"Ganz oder gar nicht"

Von Axel Flemming · 19.12.2011
Hasso Plattner, Mitbegründer der Software-Schmiede SAP, gilt als einer der bedeutendsten privaten Wissenschaftsförderer in Deutschland. Aber er engagiert sich auch für die Kulturförderung. In Potsdam hat er Geld für die komplette Fassade des Stadtschlosses gespendet.
Hasso Plattner zeigt Präsenz in Potsdam, auch wenn er gar nicht da ist. Er sorgt dafür, dass das Stadtschloss von außen "in altem Glanz" wieder erstrahlen kann. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Knobelsdorffbau von Bomben getroffen und brannte aus. Die SED hatte einst beschlossen, das Symbol des ihr verhassten preußischen Militarismus abzureißen statt wiederaufzubauen.

"Ich hab mich versucht in die Lage zu versetzen‚ wie ist das in 50 Jahren? Und wie werden Leute in 50 Jahren bewerten, was die Leute in 2007/8 entschieden haben? Und dass sie entschieden haben, einmal das Ding abzureißen – eine falsche Entscheidung, kann man nicht korrigieren mehr. Aber es falsch wieder aufzubauen, das steht dann 200 Jahre."

Jahrzehnte der Diskussion brauchte es, bis sich Potsdam überhaupt dazu durchringen konnte das Schloss neu zu errichten. Helmuth Markov, Finanzminister von Brandenburg, bei der Grundsteinlegung:

"Und dann möchte ich noch ganz herzlich Herrn Professor Plattner begrüßen, dem wir natürlich zu verdanken haben, dass dieser Landtagsneubau in den äußeren Umrissen und so nah es geht an dem ehemaligen Original gebaut wird, dank seiner enorm großzügigen Spende in Höhe von 20 Millionen Euro."

20 Millionen dafür, dass im Zentrum der Landeshauptstadt von Brandenburg nicht nur ein neuer Bau "in der alten Kubatur", also den Um- und Aufrissen gebaut wird, sondern dass die Sandstein-Fassade auch wieder ungefähr so aussieht, wie zu Zeiten der Preußenkönige. Daran Schuld ist der ehemalige Finanzminister Rainer Speer, schmunzelt Plattner:

"Ich hab dem Herrn Speer gesagt ‚Ich mach ein sportliches Angebot, sag mir, was das extra kostet und ich zahl die Hälfte und die andere Hälfte kommt von den Bürgern.’ Und da hat der Speer gesagt, ‚das kannst Du vergessen, entweder machste es ganz oder gar nicht!’"

Plattner macht es ganz! Und legt sogar noch einen drauf. Zwar ist das billigere Zinkdach schon bestellt, da springt Plattner noch einmal in die Bresche und spendiert eine weitere Million für das teurere Edelmetall Kupfer. Und Markov hat ein Problem: Wohin mit dem alten Material?

"Jetzt wollen wir erst einmal versuchen, das Zink wieder zu verkaufen. Und wenn wir’s verkauft haben, wissen wir, wie viel wir weniger bekommen haben, als wir dafür bezahlt haben. Und danach können wir uns darüber unterhalten, welche gravierenden Mehrkosten das im Verhältnis zu dem gesamten Bau sind."

Hasso Plattner wird am 21. Januar 1944 in Berlin geboren, wächst in Berlin-Grunewald auf und lernt die Liebe zum Havelland über das Wasser, auch wenn wirklich eigene Erinnerungen an Potsdam spärlich sind:

"Als ich vier Jahre alt war, hatten wir eine H-Jolle. Mit Klappmast. Und mit der sind wir bis nach Potsdam reingesegelt. Und eine ganz vage Vorstellung vom Griebnitzsee. Die ist aber wirklich so eine Kindheitserinnerung, ein Flash und dann ist sie weg."

Plattner studiert nach dem Abitur 1963 an der Universität Karlsruhe Nachrichtentechnik, arbeitet 1968 bei IBM, bis er 1972 das Softwareunternehmen SAP gründet. Bis 2003 ist Plattner Vorstandsvorsitzender, danach Vorsitzender des Aufsichtsrats. Sein Vermögen schätzt das Forbes Magazine auf ungefähr sieben Milliarden US-Dollar, damit gilt er als einer der reichsten Deutschen. So viel Geld kann man nur schwerlich allein ausgeben.

Im Sommer 1998 stiftet er in Potsdam das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik (HPI). Informatiker sollen nicht nur Software-Tüftler sein, sondern Software-Architekten, die den Überblick über das große Ganze behalten. Plattner finanziert das HPI nicht nur komplett mit bisher mehr als 200 Millionen Euro, sondern engagiert sich dort auch in Forschung und Lehre. Der 67-Jährige ist seit 2002 Ehrendoktor, seit 2004 Honorarprofessor der Universität Potsdam.

"Deswegen ist es so wichtig, dass wir hier alle Schichten der Softwarebauer zusammen bekommen und mal von allen Seiten gucken, was wir machen können, wie wir es machen können, was wir kurzfristig, mittelfristig und was wir langfristig machen können. Bis hin zur kompletten Neuprogrammierung von den Systemen, die wir in den letzten 30/40 Jahren gebaut haben."

Wenn er in Potsdam ist, wohnt Hasso Plattner in seinem 1.400 Quadratmeter großen Anwesen am Griebnitzsee. Das Gebäude darauf entwarf der Architekt Mies van der Rohe als Haus Urbig – einer der Mitinhaber der Deutschen Bank. Das Haus streifte nach dem Zweiten Weltkrieg der Hauch der Geschichte. Es war während der Verhandlungen zum Potsdamer Abkommen Sitz des britischen Premierministers Winston Churchill. Seine Freizeit verbringt Plattner gern mit Hochseesegeln und Golf. Mit dem Segeln in Potsdam ist es nicht so leicht. Die Stadtverwaltung verweigert ihm die Genehmigung für ein Bootshaus, weshalb er sie verklagt.

"Man verrennt sich hier manchmal. Da kann man nun nix machen. Da müsst ihr nun mit leben. Ich bin ja kein Potsdamer. Also, ich seh’ das relativ gelassen. Aber sonst geht’s doch ganz gut. Also, wenn alle Städte in Deutschland so viel Sorgen hätten wie Potsdam, dann wäre die Bundesrepublik noch ein ganzes Stück besser dran."

Plattner verknüpft Wirtschaft und Wissenschaft schon seit vielen Jahren, weit über Potsdam und Deutschland hinaus. Mit der Stanford University in den USA richtet er das "Hasso Plattner Institute of Design" ein, ausgestattet mit 35 Millionen Dollar. Solch Mäzenatentum ist in den USA durchaus verbreitet, in Deutschland in dieser Höhe dagegen beispiellos.
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