eine große Anzahl Fotos, Plakate, Zeitungsausschnitte und Plattencover gesetzt, die diese Ära wunderbar bebildern und selbst jungen Lesern die Musik und die Zeit in der sie entstand nahe bringt. Ein Buch das man den Schulen als kulturgeschichtliches Buch empfehlen sollte.

Rezensiert von Uwe Wohlmacher

Mike Evans: Rock'n'Roll 1945-1963 - Chronik einer Revolution
Aus dem Englischen von Michael Sailer.
Collection Rolf Heyne, München 2007
288 Seiten, 39,90 Euro