Gedenkstätte in Kloster Irsee

Neues Konzept und Streit um ein Triptychon

07:04 Minuten
Michael Watzke im Gespräch mit Andrea Gerk · 19.05.2020
Audio herunterladen
Die Gedenkstätte für die Opfer der NS-Patientenmorde in Kloster Irsee wird neu gestaltet. Zuvor hatte es eine lange Debatte über ein Kunstwerk gegeben, das seit den 90er-Jahren an die Nazi-Gräuel erinnert hatte. Es wird nun nicht mehr gezeigt.
Die erste stationäre Psychiatrie in Schwaben wurde 1849 in Irsee errichtet. Nach dem "Euthanasie-Erlass" der Nazis wurde die Pflegeeinrichtung ab 1939 in eine Tötungsanstalt für "unwertes Leben" umgewandelt.
Mitte der 1990er-Jahre wurde im ehemaligen Leichenhaus der Pflegeanstalt Irsee, in der sogenannten Prosektur, eine Gedenkstätte für die Opfer eingerichtet. Sie gilt als höchst sanierungsbedürftig. Der Bezirkstag Schwaben hat nun dem Drei-Säulen-Konzept eines Fachbeirats zugestimmt.

Künstlerische Aufarbeitung der NS-Gräuel

Zuvor war intensiv über die Aufarbeitung der Gräuel durch die Künstlerin Beate Passow debattiert worden. Sie hatte ein Triptychon geschaffen, das bisher in dem Leichenhaus zu sehen war. Es habe die Gemüter erhitzt, weil es ein starkes, beeindruckendes und bewegendes Kunstwerk sei, das Betrachter auf vielen Ebenen angesprochen habe, sagt der Journalist Michael Watzke.
"Auf diesem Triptychon sind Kinder abgebildet, die extrem gelitten haben. Und sie sind fast in einer Kreuzigungshaltung abgebildet, und das im ehemaligen Kloster Irsee. Das reicht eigentlich schon. Dann kommt noch hinzu, dass die Kinder, die dort abgebildet sind, auch Hinterbliebene und Verwandte haben, die nicht einverstanden sind, dass diese Kinder dort so gezeigt werden. Beate Passow hat mit Leidenschaft und auch mit Verve dafür gekämpft, dass das Triptychon dort bleibt. Sie hat viele Münchner Künstler gefunden, die sie darin unterstützt haben. All das hat zu dieser hitzigen, leidenschaftlichen und manchmal auch verletzenden Debatte in den vergangenen Jahren geführt."

Nüchternes Konzept mit hohen Sanierungskosten

Das neue Konzept für die Gedenkstätte sei nun von einem Fachbeirat aus Experten der Medizingeschichte, Gedenkstättenarbeit, Kunstgeschichte, Psychiatrie und Angehörigen entwickelt worden, berichtet Watzke. Es bestehe aus den drei Säulen Gedenken, Information und Bildung und sei viel nüchterner als die Gestaltung bisher.
Die Prosektur soll demnach als historischer Gedenkraum erhalten werden, ein Informationsraum im Konventgebäude entstehen, um die Anstaltsgeschichte zu vermitteln. Auch das Schicksal einzelner Opfer soll dargestellt werden.
In einem Jahr soll das Konzept umgesetzt sein, sagt Watzke. "Das ist ein auch architektonisch aufwendiges Konzept. Die Prosektur ist ein baufälliges Gebäude. Das muss jetzt mit relativ hohen Kosten renoviert werden."
Das Triptychon werde nicht mehr ausgestellt werden, weil sich Angehörige dagegen ausgesprochen hätten. Für Stefan Raueiser, den Leiter des Bildunsgwerks Irsee, sei das bindend gewesen. Die Künstlerin Beate Passow wiederum habe ihm gesagt, dass sie darüber zwar enttäuscht sei, aber kein Öl mehr ins Feuer gießen wolle, berichtet Watzke.
(rja)
Mehr zum Thema