Gahler: Mord an Bhutto wird ausgenutzt
Einen Monat vor der Wahl in Pakistan hat der Chef-Wahlbeobachter der Europäischen Union, Michael Gahler, von einer Instrumentalisierung des Mordes an Benazir Bhutto berichtet. Alle Parteien würden versuchen, die Ermordung der Oppositionsführerin für ihre Kampagnen zu nutzen, sagte der Europaabgeordnete.
Birgit Kolkmann: Eigentlich hätte in Pakistan vor einer Woche gewählt werden sollen. Doch nach dem politischen Attentat auf Benazir Bhutto ist das Land immer noch in Aufruhr, die Wahlen verschoben und die Sorge groß, dass Pakistans Demokratisierung nicht vorankommt, das Land stattdessen immer mehr zum Rückzugs- und Ausbildungsgebiet für Terrororganisationen wie El Kaida werden könnte. Im Nordwesten des Landes wird seit Wochen gekämpft und die pakistanische Armee rühmt sich, mehr als 40 Extremisten getötet zu haben. Zugleich gibt es Streit um die Aufklärung der Todesumstände Bhuttos am 27. Dezember. Seit Anfang des Jahres haben auch die Wahlbeobachter der EU in Pakistan ihre Arbeit aufgenommen. Deren Chef ist der Europa-Abgeordnete Michael Gahler von der EVP. Er ist gerade zurück aus Pakistan und jetzt am Telefon der Ortszeit. Schönen guten Morgen!
Michael Gahler: Ja, guten Morgen!
Kolkmann: Herr Gahler, wie groß ist nach Ihrem Eindruck die Unruhe im Land?
Gahler: Die Unruhe im Land ist ja nicht erst durch die Ermordung von Benazir Bhutto ausgelöst worden. Sie haben eben bereits die Kämpfe im Nordwesten angesprochen. Die sind jetzt nicht wahlbezogen. Letztlich muss man feststellen, dass das Land in den 60 Jahren seiner Staatlichkeit nie dauerhaft stabil geworden ist. Wir haben über die Jahrzehnte sowohl eine Kette von gewalttätigen Regierungswechseln erlebt als auch aktuell jetzt eben die Kämpfe mit El Kaida verbündeten Stämmen im Grenzgebiet zu Afghanistan. Und diese nicht wahlbezogene Gewalttätigkeit wird dann ergänzt durch die Auseinandersetzungen der Parteien, die eine, mit europäischen Maßstäben gemessen, doch sehr gewalttätige Tradition auch hat. Man hat auch keine Tradition, sage ich mal, des Anerkenntnis einer politischen Niederlage. Jeder einzelne Wahlkreisabgeordnete, der findet dann eine Wahl als frei und fair, wenn er gewonnen hat, und die anderen rufen dann aber Wahlbetrug. Und insgesamt ist bei jedem Wahlkampf in Pakistan bisher sehr viel Gewalttätigkeit mit im Spiel gewesen.
Kolkmann: Haben Sie den Eindruck, dass das Attentat auf Benazir Bhutto jetzt auch im Wahlkampf instrumentalisiert wird, vor allen Dingen, wenn wir jetzt sprechen über die Frage, ob sie noch einmal exhumiert werden soll, um ihre Todesursache eindeutig festzustellen?
Gahler: Wir stellen fest, dass auch diese Frage von den Parteien unterschiedlich instrumentalisiert wird. Das ist in der Tat so. Jede Partei versucht, aus diesem Vorfall natürlich ihren Vorteil zu ziehen. Ihre eigene hofft da auf Sympathiewerbungen. Und die anderen Parteien, je nachdem, ob sie bis jetzt zur Regierung oder zur Opposition gehören, sind auch daran interessiert, aus den Ergebnissen möglicherweise einer Exhumierung dann Vorteile zu ziehen. Aber es wird wohl im Ergebnis auch keine Exhumierung geben, weil die Familie nicht zustimmt.
Kolkmann: Wie läuft denn aus Ihrer Sicht und Ihrer Beurteilung die Vorbereitung der Wahlen?
Gahler: Ja, die Wahl war in Teilen des Landes durch die Unruhen behindert worden. In bis zu 13 Wahlbezirken waren die Wahlkreis-, die Gebietsrechenzentren und Zählzentren zerstört worden. Das wird bis zum Wahltag am 18. Februar wiederhergestellt sein. Es gibt eine Wählerliste, auch auf CD, auch für die Parteien. Die ist unzulänglich, weil es eine Kombination einer alten Liste von 2002 ist und einer Liste derer, die schon bereits einen computerlesbaren Ausweis haben. Da kann es durchaus sein, dass Menschen zweimal auf der Liste vorkommen. Aber der entscheidende Punkt ist aus meiner Sicht, dass Transparenz im Wahlkreis herrscht. Wir haben das britische System eines Wahlkreissiegers. Es gibt keinen zentralen Computer, der die Wahlergebnisse etwa in der Hauptstadt noch mal vielleicht verändern könnte, wie wir das in Kenia gesehen haben. Und Transparenz vor Ort heißt ganz konkret: Ergebnis im Wahllokal bekannt geben, aber auch dort, wo der, ich sage mal in deutschen Worten, Kreiswahlleiter die Ergebnisse für einen Wahlkreis zusammenzählt. Und das haben ja auch konkret schon die EU-Botschafter zum Beispiel in einem Brief vom 13. Dezember gefordert. Transparenz ist der entscheidende Punkt.
Kolkmann: Wie haben Sie Ihre Arbeit dementsprechend angepasst? Heißt das, dass es EU-Wahlbeobachter in jedem Kreis geben wird?
Gahler: Nein, wir haben natürlich nicht in jedem Wahlkreis Beobachter. Aber es gibt EU-Wahlbeobachter. Es gibt viele zivilgesellschaftliche Gruppen. Es gibt dort eine Gruppe, ein Netzwerk für freie und faire Wahlen. Die wollen ein doppeltes Zählen, parallel zum offiziellen Zählausgang wollen die das auch durchführen. Es sind ja in jedem Wahllokal Vertreter der Parteien dort und der Zivilgesellschaft. Und wir machen das stichprobenartig und auch nicht nur am Wahltag. Wir beobachten über Wochen jetzt derzeit die Situation in den Wahlkreisen. Wir sprechen mit Parteien, mit Medien, mit der Zivilgesellschaft, um einen Gesamteindruck zu bekommen. Und daraus ergibt sich ja noch unser Gesamturteil. Wir reduzieren es bewusst nicht nur auf den Wahlakt als solchen.
Kolkmann: Wird eigentlich befürchtet, dass Sie als EU-Wahlbeobachter nicht unparteiisch genug sein könnten, dass Sie möglicherweise auch Spielball der verschiedenen Kräfte werden könnten?
Gahler: Das versuchen die verschiedenen Parteien so. Ich habe natürlich mit allen Parteiführungen gesprochen, auch mit dem Präsidenten. Und die drei Parteien, mit denen ich bisher gesprochen habe, die organisieren dann anschließend eine spontane "Pressekonferenz" in Anführungsstrichen und versuchen natürlich, jeder, mir irgendetwas zu entlocken, was sie auf ihre Mühlen leiten können. Das wird ihnen nicht gelingen. Wir sagen, dass wir Sachen feststellen, Behauptungen zur Kenntnis nehmen. Aber wir beobachten einen Prozess. Wir bewerten ihn nicht in der Öffentlichkeit vor der Wahl. Das machen wir nach der Wahl. Wir sind dazu da zu sehen, ob die Regierung ihre Gesetze einhält, wie die Regelungen eben sind. Aber wir sind jetzt nicht dazu da, öffentlich Noten zu vergeben vor der Wahl. Das ist nicht unsere Aufgabe.
Michael Gahler: Ja, guten Morgen!
Kolkmann: Herr Gahler, wie groß ist nach Ihrem Eindruck die Unruhe im Land?
Gahler: Die Unruhe im Land ist ja nicht erst durch die Ermordung von Benazir Bhutto ausgelöst worden. Sie haben eben bereits die Kämpfe im Nordwesten angesprochen. Die sind jetzt nicht wahlbezogen. Letztlich muss man feststellen, dass das Land in den 60 Jahren seiner Staatlichkeit nie dauerhaft stabil geworden ist. Wir haben über die Jahrzehnte sowohl eine Kette von gewalttätigen Regierungswechseln erlebt als auch aktuell jetzt eben die Kämpfe mit El Kaida verbündeten Stämmen im Grenzgebiet zu Afghanistan. Und diese nicht wahlbezogene Gewalttätigkeit wird dann ergänzt durch die Auseinandersetzungen der Parteien, die eine, mit europäischen Maßstäben gemessen, doch sehr gewalttätige Tradition auch hat. Man hat auch keine Tradition, sage ich mal, des Anerkenntnis einer politischen Niederlage. Jeder einzelne Wahlkreisabgeordnete, der findet dann eine Wahl als frei und fair, wenn er gewonnen hat, und die anderen rufen dann aber Wahlbetrug. Und insgesamt ist bei jedem Wahlkampf in Pakistan bisher sehr viel Gewalttätigkeit mit im Spiel gewesen.
Kolkmann: Haben Sie den Eindruck, dass das Attentat auf Benazir Bhutto jetzt auch im Wahlkampf instrumentalisiert wird, vor allen Dingen, wenn wir jetzt sprechen über die Frage, ob sie noch einmal exhumiert werden soll, um ihre Todesursache eindeutig festzustellen?
Gahler: Wir stellen fest, dass auch diese Frage von den Parteien unterschiedlich instrumentalisiert wird. Das ist in der Tat so. Jede Partei versucht, aus diesem Vorfall natürlich ihren Vorteil zu ziehen. Ihre eigene hofft da auf Sympathiewerbungen. Und die anderen Parteien, je nachdem, ob sie bis jetzt zur Regierung oder zur Opposition gehören, sind auch daran interessiert, aus den Ergebnissen möglicherweise einer Exhumierung dann Vorteile zu ziehen. Aber es wird wohl im Ergebnis auch keine Exhumierung geben, weil die Familie nicht zustimmt.
Kolkmann: Wie läuft denn aus Ihrer Sicht und Ihrer Beurteilung die Vorbereitung der Wahlen?
Gahler: Ja, die Wahl war in Teilen des Landes durch die Unruhen behindert worden. In bis zu 13 Wahlbezirken waren die Wahlkreis-, die Gebietsrechenzentren und Zählzentren zerstört worden. Das wird bis zum Wahltag am 18. Februar wiederhergestellt sein. Es gibt eine Wählerliste, auch auf CD, auch für die Parteien. Die ist unzulänglich, weil es eine Kombination einer alten Liste von 2002 ist und einer Liste derer, die schon bereits einen computerlesbaren Ausweis haben. Da kann es durchaus sein, dass Menschen zweimal auf der Liste vorkommen. Aber der entscheidende Punkt ist aus meiner Sicht, dass Transparenz im Wahlkreis herrscht. Wir haben das britische System eines Wahlkreissiegers. Es gibt keinen zentralen Computer, der die Wahlergebnisse etwa in der Hauptstadt noch mal vielleicht verändern könnte, wie wir das in Kenia gesehen haben. Und Transparenz vor Ort heißt ganz konkret: Ergebnis im Wahllokal bekannt geben, aber auch dort, wo der, ich sage mal in deutschen Worten, Kreiswahlleiter die Ergebnisse für einen Wahlkreis zusammenzählt. Und das haben ja auch konkret schon die EU-Botschafter zum Beispiel in einem Brief vom 13. Dezember gefordert. Transparenz ist der entscheidende Punkt.
Kolkmann: Wie haben Sie Ihre Arbeit dementsprechend angepasst? Heißt das, dass es EU-Wahlbeobachter in jedem Kreis geben wird?
Gahler: Nein, wir haben natürlich nicht in jedem Wahlkreis Beobachter. Aber es gibt EU-Wahlbeobachter. Es gibt viele zivilgesellschaftliche Gruppen. Es gibt dort eine Gruppe, ein Netzwerk für freie und faire Wahlen. Die wollen ein doppeltes Zählen, parallel zum offiziellen Zählausgang wollen die das auch durchführen. Es sind ja in jedem Wahllokal Vertreter der Parteien dort und der Zivilgesellschaft. Und wir machen das stichprobenartig und auch nicht nur am Wahltag. Wir beobachten über Wochen jetzt derzeit die Situation in den Wahlkreisen. Wir sprechen mit Parteien, mit Medien, mit der Zivilgesellschaft, um einen Gesamteindruck zu bekommen. Und daraus ergibt sich ja noch unser Gesamturteil. Wir reduzieren es bewusst nicht nur auf den Wahlakt als solchen.
Kolkmann: Wird eigentlich befürchtet, dass Sie als EU-Wahlbeobachter nicht unparteiisch genug sein könnten, dass Sie möglicherweise auch Spielball der verschiedenen Kräfte werden könnten?
Gahler: Das versuchen die verschiedenen Parteien so. Ich habe natürlich mit allen Parteiführungen gesprochen, auch mit dem Präsidenten. Und die drei Parteien, mit denen ich bisher gesprochen habe, die organisieren dann anschließend eine spontane "Pressekonferenz" in Anführungsstrichen und versuchen natürlich, jeder, mir irgendetwas zu entlocken, was sie auf ihre Mühlen leiten können. Das wird ihnen nicht gelingen. Wir sagen, dass wir Sachen feststellen, Behauptungen zur Kenntnis nehmen. Aber wir beobachten einen Prozess. Wir bewerten ihn nicht in der Öffentlichkeit vor der Wahl. Das machen wir nach der Wahl. Wir sind dazu da zu sehen, ob die Regierung ihre Gesetze einhält, wie die Regelungen eben sind. Aber wir sind jetzt nicht dazu da, öffentlich Noten zu vergeben vor der Wahl. Das ist nicht unsere Aufgabe.