Gärten für die Elbinsel
Südlich von Hamburg, auf der größten Flussinsel Europas inmitten der Elbe, liegt Wilhelmsburg - ein Stadtteil der Gegensätze: Industrieflächen und Hafenanlagen grenzen an Naturreservate und Wohnviertel mit hohem Ausländeranteil. Die Internationale Bauausstellung 2013 soll die Elbinsel attraktiver machen. Schon im Vorfeld gibt es eine Ausstellung zum Verhältnis von Kultur und Natur.
Ein Apfelbäumchen, Erdbeeren, Sonnenblumen und Salbei: Susan Leibovitz-Steinman verwandelt den trostlosen Vorplatz der S-Bahnstation Wilhelmsburg in einen blühenden Garten. Die Künstlerin aus Kalifornien verschönert die betonierte Fläche mit Weidenkörben und Kunststoffkästen, aus denen Pflanzen sprießen:
"In jeder Kiste ist eine Mischung verschiedener Pflanzen. Jeder, der so einen Kasten oder auch nur einen Wäschekorb hat, kann darin einen richtig guten Garten anlegen."
Vor fünf Tagen hat sie begonnen, ihre Pflanzenkisten aufzubauen. Bisher - erzählt sie - hat niemand etwas gestohlen oder demoliert.
"Das ist ein Riesenerfolg! Vielleicht wird die Installation zerstört... Das kann passieren, wenn man als Künstler im öffentlichen Raum arbeitet. Mein Erfolgsrezept ist es, die Leute aus der Nachbarschaft einzubeziehen. Sie müssen wissen, dass es ihr Garten ist. Alles - Pfefferschoten, Erdbeeren und Äpfel - darf gepflückt und gegessen werden."
Mit Guerilla-Gardening hat Susan Leibovitz-Steinman nichts zu tun. Ihr temporärer Garten ist behördlich genehmigt.
"Ich lebe in den USA in einer sehr trockenen Gegend. Da ist, wenn ich einen Garten anlege, Wasser ein großes Thema. Aber: Seit ich in Hamburg bin, regnet es Tag für Tag auf mich nieder. Um die Bewässerung muss ich mir hier keine Sorgen machen."
Susan Leibovitz-Steinman ist eine der Künstlerinnen, die während des Elbinsel-Sommers 2008 in Wilhelmsburg Projekte verwirklichen. Anke Harmann und Harald Lemke haben die Ausstellung kuratiert:
"Uns war es wichtig, dass Künstler nicht kommen und einfach ihre Werke hier abwerfen und dann wieder wegfliegen. Wir wollten, dass die Künstler hierher kommen und sich die Zeit nehmen, die Zeit haben, um die ganze Komplexität, die mit der Stadtentwicklung Wilhelmsburg verbunden ist, aufzuarbeiten, zu erforschen und daraufhin tatsächlich, wenn es geht, konkrete Lösungen anzubieten oder aber einfach daraus eine Position zu entwickeln."
Das Critical Art Ensemble aus Buffalo richtet den Fokus auf die Flüsse und Kanäle, die den Stadtteil durchziehen.
"Wir haben Leute, die die Wasserwege zum Angeln, Schwimmen oder Paddeln nutzen, gefragt, ob sie daran interessiert wären, mit uns gemeinsam das Wasser zu testen. Die meisten haben begeistert mitgemacht."
Das Verfahren ist einfach, erklärt Steven Kurtz vom Critical Art Ensemble: An Teststreifen, die ins Wasser getaucht werden, können die Anwohner die Belastung mit Schwermetallen, Pestiziden und Bakterien ablesen.
"Wir wollen den Leuten zeigen, wie sie ihren Lebensraum selbst kontrollieren können. Sie brauchen nicht darauf zu warten, dass die Stadt, die Behörden oder irgendwelche Wissenschaftler aktiv werden. Mit unserem Test-Set können sie das Wasser selbst untersuchen und herausfinden, wo sie ohne Bedenken angeln und schwimmen können."
Im südlichen Arm der Elbe, haben die Tests ergeben, ist das Wasser kaum belastet:
"Aber ich würde keinen Fisch essen, der aus den Kanälen kommt. Erst recht nicht aus denen mit Schiffsverkehr."
Folgen hemmungsloser industrieller Nutzung des Stadtteils. Auf Schautafeln am Rand der Wasserwege gibt das Critical Art Ensemble Auskunft über seine Untersuchungsergebnisse. Was unterscheidet das Kunstprojekt von einer Naturschutzaktion?
"Ich weiß gar nicht, ob es da einen Unterschied gibt. Wir sehen uns auch nicht als reine Künstler. In unserer Arbeit mischen sich Wissenschaft, Politik, Kulturtheorie, Kunst und Design. Wir verknüpfen das alles zu einem kulturellen Ereignis, das unmittelbare Auswirkungen auf den Ort hat, an dem wir arbeiten."
Das gilt auch für die anderen Künstler, die Anke Harmann und Harald Lemke nach Wilhelmsburg eingeladen haben. Darunter die argentinische Gruppe Ala Plastica und die Hamburger Künstlerin Nana Petzet.
In der sogenannten Tonne - einem Glaspavillon am Vehringkanal - haben die Ausstellungskuratoren ein Archiv eingerichtet, in dem ältere Arbeiten von Künstlern zu sehen sind, die sich mit ökologischen Problemen der Stadt beschäftigen. Der bekannteste von ihnen: Joseph Beuys. In den 80er Jahren wollte er die kontaminierten Spülfelder im Hafengebiet bepflanzen. Ein Projekt, das nie verwirklicht wurde:
""Und gleichzeitig wollte Beuys eine Stiftung gründen, um die ganze Thematik einer Ökologisierung der Stadtgesellschaft Hamburg voranzutreiben. Mit Mitteln einer Kooperation von Umweltschützern, Politikern, Künstlern, Anwohnern. Das liegt alles 20 Jahre zurück. Wir finden: Es ist hochaktuell","
meint Kurator Harald Lemke. In der Tonne am Vehringkanal bekommen die Ausstellungsbesucher Karten, auf denen die Schauplätze der Kunstprojekte verzeichnet sind.
Die Tour, vorbei an Containerterminals und Industrieanlagen, Arbeitersiedlungen und idyllischen Wildwuchsflächen, ist ein Abenteuer - bei dem es sich empfiehlt, den Verkehr im Auge zu behalten. Andernfalls läuft man Gefahr, von einem der vielen Laster überrollt zu werden, denen in Wilhelmsburg die Straßen gehören.
"In jeder Kiste ist eine Mischung verschiedener Pflanzen. Jeder, der so einen Kasten oder auch nur einen Wäschekorb hat, kann darin einen richtig guten Garten anlegen."
Vor fünf Tagen hat sie begonnen, ihre Pflanzenkisten aufzubauen. Bisher - erzählt sie - hat niemand etwas gestohlen oder demoliert.
"Das ist ein Riesenerfolg! Vielleicht wird die Installation zerstört... Das kann passieren, wenn man als Künstler im öffentlichen Raum arbeitet. Mein Erfolgsrezept ist es, die Leute aus der Nachbarschaft einzubeziehen. Sie müssen wissen, dass es ihr Garten ist. Alles - Pfefferschoten, Erdbeeren und Äpfel - darf gepflückt und gegessen werden."
Mit Guerilla-Gardening hat Susan Leibovitz-Steinman nichts zu tun. Ihr temporärer Garten ist behördlich genehmigt.
"Ich lebe in den USA in einer sehr trockenen Gegend. Da ist, wenn ich einen Garten anlege, Wasser ein großes Thema. Aber: Seit ich in Hamburg bin, regnet es Tag für Tag auf mich nieder. Um die Bewässerung muss ich mir hier keine Sorgen machen."
Susan Leibovitz-Steinman ist eine der Künstlerinnen, die während des Elbinsel-Sommers 2008 in Wilhelmsburg Projekte verwirklichen. Anke Harmann und Harald Lemke haben die Ausstellung kuratiert:
"Uns war es wichtig, dass Künstler nicht kommen und einfach ihre Werke hier abwerfen und dann wieder wegfliegen. Wir wollten, dass die Künstler hierher kommen und sich die Zeit nehmen, die Zeit haben, um die ganze Komplexität, die mit der Stadtentwicklung Wilhelmsburg verbunden ist, aufzuarbeiten, zu erforschen und daraufhin tatsächlich, wenn es geht, konkrete Lösungen anzubieten oder aber einfach daraus eine Position zu entwickeln."
Das Critical Art Ensemble aus Buffalo richtet den Fokus auf die Flüsse und Kanäle, die den Stadtteil durchziehen.
"Wir haben Leute, die die Wasserwege zum Angeln, Schwimmen oder Paddeln nutzen, gefragt, ob sie daran interessiert wären, mit uns gemeinsam das Wasser zu testen. Die meisten haben begeistert mitgemacht."
Das Verfahren ist einfach, erklärt Steven Kurtz vom Critical Art Ensemble: An Teststreifen, die ins Wasser getaucht werden, können die Anwohner die Belastung mit Schwermetallen, Pestiziden und Bakterien ablesen.
"Wir wollen den Leuten zeigen, wie sie ihren Lebensraum selbst kontrollieren können. Sie brauchen nicht darauf zu warten, dass die Stadt, die Behörden oder irgendwelche Wissenschaftler aktiv werden. Mit unserem Test-Set können sie das Wasser selbst untersuchen und herausfinden, wo sie ohne Bedenken angeln und schwimmen können."
Im südlichen Arm der Elbe, haben die Tests ergeben, ist das Wasser kaum belastet:
"Aber ich würde keinen Fisch essen, der aus den Kanälen kommt. Erst recht nicht aus denen mit Schiffsverkehr."
Folgen hemmungsloser industrieller Nutzung des Stadtteils. Auf Schautafeln am Rand der Wasserwege gibt das Critical Art Ensemble Auskunft über seine Untersuchungsergebnisse. Was unterscheidet das Kunstprojekt von einer Naturschutzaktion?
"Ich weiß gar nicht, ob es da einen Unterschied gibt. Wir sehen uns auch nicht als reine Künstler. In unserer Arbeit mischen sich Wissenschaft, Politik, Kulturtheorie, Kunst und Design. Wir verknüpfen das alles zu einem kulturellen Ereignis, das unmittelbare Auswirkungen auf den Ort hat, an dem wir arbeiten."
Das gilt auch für die anderen Künstler, die Anke Harmann und Harald Lemke nach Wilhelmsburg eingeladen haben. Darunter die argentinische Gruppe Ala Plastica und die Hamburger Künstlerin Nana Petzet.
In der sogenannten Tonne - einem Glaspavillon am Vehringkanal - haben die Ausstellungskuratoren ein Archiv eingerichtet, in dem ältere Arbeiten von Künstlern zu sehen sind, die sich mit ökologischen Problemen der Stadt beschäftigen. Der bekannteste von ihnen: Joseph Beuys. In den 80er Jahren wollte er die kontaminierten Spülfelder im Hafengebiet bepflanzen. Ein Projekt, das nie verwirklicht wurde:
""Und gleichzeitig wollte Beuys eine Stiftung gründen, um die ganze Thematik einer Ökologisierung der Stadtgesellschaft Hamburg voranzutreiben. Mit Mitteln einer Kooperation von Umweltschützern, Politikern, Künstlern, Anwohnern. Das liegt alles 20 Jahre zurück. Wir finden: Es ist hochaktuell","
meint Kurator Harald Lemke. In der Tonne am Vehringkanal bekommen die Ausstellungsbesucher Karten, auf denen die Schauplätze der Kunstprojekte verzeichnet sind.
Die Tour, vorbei an Containerterminals und Industrieanlagen, Arbeitersiedlungen und idyllischen Wildwuchsflächen, ist ein Abenteuer - bei dem es sich empfiehlt, den Verkehr im Auge zu behalten. Andernfalls läuft man Gefahr, von einem der vielen Laster überrollt zu werden, denen in Wilhelmsburg die Straßen gehören.