Geadelte Landschaft

Von Wolfram Nagel · 24.06.2005
Das Dresdner Elbtal, das im vergangenen Jahr zum Weltkulturerbe erklärt wurde, erhält nun die offizielle Urkunde in der sächsischen Landeshauptstadt. Aus diesem Anlass begibt sich die Pariser UNESCO-Kommission selbst auf Exkursion - zum Beispiel zu dem an der Elbe gelegenen Schlosspark Pillnitz.
Das Welterbe Dresdner Elbtal erstreckt sich vom flussabwärts in Richtung Radebeul liegenden Schlösschen Übigau über das historische Stadtzentrums und das Neustädter Königsufer bis Pillnitz, Oberpoyritz und dem Fischerdörfchen Söbringen am Oberlauf der Elbe. Den größten Genuss bietet eine Fahrt auf einem der neun historischen Raddampfer, technische Denkmale, die nunmehr selbst zum Weltkulturerbe gehören.
Auch die Pariser Welterbekommission hatte sich die in 800 Jahren gewachsene Dresdner Kulturlandschaft mit ihren breiten Uferwiesen, Schlössern, den Weinbergen, Winzer- und Fischerdörfern vom Raddampfer aus angesehen. Während das wieder aufgebaute barocke Zentrum seinerzeit keine Chance hatte, alleine auf die UNESCO-Liste zu kommen, wurde das Elbtal nun als ein ganz besonderes Natur- und Kulturerbe der Menschheit eingestuft - so Hans Heinrich Wrede, deutscher Botschafter bei der UNESCO und Vorsitzender des Exekutivrates:
"Die machen sich’s außerordentlich schwer, ehe sie ein Monument oder eine Kulturlandschaft auf die Liste aufnehmen. Es müssen schon Charakteristiken vorhanden sein, die es zu einer einmaligen, außergewöhnlichen Sache machen."
Welterbe der Menschheit ist eine hohe Auszeichnung. Vor allem aber ist dieser "Adelstitel" eine Verpflichtung, das Erbe auch zu pflegen. Deshalb hatte es sich beispielsweise die sächsische Staatsregierung nicht leicht gemacht, das Projekt ohne Widerspruch zu fördern. Man befürchtete wirtschaftlichen Stillstand im Elbtal.
Solche Bedenken konnten die Pariser Experten ausräumen. Sie charakterisieren Dresden als ein sich entwickelndes Welterbe.

Milbradt: "Mit der Region Dresden haben wir, bezogen auf die UNESCO, auch eine Pioniertat vor uns. Es geht nicht nur um die Anerkennung des Vergangenen, man muss auch immer wissen, wie die Zukunft bewerkstelligen muss ... "
Dies bedeutet, dass zum Beispiel eine Brücke am breiten Elbebogen gebaut werden darf. Voraussetzung ist: die Waldschlösschenbrücke muss sich elegant in die Landschaft einfügen. Gergard Glaser, ehemaliger Landeskonservator und Mitinitiator des Welterbeprojekts erinnert an das Blaue Wunder in Loschwitz:

"Das so genannte Blaue Wunder, eine Hängebrücke, die genauso bekämpft wurde zur Zeit ihrer Entstehung wie die Waldschlösschenbrücke. "
Ja heute sind die Dresdner stolz auf ihr Blaues Wunder, so stolz wie auf die Elbeschlösser Albrechtsberg, Lingnerschloss und Eckberg. Der Elbhangverein hatte nach der politischen Wende dafür gesorgt, dass das gesamte Gebiet zwischen Waldschlösschen und Pillnitz zum Flächendenkmal erklärt wurde. Mit Unterstützung einer Bürgerinitiative soll das Lingnerschloss nun für das Kuratorium Welterbe Dresden saniert und nutzbar gemacht werden. Reinhard Decker, Vorsitzender des Elbhangfest-Vereins Loschwitz:
"Es soll eine Begegnungsstätte werden für Touristen und für die Bürger selber. Wir wissen ja alle, dass muss noch sehr in die Bürgerschaft hinein getragen werden der Gedanke UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal. Das ist überhaupt noch nicht so richtig angekommen. "
Dazu soll an diesem Wochenende auch das 15. Elbhangfest beitragen. Es steht unter dem Motto: Nehmt hin die Welt! Rief Zeus von seinen Höhen. Gefeiert wird zwischen Schillerzitaten und nachgebildeten Welterbestätten wie die Akropolis. Die Berliner Kulturstaatsministerin Christina Weiss sieht in dem Dresdner Welterbe einen großen Imagegewinn für die ganze Republik.
"Diese Adelung ist unheimlich wichtig für Deutschland als Kulturnation, wie es sich nach außen präsentiert. Das Netzwerk aller dieser Weltkulturerbestätten ist ja ein Aushängeschild für uns. Und ich plädiere dafür, dass wir auch in Zukunft daran denken, dass das ja hoch attraktive Tourismuspunkte sind, mit denen man werben kann."
Dresden kann zwar mit den Elbeschlössern, der Frauenkirche, ja sogar mit den Schafen auf den Elbwiesen vor der Staatskanzlei werben, nicht aber mit dem Schlösschen Übigau. Nach der Wende von der Treuhand verkauft, steht dieses Kleinod des Dresdner Welterbes seit 15 Jahren leer und droht zu verfallen.
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