GDL schließt weitere Streiktage nicht aus
Die Lokführergewerkschaft GDL wirft der Deutschen Bahn Täuschungsmanöver vor. So sei der Öffentlichkeit mit dem Angebot der Bahn vorgetäuscht worden, dass die GDL nicht einigungsbereit sei, erklärte der stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende Günther Kinscher. Stattdessen sei damit aber nichts erreicht worden. Kinscher schloss weitere Streiks nicht aus.
Pindur: Es ist wieder so weit. Besonders im Norden Deutschlands müssen sich Hunderttausende von Pendlern auf einen Streik der Lokführer im Regionalbereich einstellen. Schwerpunkt sind laut GDL Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und besonders betroffen ist Mecklenburg-Vorpommern, weil es hier so gut wie keine verbeamteten Lokführer gibt, die wenigstens einen Rumpfbetrieb aufrechterhalten könnten. Wir sind jetzt verbunden mit Günter Kinscher. Er ist stellvertretender GDL-Vorsitzender. Guten Morgen, Herr Kinscher!
Kinscher: Einen wunderschönen guten Morgen!
Pindur: Zunächst einmal die Frage, die viele Bahnkunden interessieren wird: Streiken Sie nur heute oder auch morgen?
Kinscher: Das werden wir spätestens am heutigen Nachmittag der Öffentlichkeit mitteilen.
Pindur: Sie haben ja eigentlich einiges erreicht. Die Bahn hat Ihnen das Mandat zugebilligt, für die Lokführer zu verhandeln, 10 Prozent Lohnerhöhung, ein wenig Mehrarbeit, eine pauschale Einmalabgeltung von Überstunden in Höhe von 2.000 Euro. Das ist im Vergleich zu den sonstigen Lohnerhöhungen eine ganze Menge und unser Reporter am Hannoveraner Hauptbahnhof hat vor einer halben Stunde noch berichtet, die Stimmung unter den Bahnkunden drehe sich deutlich wahrnehmbar gegen den Streik. Fürchten Sie nicht, dass Ihnen die öffentliche Unterstützung bald wegbricht?
Kinscher: Also, zum Ersten, wir haben überhaupt nichts erreicht. Wir haben weder das, was Mehdorn unterschrieben hat in dem Moderationspapier Geißler/Biedenkopf, dass wir einen eigenständigen Tarifvertrag bekommen, haben wir erreicht noch über das hinaus, was Transnet und GDBA abgeschlossen haben, die berühmten 4,5 Prozent mit 600 Euro Einmalzahlung, da haben wir auch nichts erreicht. Alles andere, was die Bahn vorgibt, ist eine absolute Mogelpackung. Alles andere, was fließen soll an den sogenannten Einmalzahlungen, fließt nur dann, wenn die Mitarbeiter erstens Überstunden haben in der Größenordnung über 100 Stunden - dann können sie nämlich 1.400 Euro mehr bekommen – und wenn sie bereit sind, in Zukunft zwei Stunden pro Woche länger zu arbeiten. Es ist gar nichts! Und hier versucht der Bahnvorstand ganz deutlich – und das ist ein Stück der Taktik -, hier der GDL die Schuld zuzuweisen, dass sie uns hervorragende Angebote gegeben haben, um somit – genau das, was Sie gerade angesprochen haben – die Kunden auf die Palme zu bringen und der GDL hier zuzuschieben, dass sie zu Unrecht Streiks provoziert. Da ist nichts dran!
Pindur: Die Mediation besagt, die GDL erhält das alleinige Mandat, für die Lokführer zu verhandeln. Und das eigenständige Tarifergebnis soll sich dann aber konflikt- und widerspruchsfrei in das Tarifwerk der Bahn einordnen. Das wäre doch mit dem jüngsten Vorschlag der Bahn möglich. Warum gehen Sie trotzdem nicht darauf ein?
Kinscher: Das ist es eben nicht. Da muss man den Inhalt des Tarifvertrages kennen und der Inhalt ist so konstruiert, dass wir uns in dem Tarifvertrag ohne Transnet null bewegen können. Wir können null in Zukunft entscheiden, ob wir mehr Geld haben wollen. Wir können null entscheiden, ob wir an der Arbeitszeit etwas verändern wollen. Hier sind die Kündigungsfristen so abgestimmt, dass wir allein nicht kündigen können, sondern immer nur gemeinsam mit Transnet. Das hat nun mit Eigenständigkeit überhaupt nichts zu tun. Hier wird der Öffentlichkeit vorgetäuscht, dass die GDL nicht möchte, und das ist mittlerweile eine Riesensauerei!
Pindur: Zunächst einmal muss man ja festhalten, dass schon die Erhöhung, die die Transnet und die GDBA ausgehandelt haben, von 4,5 Prozent deutlich über dem liegt, was die meisten Arbeitnehmer bekommen. Und dann stellt sich auch eine weitere Frage: Wenn das für Sie so ein Problem ist, warum haben Sie dann der Mediation überhaupt erst zugestimmt, wenn Sie die Ergebnisse der Mediation für unerfüllbar halten?
Kinscher: Nein, das ist doch nicht unerfüllbar. Mehdorn hält sich nicht daran. Wir haben uns an die Mediation gehalten. Wir haben ja die Forderung nach einem Tarifvertrag für das Fahrpersonal aus Lokomotivführer abgespeckt. Wir sind ja auf den Bahnvorstand zugegangen. Nur er hält sich doch nicht daran. Er hat offensichtlich Zeit gewonnen, um uns hier über mehrere Wochen in die Friedenspflicht zu zwingen über mehrere Wochen. Das war sein taktisches Kalkül.Um noch mal darauf zurückzukommen: die Transnet ist doch offensichtlich mit den 4,5 Prozent mittlerweile auch nicht mehr zufrieden, weil die Mitarbeiter aufbegehren. Die haben doch mit dem Mehdorn – und da muss man hinzusagen, was in den letzten Tagen über die Ticker gelaufen ist – offensichtlich mit Rücksicht auf Mehdorns Börsengang haben sie noch nicht das gefordert, was sie eigentlich hätten bekommen können. Die haben doch noch nicht mal richtig dafür gestreikt.
Pindur: Wo wäre denn die Möglichkeit zum Kompromiss für Sie gegeben, denn langsam muss man sich ja auch mal auf einen Kompromiss zubewegen?
Kinscher: Mehdorn soll das erfüllen, was er zweimal jetzt schon gesagt hat. Einmal hat er es unterschrieben bei der Meditation, einmal in dem Gespräch mit Aufsichtsrat Müller. Es ist dort zum Vorschein gekommen, jawoll, die GDL, so wie es niedergeschrieben ist, hat über einen eigenständigen Tarifvertrag zu verhandeln. Alles andere über die Inhalte, das ist kein Dogma, was wir gefordert haben. Darüber lässt sich verhandeln. Aber als Erstes muss das Angebot rüberkommen und dann sind wir sofort bereit, die Streiks zu beenden. Mehdorn hat es in der Hand, es zu beenden, und es ist leider so: Offensichtlich hat der Nahverkehr, die Kunden, die Pendler keine Lobby. Dürften wir im Güterverkehr streiken, dürften wir im Fernverkehr streiken, dort, wo es Mehdorn richtig Geld kosten würde, dann wäre dieser Zirkus innerhalb von einem Tag beendet, wenn wir einen Tag streiken würden. Diesen Druck brauchen wir. Wir brauchen endlich das Widerspruchsverfahren, dass das Widerspruchsverfahren in Chemnitz läuft und dass wir dort gewinnen. Und wir sind sehr zuversichtlich!
Pindur: Ich entnehme jetzt Ihrer Empörung, dass aller Voraussicht nach morgen weitergestreikt wird?
Kinscher: Das liegt im Bereich des Möglichen, das muss ich leider sagen.
Pindur: Vielen Dank für das Gespräch. – Günter Kinscher, stellvertretender GDL-Vorsitzender, zum Stand der Dinge beim Tarifkonflikt bei der Bahn.
Kinscher: Einen wunderschönen guten Morgen!
Pindur: Zunächst einmal die Frage, die viele Bahnkunden interessieren wird: Streiken Sie nur heute oder auch morgen?
Kinscher: Das werden wir spätestens am heutigen Nachmittag der Öffentlichkeit mitteilen.
Pindur: Sie haben ja eigentlich einiges erreicht. Die Bahn hat Ihnen das Mandat zugebilligt, für die Lokführer zu verhandeln, 10 Prozent Lohnerhöhung, ein wenig Mehrarbeit, eine pauschale Einmalabgeltung von Überstunden in Höhe von 2.000 Euro. Das ist im Vergleich zu den sonstigen Lohnerhöhungen eine ganze Menge und unser Reporter am Hannoveraner Hauptbahnhof hat vor einer halben Stunde noch berichtet, die Stimmung unter den Bahnkunden drehe sich deutlich wahrnehmbar gegen den Streik. Fürchten Sie nicht, dass Ihnen die öffentliche Unterstützung bald wegbricht?
Kinscher: Also, zum Ersten, wir haben überhaupt nichts erreicht. Wir haben weder das, was Mehdorn unterschrieben hat in dem Moderationspapier Geißler/Biedenkopf, dass wir einen eigenständigen Tarifvertrag bekommen, haben wir erreicht noch über das hinaus, was Transnet und GDBA abgeschlossen haben, die berühmten 4,5 Prozent mit 600 Euro Einmalzahlung, da haben wir auch nichts erreicht. Alles andere, was die Bahn vorgibt, ist eine absolute Mogelpackung. Alles andere, was fließen soll an den sogenannten Einmalzahlungen, fließt nur dann, wenn die Mitarbeiter erstens Überstunden haben in der Größenordnung über 100 Stunden - dann können sie nämlich 1.400 Euro mehr bekommen – und wenn sie bereit sind, in Zukunft zwei Stunden pro Woche länger zu arbeiten. Es ist gar nichts! Und hier versucht der Bahnvorstand ganz deutlich – und das ist ein Stück der Taktik -, hier der GDL die Schuld zuzuweisen, dass sie uns hervorragende Angebote gegeben haben, um somit – genau das, was Sie gerade angesprochen haben – die Kunden auf die Palme zu bringen und der GDL hier zuzuschieben, dass sie zu Unrecht Streiks provoziert. Da ist nichts dran!
Pindur: Die Mediation besagt, die GDL erhält das alleinige Mandat, für die Lokführer zu verhandeln. Und das eigenständige Tarifergebnis soll sich dann aber konflikt- und widerspruchsfrei in das Tarifwerk der Bahn einordnen. Das wäre doch mit dem jüngsten Vorschlag der Bahn möglich. Warum gehen Sie trotzdem nicht darauf ein?
Kinscher: Das ist es eben nicht. Da muss man den Inhalt des Tarifvertrages kennen und der Inhalt ist so konstruiert, dass wir uns in dem Tarifvertrag ohne Transnet null bewegen können. Wir können null in Zukunft entscheiden, ob wir mehr Geld haben wollen. Wir können null entscheiden, ob wir an der Arbeitszeit etwas verändern wollen. Hier sind die Kündigungsfristen so abgestimmt, dass wir allein nicht kündigen können, sondern immer nur gemeinsam mit Transnet. Das hat nun mit Eigenständigkeit überhaupt nichts zu tun. Hier wird der Öffentlichkeit vorgetäuscht, dass die GDL nicht möchte, und das ist mittlerweile eine Riesensauerei!
Pindur: Zunächst einmal muss man ja festhalten, dass schon die Erhöhung, die die Transnet und die GDBA ausgehandelt haben, von 4,5 Prozent deutlich über dem liegt, was die meisten Arbeitnehmer bekommen. Und dann stellt sich auch eine weitere Frage: Wenn das für Sie so ein Problem ist, warum haben Sie dann der Mediation überhaupt erst zugestimmt, wenn Sie die Ergebnisse der Mediation für unerfüllbar halten?
Kinscher: Nein, das ist doch nicht unerfüllbar. Mehdorn hält sich nicht daran. Wir haben uns an die Mediation gehalten. Wir haben ja die Forderung nach einem Tarifvertrag für das Fahrpersonal aus Lokomotivführer abgespeckt. Wir sind ja auf den Bahnvorstand zugegangen. Nur er hält sich doch nicht daran. Er hat offensichtlich Zeit gewonnen, um uns hier über mehrere Wochen in die Friedenspflicht zu zwingen über mehrere Wochen. Das war sein taktisches Kalkül.Um noch mal darauf zurückzukommen: die Transnet ist doch offensichtlich mit den 4,5 Prozent mittlerweile auch nicht mehr zufrieden, weil die Mitarbeiter aufbegehren. Die haben doch mit dem Mehdorn – und da muss man hinzusagen, was in den letzten Tagen über die Ticker gelaufen ist – offensichtlich mit Rücksicht auf Mehdorns Börsengang haben sie noch nicht das gefordert, was sie eigentlich hätten bekommen können. Die haben doch noch nicht mal richtig dafür gestreikt.
Pindur: Wo wäre denn die Möglichkeit zum Kompromiss für Sie gegeben, denn langsam muss man sich ja auch mal auf einen Kompromiss zubewegen?
Kinscher: Mehdorn soll das erfüllen, was er zweimal jetzt schon gesagt hat. Einmal hat er es unterschrieben bei der Meditation, einmal in dem Gespräch mit Aufsichtsrat Müller. Es ist dort zum Vorschein gekommen, jawoll, die GDL, so wie es niedergeschrieben ist, hat über einen eigenständigen Tarifvertrag zu verhandeln. Alles andere über die Inhalte, das ist kein Dogma, was wir gefordert haben. Darüber lässt sich verhandeln. Aber als Erstes muss das Angebot rüberkommen und dann sind wir sofort bereit, die Streiks zu beenden. Mehdorn hat es in der Hand, es zu beenden, und es ist leider so: Offensichtlich hat der Nahverkehr, die Kunden, die Pendler keine Lobby. Dürften wir im Güterverkehr streiken, dürften wir im Fernverkehr streiken, dort, wo es Mehdorn richtig Geld kosten würde, dann wäre dieser Zirkus innerhalb von einem Tag beendet, wenn wir einen Tag streiken würden. Diesen Druck brauchen wir. Wir brauchen endlich das Widerspruchsverfahren, dass das Widerspruchsverfahren in Chemnitz läuft und dass wir dort gewinnen. Und wir sind sehr zuversichtlich!
Pindur: Ich entnehme jetzt Ihrer Empörung, dass aller Voraussicht nach morgen weitergestreikt wird?
Kinscher: Das liegt im Bereich des Möglichen, das muss ich leider sagen.
Pindur: Vielen Dank für das Gespräch. – Günter Kinscher, stellvertretender GDL-Vorsitzender, zum Stand der Dinge beim Tarifkonflikt bei der Bahn.