GDL-Vize wirft Bahn "Trickserei und Täuscherei" vor
Der stellvertretende Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, hat die angekündigten Streiks bei der Bahn als notwendiges Druckmittel verteidigt. Seine Gewerkschaft habe den ausgehandelten Entgelt-Tarifvertrag unterschrieben, sagte Weselsky im Deutschlandradio Kultur. Statt den Tarifkonflikt nun beizulegen, habe die Bahn-Führung Zusatzforderungen erhoben. Der Bahnvorstand handele verantwortungslos.
Jörg Degenhardt: Dem Land droht eine geradezu beispiellose Streikwelle. Heute kommt es auf fast allen großen Flughäfen zu Warnstreiks. In Berlin begann zudem ein unbefristeter Streik im öffentlichen Nahverkehr. Wir haben darüber berichtet. Und als wäre das noch nicht genug, droht ab dem kommenden Montag auch bei der Deutschen Bahn nochmals ein Totalstreik. Die Lokführergewerkschaft GDL will dann Nah- und Fernverkehr zum Erliegen bringen, sollte die Bahn bis dahin nicht den ausgehandelten Tarifvertrag unterzeichnen.
Eigentlich wähnten wir den Konflikt schon gelöst und alles in trockenen Tüchern. Nun müssen wir uns erneut damit beschäftigen. Fragen jetzt an Claus Weselsky, den stellvertretenden Vorsitzenden der GDL. Guten Morgen Herr Weselsky!
Claus Weselsky: Einen schönen guten Morgen!
Degenhardt: Bahnchef Mehdorn hat der GDL "Irrsinn" vorgeworfen. Warum greifen Sie gleich wieder zum schärfsten Mittel: zum Streik?
Weselsky: Unser Bahnchef ist dafür bekannt, dass er leicht über die Stränge schlägt, um das mal vorsichtig auszudrücken. Das ist also keine Überraschung für uns. Überraschend für uns ist, dass wir nach elf Monaten Tarifkonflikt einen fertig verhandelten, bis auf Punkt und Komma endverhandelten Lokführer-Tarifvertrag vorliegen haben und dass die Bahn seit ungefähr drei Wochen beginnt, zusätzlich zu diesem Lokführer-Tarifvertrag einen so genannten Grundlagen-Tarifvertrag einzufordern, in dem sie versucht, auf juristischem Wege die GDL für die Zukunft so zu binden, dass wir unsere Koalitionsfreiheit aufgeben müssen und dass diese tariflichen Forderungen, die wir in den letzten Monaten versucht haben umzusetzen, eine einmalige Angelegenheit auf Dauer bleiben würden.
Degenhardt: Sie haben Herrn Mehdorn angesprochen. Herr Schell ist aber im Umgang auch nicht gerade zimperlich. Ließe sich das Problem vielleicht mit anderen Leuten an der Verhandlungsspitze lösen?
Weselsky: Wissen Sie, wir haben alles versucht. Wir haben Verhandlungen auf jeder Ebene geführt, auch mit verschiedenen Ansprechpartnern. Das Problem in diesem Konzern ist ein ganz anderes: Es gibt offensichtlich in der Führungsspitze dieses Konzerns keine Bereitschaft, Fakten zu akzeptieren. Und Fakt ist, dass wir diesen Tarifvertrag erstreikt haben. Fakt ist auch, dass die Menschen davon ausgehen, dass der Tarifkonflikt beigelegt ist - spätestens nach der Einigung von elf Prozent bei Verkehrsminister Tiefensee. Auch das war für uns eine Ausgangsbasis, wo wir gesagt haben, okay, jetzt gibt es nur noch die Details zu verhandeln und dann haben wir das in Sack und Tüten. Jetzt sind wir so weit und jetzt kommt die Bahn mit Zusatzforderungen und sagt zu uns, wenn ihr das nicht unterschreibt, dann gibt es keinen Lokführer-Tarifvertrag. Deswegen können wir gar nicht anders reagieren als zu sagen, wenn unsere Leute diese 8 Prozent ab 01. März und 11 Prozent ab September nicht bekommen sollen, dann gehen sie auch wieder in den Streik.
Degenhardt: Ja gut, aber die Bahn muss doch auch darauf achten, dass der Entgelt-Tarifvertrag der GDL ins gesamte Tarifgefüge des Konzerns passt.
Weselsky: Nun gut, das passt er ja. Das ist ja unser Problem. Das was wir ausgehandelt haben, entspricht genau dem, was bisher miteinander besprochen worden ist. Die anderen beiden Gewerkschaften verhandeln ja jetzt gleichgelagert auch so genannte funktionsspezifische Tarifverträge für die anderen Beschäftigtengruppen. Insoweit hat sich die GDL an alles gehalten. Wir sind auch bereit, die Laufzeiten der Tarifverträge anzugleichen, um nicht zu jeder unterschiedlichen Zeit hier Tarifforderungen auf den Markt zu bringen, sondern gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften abgestimmte Tarifpolitik zu machen.
Degenhardt: Es gibt Leute, die werfen Ihnen vor, die Bahnbelegschaft spalten zu wollen.
Weselsky: Das sind alte Argumente. Wir können ganz klar sagen: Wenn es in den letzten zehn Jahren nie gelungen ist, eine vernünftige Einkommenspolitik zu fahren und Beschäftigte mit hoher Verantwortung wie die Lokomotivführer vernünftigen Arbeitszeiten zu unterwerfen und auch ein vernünftiges Entgelt zu schaffen, dann hat das mit Spaltung nichts zu tun, sondern es hat etwas mit Interessenvertretung zu tun. dass 80 Prozent der Lokführer von uns vertreten werden wollen, ist offensichtlich und hat nicht etwa was mit Spalten zu tun, sondern es hat etwas mit Koalitionsfreiheit zu tun.
Degenhardt: Wie steht es eigentlich bei Ihnen mit der Basis, mit der Stimmung an der Basis? Ich habe gelesen, es gibt durchaus Widerstand gegen einen unbefristeten Streik.
Weselsky: Wir sind davon überzeugt, dass unsere Basis das, was wir jetzt in Angriff genommen haben, genauso mit trägt wie die vorhergehenden Aktionen, denn das, was wir gemacht und tarifpolitisch umgesetzt haben, das ist von der Basis, das ist von ihnen gewollt: besseres Einkommen und bessere Arbeitszeiten. Wenn das jetzt vom Arbeitgeber in Frage gestellt wird, dann folgt uns auch die Basis für Montag, wenn wir zu Arbeitskämpfen aufrufen.
Degenhardt: Das heißt die Basis ist schon ein wenig unzufrieden, dass das ausgehandelte Gehalt, die Erhöhung wieder auf der Kippe steht, aber Sie geben die Schuld der Bahn?
Weselsky: Die Basis ist mehr als unzufrieden. So eine Rumzockerei und - wie soll man sagen - so eine Trickserei und Täuscherei wie in diesem Tarifkonflikt haben wir als GDL, aber das haben wahrscheinlich andere Gewerkschaften bisher auch noch nicht erlebt. Unsere Mitglieder sind es leid, hier zur Manipulationsmasse des Arbeitgebers gemacht zu werden. Und jetzt die Frage zu beantworten, gibt es denn nun 8 Prozent ab 01. März oder nicht? Wenn das mit Nein beantwortet wird, gehen die Leute ganz klar auf die Straße und sagen "Schluss damit".
Degenhardt: Das machen ja derzeit schon andere. Ich habe es eingangs erwähnt: ver.di-Warnstreiks in Kindertagesstätten, bei der Müllabfuhr, bei der BVG oder auf Flughäfen. Viele Menschen in Deutschland werden auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Überschätzen Sie nicht die Leidensfähigkeit der Bürger? Verspielen Sie nicht auch Sympathien, wenn Sie jetzt auch noch ab Montag dann sehr wahrscheinlich zum Äußersten greifen?
Weselsky: Das ist uns bewusst, dass wir dieses Risiko haben. Es war auch nie unsere Absicht, erstens den Tarifkonflikt über fast ein ganzes Jahr zu ziehen. Sie kennen die Hintergründe. Das war ein sehr langer Leidensweg mit Gerichtsprozessen und allem Drum und Dran. Es war nie unsere Absicht, jetzt in die Zeit zu kommen, in der der öffentliche Dienst auch streikt. Sie müssen die Arbeitgeberseite schon ganz klar fragen, ob sie sich der Situation, des Ernstes dieser Situation bewusst sind. Da reicht es eben nicht, wenn der Vorstandsvorsitzende durch diese Republik ruft, dass es alles Wahnsinn ist. Das muss er für sich in Anspruch nehmen.
Offensichtlich ist die Führung dieses Konzerns nicht mehr ganz auf dem, was man Verantwortungsbewusstsein nennt. Ich glaube, an der Stelle haben sie Nachholbedarf und müssen dafür Sorge tragen, dass sie sich bewusst sind, was sie hier verursachen, denn wir haben den Tarifvertrag unterschrieben und am Montagabend beim Arbeitgeber abgegeben. Es bedarf der Unterschrift dieses Vorstandsvorsitzenden und dann ist der Tarifkonflikt aus der Welt und wir müssen nicht die Wirkung der Warnstreiks im öffentlichen Dienst noch verstärken.
Eigentlich wähnten wir den Konflikt schon gelöst und alles in trockenen Tüchern. Nun müssen wir uns erneut damit beschäftigen. Fragen jetzt an Claus Weselsky, den stellvertretenden Vorsitzenden der GDL. Guten Morgen Herr Weselsky!
Claus Weselsky: Einen schönen guten Morgen!
Degenhardt: Bahnchef Mehdorn hat der GDL "Irrsinn" vorgeworfen. Warum greifen Sie gleich wieder zum schärfsten Mittel: zum Streik?
Weselsky: Unser Bahnchef ist dafür bekannt, dass er leicht über die Stränge schlägt, um das mal vorsichtig auszudrücken. Das ist also keine Überraschung für uns. Überraschend für uns ist, dass wir nach elf Monaten Tarifkonflikt einen fertig verhandelten, bis auf Punkt und Komma endverhandelten Lokführer-Tarifvertrag vorliegen haben und dass die Bahn seit ungefähr drei Wochen beginnt, zusätzlich zu diesem Lokführer-Tarifvertrag einen so genannten Grundlagen-Tarifvertrag einzufordern, in dem sie versucht, auf juristischem Wege die GDL für die Zukunft so zu binden, dass wir unsere Koalitionsfreiheit aufgeben müssen und dass diese tariflichen Forderungen, die wir in den letzten Monaten versucht haben umzusetzen, eine einmalige Angelegenheit auf Dauer bleiben würden.
Degenhardt: Sie haben Herrn Mehdorn angesprochen. Herr Schell ist aber im Umgang auch nicht gerade zimperlich. Ließe sich das Problem vielleicht mit anderen Leuten an der Verhandlungsspitze lösen?
Weselsky: Wissen Sie, wir haben alles versucht. Wir haben Verhandlungen auf jeder Ebene geführt, auch mit verschiedenen Ansprechpartnern. Das Problem in diesem Konzern ist ein ganz anderes: Es gibt offensichtlich in der Führungsspitze dieses Konzerns keine Bereitschaft, Fakten zu akzeptieren. Und Fakt ist, dass wir diesen Tarifvertrag erstreikt haben. Fakt ist auch, dass die Menschen davon ausgehen, dass der Tarifkonflikt beigelegt ist - spätestens nach der Einigung von elf Prozent bei Verkehrsminister Tiefensee. Auch das war für uns eine Ausgangsbasis, wo wir gesagt haben, okay, jetzt gibt es nur noch die Details zu verhandeln und dann haben wir das in Sack und Tüten. Jetzt sind wir so weit und jetzt kommt die Bahn mit Zusatzforderungen und sagt zu uns, wenn ihr das nicht unterschreibt, dann gibt es keinen Lokführer-Tarifvertrag. Deswegen können wir gar nicht anders reagieren als zu sagen, wenn unsere Leute diese 8 Prozent ab 01. März und 11 Prozent ab September nicht bekommen sollen, dann gehen sie auch wieder in den Streik.
Degenhardt: Ja gut, aber die Bahn muss doch auch darauf achten, dass der Entgelt-Tarifvertrag der GDL ins gesamte Tarifgefüge des Konzerns passt.
Weselsky: Nun gut, das passt er ja. Das ist ja unser Problem. Das was wir ausgehandelt haben, entspricht genau dem, was bisher miteinander besprochen worden ist. Die anderen beiden Gewerkschaften verhandeln ja jetzt gleichgelagert auch so genannte funktionsspezifische Tarifverträge für die anderen Beschäftigtengruppen. Insoweit hat sich die GDL an alles gehalten. Wir sind auch bereit, die Laufzeiten der Tarifverträge anzugleichen, um nicht zu jeder unterschiedlichen Zeit hier Tarifforderungen auf den Markt zu bringen, sondern gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften abgestimmte Tarifpolitik zu machen.
Degenhardt: Es gibt Leute, die werfen Ihnen vor, die Bahnbelegschaft spalten zu wollen.
Weselsky: Das sind alte Argumente. Wir können ganz klar sagen: Wenn es in den letzten zehn Jahren nie gelungen ist, eine vernünftige Einkommenspolitik zu fahren und Beschäftigte mit hoher Verantwortung wie die Lokomotivführer vernünftigen Arbeitszeiten zu unterwerfen und auch ein vernünftiges Entgelt zu schaffen, dann hat das mit Spaltung nichts zu tun, sondern es hat etwas mit Interessenvertretung zu tun. dass 80 Prozent der Lokführer von uns vertreten werden wollen, ist offensichtlich und hat nicht etwa was mit Spalten zu tun, sondern es hat etwas mit Koalitionsfreiheit zu tun.
Degenhardt: Wie steht es eigentlich bei Ihnen mit der Basis, mit der Stimmung an der Basis? Ich habe gelesen, es gibt durchaus Widerstand gegen einen unbefristeten Streik.
Weselsky: Wir sind davon überzeugt, dass unsere Basis das, was wir jetzt in Angriff genommen haben, genauso mit trägt wie die vorhergehenden Aktionen, denn das, was wir gemacht und tarifpolitisch umgesetzt haben, das ist von der Basis, das ist von ihnen gewollt: besseres Einkommen und bessere Arbeitszeiten. Wenn das jetzt vom Arbeitgeber in Frage gestellt wird, dann folgt uns auch die Basis für Montag, wenn wir zu Arbeitskämpfen aufrufen.
Degenhardt: Das heißt die Basis ist schon ein wenig unzufrieden, dass das ausgehandelte Gehalt, die Erhöhung wieder auf der Kippe steht, aber Sie geben die Schuld der Bahn?
Weselsky: Die Basis ist mehr als unzufrieden. So eine Rumzockerei und - wie soll man sagen - so eine Trickserei und Täuscherei wie in diesem Tarifkonflikt haben wir als GDL, aber das haben wahrscheinlich andere Gewerkschaften bisher auch noch nicht erlebt. Unsere Mitglieder sind es leid, hier zur Manipulationsmasse des Arbeitgebers gemacht zu werden. Und jetzt die Frage zu beantworten, gibt es denn nun 8 Prozent ab 01. März oder nicht? Wenn das mit Nein beantwortet wird, gehen die Leute ganz klar auf die Straße und sagen "Schluss damit".
Degenhardt: Das machen ja derzeit schon andere. Ich habe es eingangs erwähnt: ver.di-Warnstreiks in Kindertagesstätten, bei der Müllabfuhr, bei der BVG oder auf Flughäfen. Viele Menschen in Deutschland werden auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Überschätzen Sie nicht die Leidensfähigkeit der Bürger? Verspielen Sie nicht auch Sympathien, wenn Sie jetzt auch noch ab Montag dann sehr wahrscheinlich zum Äußersten greifen?
Weselsky: Das ist uns bewusst, dass wir dieses Risiko haben. Es war auch nie unsere Absicht, erstens den Tarifkonflikt über fast ein ganzes Jahr zu ziehen. Sie kennen die Hintergründe. Das war ein sehr langer Leidensweg mit Gerichtsprozessen und allem Drum und Dran. Es war nie unsere Absicht, jetzt in die Zeit zu kommen, in der der öffentliche Dienst auch streikt. Sie müssen die Arbeitgeberseite schon ganz klar fragen, ob sie sich der Situation, des Ernstes dieser Situation bewusst sind. Da reicht es eben nicht, wenn der Vorstandsvorsitzende durch diese Republik ruft, dass es alles Wahnsinn ist. Das muss er für sich in Anspruch nehmen.
Offensichtlich ist die Führung dieses Konzerns nicht mehr ganz auf dem, was man Verantwortungsbewusstsein nennt. Ich glaube, an der Stelle haben sie Nachholbedarf und müssen dafür Sorge tragen, dass sie sich bewusst sind, was sie hier verursachen, denn wir haben den Tarifvertrag unterschrieben und am Montagabend beim Arbeitgeber abgegeben. Es bedarf der Unterschrift dieses Vorstandsvorsitzenden und dann ist der Tarifkonflikt aus der Welt und wir müssen nicht die Wirkung der Warnstreiks im öffentlichen Dienst noch verstärken.