Gefährliches Schönheitsideal

Das Geschäft mit gebleichter Haut in Afrika

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Werbung für hautbleichende Creme - eine Multimilliarden-Dollar-Industrie in Westafrika - auf einer Straße in Accra, Ghana im Jahr 2016. Ein Verbot der ghanaischen Regierung für einige Hautbleichmittel aus gesundheitlichen Gründen hat sich nicht auf die unzähligen Werbetafeln ausgeweitet, die die Botschaft vermitteln, dass weißere Haut schöner ist.
In Ghana hat man zwar hautbleichende Cremes mit gefährlichen Inhalten verboten, doch kann das weder den Schwarzmarkt noch die verinnerlichten vermeintlichen Schönheitsideale aufhalten. © laif / New York Times / Jane Hahn
Von Dunja Sadaqi · 27.07.2020
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Die Risikoliste der Spätfolgen reicht von Verätzungen, Leber- und Nierenschäden bis hin zu Hautkrebs. Trotz dieser Gefahr ist der Skin-Bleaching-Markt ein Milliardengeschäft. Selbst Frauen, die um die Gefahren wissen, können nicht widerstehen.
"Fairnesscreme", "fair and lovely" – so heißen die Cremes, die in Rabat in den großen Supermarktregalen stehen – direkt neben der Sonnencreme. Auf der Verpackung: eine Frau mit dunklerem Teint, daneben als Nachher-Bild die gleiche Frau mit hellerer Haut. Lächelnd.

Weiß ist schön – diese Botschaft verkaufen diese Cremes. Auch die 30-jährige Ikram Hansali aus der Hauptstadt Rabat hat diese Cremes im Badschrank.

"Das Bleichen der Haut macht einfach viel schöner, es sieht hübscher aus. Auf dem Gesicht, aber manchmal auch im Intimbereich. Ich habe angefangen sie zu benutzen, weil ich es nicht mag, wenn die Sonne meine Haut bräunt. Ich würde sagen: Weiße Haut ist ein Ideal geworden."
Die Nachfrage nach heller Haut sei groß, sagt die 38-jährige Atika Ben Cherif. Sie hat einen Schönheitssalon in Rabat. Helle, ebenmäßige Haut sei gefragt bei ihren Kundinnen.

"Ja, es gibt viele Frauen, die ihre Haut als Zeichen von Schönheit bleichen. Und das Bleichen steht für Reinheit und Anziehungskraft. Ihrer Meinung nach ist eine weiße Haut attraktiver."

Expertinnen und Experten sprechen von Rassismus und warnen vor den Cremes. Denn einige ihrer Inhaltsstoffe können krank machen. Die Risikoliste der Spätfolgen reicht von Verätzungen, Leber- und Nierenschäden bis hin zu Hautkrebs. Trotz dieser Gefahr ist der Skin-Bleaching-Markt ein Milliardengeschäft.

Gefahren sind bekannt, der Reiz bleibt

Das Problem sind aber nicht nur die Peelings, Seifen und Cremes, die vor allem Frauen in Supermärkten oder bei der Kosmetikerin erhalten können. Die marokkanische Studentin Ikram Hansali erzählt, dass viele auf günstige Produkte in den traditionellen Märkten zurückgreifen.

"Die Produkte in den großen Märkten, in den Parfümerien, sind deutlich günstiger als die pharmazeutischen Produkte oder als zum Dermatologen zu gehen. Sicher wissen wir, dass Hautbleichen gefährlich ist. Man muss einfach aufpassen, mit was man sie mischt oder dass man damit nicht in die Sonne geht. Auch wenn es gefährlich ist, versuche ich da aufzupassen."

Schönheit, Reinheit und Erfolg – dafür steht für viele in Marokko ein heller Teint. Dieses Bild wird auch vermittelt – im Stadtbild auf Werbeplakaten, in Film- und Fernsehen oder durch Influencerinnen mit Tausenden Followerinnen in sozialen Medien. Ob Nachrichtensprecherin, Schauspielerin oder Werbefigur für Telekommunikationskonzerne oder Putzmittel. Diese Personen haben immer helle Haut und das ist ein Problem, sagt die 21-jährige Intissar Essemlali, die in Rabat Medienwissenschaften studiert. Trotzdem wird sie selbst nicht aufhören, ihre Haut zu bleichen.

"Als ich aufwuchs, gab es keine Repräsentation für braun und schön sein – weder bei Promis noch auf dem Bildschirm. Auch Influencerinnen bewerben eine hellere Haut. In meinem Umfeld wurden immer die mit hellerer Haut als überlegener gegenüber denen mit dunklerer Haut dargestellt – speziell bei Frauen gilt es als viel weiblicher. Ich glaube, die Kolonialisierung spielt da eine große Rolle. Denn das ist ein Schönheitsideal, ein Konzept, dass die Europäer uns vermacht haben."

Verbot in Ghana

Da sogenannte Whitening Cremes schon längst in vielen afrikanischen Ländern verbreitet sind, regt sich in manchen aber auch Widerstand. Im Küstenstaat Ghana zum Beispiel hat man Produkte mit gefährlichen Inhalten verboten. Werbeplakate für solche Produkte und Aufheller-Pillen für Schwangere, um ihre Babys mit hellerer Haut zur Welt zu bringen, werden heiß diskutiert. Doch bislang können solche Gesetze weder den Schwarzmarkt noch die verinnerlichten vermeintlichen Schönheitsideale aufhalten.
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