Garantierte Exklusivität

Von Thomas Migge |
Das sonst eher verschlafene Cortona, das noch kein Opfer des toskanischen Massentourismus geworden ist, präsentiert sich dieser Tage als quirliges Städtchen, in dem man - unglaublich aber wahr - in den nächsten Tagen Weltstars wie dem Sopran Anna Netrebko oder dem international berühmten Violinisten Joshua Bell über den Weg laufen kann. Das Tuscan Sun Festival findet in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Auch Lang Lang wird auftreten und Mozart sowie Strawinsky spielen.
Die Fahrt auf den Hügel von Cortona kann nicht idyllischer sein. Vorbei geht es mit dem Wagen an schlanken Zypressen und Weinfeldern und der Blick geht in die Ferne, in ein Tal, über und über mit Weinreben bestückt.

In diesen Tagen ist das Parken auf der Piazza Signorelli nicht möglich. Auf den von Renaissancepalästen und anderen historischen Gebäuden umstellten Platz erhebt sich eine Bühne. Davor stehen einige hundert Sitzplätze. Man sollte außerhalb parken, denn das sonst eher verschlafene Cortona, das noch kein Opfer des toskanischen Massentourismus geworden ist, präsentiert sich als quirliges Städtchen, in dem man, unglaublich aber wahr, in den nächsten Tagen Weltstars wie dem Sopran Anna Netrebko oder dem international berühmten Violinisten Joshua Bell über den Weg laufen kann. In einer Kaffeebar, in einem Restaurant oder in einer der pittoresken Gassen, weiß der chinesische Klavierpianist Lang Lang zu berichten:

"Mein Konzert hier in Cortona macht mir große Freude. Hier herrscht eine Festivalatmosphäre, wie man sie sonst nur sehr selten noch antrifft. Musik und Kultur, Landschaft und das mondäne Ambiente vermischen sich und bieten den Besuchern wie auch den Musikern eine ungemein stimulierende Mischung. In so einem Ort fällt es mir leicht die Menschen mit meiner Musik zu beglücken."

Das "Tuscan Sun Festival" findet in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Auch Lang Lang wird auftreten und Mozart sowie Strawinsky spielen Während es in Deutschland eher unbekannt ist, buchen Musikliebhaber aus den USA schon Monate im voraus ihre Flüge und Hotelzimmer sowie Ferienwohnungen und Villen, um in der Zeit zwischen dem 4. und 20. August auch garantiert ein freies Bett zu finden.

Das Festival hat eine kuriose Geschichte und die fängt mit Francis Mayes ein. Die Amerikanerin ist Autorin eines Weltbestsellers. Ihr Roman "Under the tuscan sun" erzählt die Geschichte einer frustierten Amerikanerin, die nach Italien reist, in die Toskana, und sich dort verliebt. Eine heiter-seichte Geschichte, die in den USA einen Run auf Cortona auslöste, wo sich Frances Mayes schließlich niederließ. In dem Städtchen gründete sie zusammen und mit der tatkräftigen Unterstützung einflussreicher und wohlhabender Landsleute das "Tuscan Sun Festival". Ihre ausgezeichneten Kontakte zu amerikanischen Musikagenten und Produzenten erlaubt es ihr große Namen nach Cortona zu holen.

Neben Joshua Bell unter anderem auch den Stardirigenten Antonio Pappano, Generalmusikdirektor der Accademia di Santa Cecilia in Rom und des Opernhauses Covent Garden in London:

"Als junger Mann habe ich auch in Cocktail-Lounges gespielt, um mir ein wenig Geld zu verdienen. Diese improvisierte Art Musik zu machen, das finden Sie auch hier während des Festivals. Sicherlich, es ist alles gut organisiert, aber der Umstand, dass ich hier verschiedene Künstler in einer wirklich entspannten Atmosphäre treffen kann, zum Beispiel in einem Restaurant, führt dazu, dass wir einfach so zuammen spielen, improvisieren und das Publikum, das zufällig vorbeikommt, ganz begeistert ist."

Dem "Tuscan Sun Festival" ist es auch dieses Jahr wieder gelungen prominente Musiker ins ländliche Cortona zu holen. Neben dem Chamber Orchestra des Covent Garden spielen das Russische Nationalorchester und die New European Strings sowie die Zuckerman Chamber Players. Es singen unter anderem der fantastische Mezzosopran Susan Graham und der Bariton Dimitri Hvorostovsky. Neben der Musik werden auch verschiedene Kunstausstellungen in historischen Gebäuden präsentiert.

Das Besondere dieses Festivals: Es erinnert an die goldenen Jahre des "Festival dei due Mondi" im umbrischen Spoleto. Der italoamerikanische Komponist Gian Carlo Menotti gründete es als Mix aus Musik und Jet-set vor 49 Jahren. Heute wirkt es, was den mondänen Hintergrund angeht, ein wenig blass. Ganz anders sieht es in Cortona aus, weiß der prominente Kunsthistoriker Vittorio Sgarbi, einer der Habitues des Festivals:

"Es zeigt heute von Ignoranz immer neue Festivals zu gründen, die sich alle ähneln. In Cortona ist das anders. Es gibt Cocktails und Buffets vor und nach den Veranstaltungen. Man kann die Musiker kennenlernen, mit ihnen plaudern. Alles vollzieht sich in einer eleganten Atmosphäre."

Einziger Nachteil des Festivals: die Preise. Sie sind alles andere als volksnah und auch die Hoteliers und Restaurantbesitzer sind da nicht zimperlich. Wohl wissend, dass das Gros des Publikums viele Dollar sehr locker sitzen hat.