Gary Victor: "Im Namen des Katers"

Von Saufgelage zu Saufgelage

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Gary Victor: Im Namen des Katers
Gary Victor: "Im Namen des Katers". © picture-alliance / dpa / Litradukt
Von Sonja Hartl · 08.03.2019
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Voodoo, Selbstjustiz und Katzenfleisch: Gary Victors neuer Haiti-Krimi ist noch düsterer als seine Vorgänger. Erneut schickt er Kommissar Azémar in ein irres Abenteuer und porträtiert schonungslos das Leben im Inselstaat. Nur für starke Nerven.
Es ist ein furchtbarer Alptraum, der Inspektor Dieuswalwe Azémar immer wieder quält: Er hält eine Machete in der Hand, holt aus und schlägt einem in Sand gegrabenen Opfer den Kopf ab. Ohne zu zögern, denn längst hat er keine Gewalt mehr über seinen Geist oder Körper. Diesen Alptraum hat er, seit ihm der Magier Landeng einen "garde" unter die Haut genäht hat, einen Schutzzauber, der ihm Kraft verleihen sollte und nun selbst etwas einfordert: In fünf Tagen soll der Alptraum Realität werden.
Zuvor muss Azémar sich in Gary Victors "Im Namen des Katers" mit zwei Fällen beschäftigen, die beide etwas mit Katzen zu tun haben: Zum einen treibt offenbar ein Serienmörder sein Unwesen, der Alkoholiker tötet, die eine bekannte Vorliebe für Katzenfleisch haben. Und zum anderen scheint ausgerechnet jetzt Georges entführt worden zu sein – der Kater einer einflussreichen Dame, mit dem so manche Geheimnisse verbunden sind.

Ein Albtraum namens Haiti

"Im Namen des Katers" ist ein wahnsinniges Buch, das von der ersten Seite nicht nur in Azémars Alpträume, sondern auch den Alptraum namens Haiti zieht, in dem sich Gary Victors Inspektor nun schon seit drei Büchern zu behaupten versucht. Mit Alkohol als einzigem Halt stemmt er sich der Abwärtsspirale des Landes entgegen, aber der Sog und die Auswüchse des durch und durch korrupten Systems sind zu groß.
Und nicht nur das: Auch Azémar muss dafür zahlen, dass er sich mit der Politik, mit der Justiz, mit den mächtigen Magiern des Landes anlegt, dass er Selbstjustiz übt – womöglich im Sinne der Gerechtigkeit, aber dennoch tötet er, vorzugsweise durch einen Schuss in den Kopf. Doch obwohl ihm an seinem eigenen Leben nicht sonderlich viel liegt, weiß er doch, dass er überleben muss – für seine Ziehtochter und für die wenigen Menschen, die ihm etwas bedeuten.

Mit grausamem Humor

In "Im Namen des Katers" ist alles noch etwas irrsinniger und düsterer als in den vorherigen Azémar-Romanen: die Fälle, das Vodoo, Suff und die Sühne. Mit grausamem Humor entlarvt Victor gesellschaftliche Fehlentwicklungen und Missstände: Gangkriminalität, Drogenhandel oder Machtverteilungskämpfe in der Regierung. Dafür muss sein Inspektor schon einmal an einem Saufgelage teilnahmen, das allein beim Lesen Übelkeit verursacht. Aber das ist es eben, was diesem aufrechten Polizisten bleibt: der Alkohol und die Gewalt.

Gary Victor, "Im Namen des Katers"
Aus dem Französischen von Peter Trier,
Litradukt, 2019, 168 Seiten, 12 Euro.

Gary Victor ist mit "Im Namen des Katers" im Monat März auf Rang 3 der Krimibestenliste platziert.
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