Gaddafi ist noch lange nicht am Ende
Libyens Diktator Gaddafi lässt sein eigenes Volk angeblich mit Streubomben attackieren. Solche Meldungen drohen den Einsatz der NATO immer mehr zu einer „mission impossible“ zu verkehren. Mit ergebnislosen Konferenzen wird die Gefahr nicht gebannt, kommentiert Peter Philipp.
US-Außenministerin Hillary Clinton brachte es bei einer Pressekonferenz in Berlin auf den Punkt: Zwar sei ihr nicht bekannt, dass libysches Militär bei seinem Kampf gegen die Rebellen Streubomben einsetze. Aber sie sei schon längst nicht mehr überrascht von dem, was der libysche Führer Muammar al-Gaddafi und seine Streitkräfte anstellten. Ähnlich wie Frau Clinton dürfte es – ja sollte es – all denen gehen, die in der NATO, in Paris, London oder anderswo für eine Verschärfung der Gangart gegen Gaddafi eintreten: Der bedrängte „Revolutionsführer“ – wie er sich gerne nennt – ist noch lange nicht am Ende und er ist weiterhin für Überraschungen gut.
Solche Überraschungen aber stellen die Strategie des Auslandes immer mehr in Frage und drohen den Libyen-Einsatz der NATO immer mehr zu einer „mission impossible“ zu verkehren. Zumindest solange man am UN-Mandat festhält, das diesem Einsatz zugrunde liegt.
Hauptziel ist nach diesem Mandat der Schutz der Zivilbevölkerung, diese wird aber immer mehr in Mitleidenschaft gezogen: Zuerst durch Eroberung und Rückeroberung der nordlibyschen Städte durch Rebellen und dann wieder Regierungstruppen. Und dann durch den indiskriminierenden Beschuss ziviler Wohngegenden durch Gaddafis Militär. Hatten die Erfinder des internationalen Libyen-Einsatzes in Paris und London zunächst geglaubt, sie könnten ihr Ziel mit der Verhängung einer Flugverbotszone erreichen, so mussten sie längst umdenken.
Libysche Flugzeuge sind zwar nicht mehr im Einsatz, dafür kurven inzwischen auch die Militärs mit zivilen Pritschenwagen umher – wie die Rebellen, von denen sie für die NATO-Piloten kaum noch zu unterscheiden sind. Und von diesen Fahrzeugen feuern sie Raketen auf Dörfer und Städte. Unter anderem GRAD-Raketen, die – wie einst die Stalinorgeln – großen Schaden in den getroffenen Orten anrichten.
Oder nun eben auch Streubomben. Diese sind zwar weltweit geächtet. Nicht aber von den USA, Russland, China, Israel und eben Libyen. Gaddafi benützt spanische Streubomben, hergestellt ein Jahr bevor Madrid die Antistreubomben-Konvention unterzeichnete. Und er soll auch russische Bomben dieser Art besitzen. Überhaupt: Niemand weiß zuverlässig, was noch alles in Gaddafis Arsenalen lagert.
Aber man weiß, dass er auch weiterhin keine Hemmungen haben wird, diese Waffen einzusetzen. Mit ergebnislosen Konferenzen – wie jüngst in Berlin – wird die Gefahr nicht gebannt, sondern der Herrscher von Tripolis vielleicht erst noch zu mehr ermutigt. Zumal das Ausland sich auch noch selbst die Hände gebunden und den Einsatz von Bodentruppen ausgeschlossen hat. Will man oder kann man aber tatenlos zusehen, wie Gaddafis Militär dies ausnützt und sich an unschuldigen Zivilisten schadlos hält? Wird die UNO einer Ausweitung des Mandats zustimmen oder muss die NATO sich letztlich damit abfinden, auch in Libyen gescheitert zu sein?
Müßig dabei die Diskussion, dass die NATO doch wenigstens den Einsatz humanitärer Helfer in Libyen absichern sollte. Erst recht müßig, ob Deutschland sich daran beteiligt oder nicht: Gaddafi hat bereits wissen lassen, dass er unerbetene humanitäre Hilfe zurückweise und auch ausländische Truppen angreifen lassen werde, die solche Hilfe absichern wollen. Und er wird dabei kaum Rücksicht auf die deutsche Abstinenz bei den Luftangriffen nehmen. Deutsche Soldaten aber, die – aus welchen Gründen auch immer – in Kämpfe verwickelt werden, befinden sich im Kampfeinsatz. Oder im Krieg, in den Berlin sie doch nicht schicken wollte. In Libyen so wenig wie einst in Afghanistan.
Der NATO-Einsatz in Libyen bekommt langsam aber sicher selbst den Charakter einer Streubombe: Kaum jemand ist Zeuge, wie sie abgefeuert wird, getroffen und in Mitleidenschaft gezogen aber werden fast alle.
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Hauptziel ist nach diesem Mandat der Schutz der Zivilbevölkerung, diese wird aber immer mehr in Mitleidenschaft gezogen: Zuerst durch Eroberung und Rückeroberung der nordlibyschen Städte durch Rebellen und dann wieder Regierungstruppen. Und dann durch den indiskriminierenden Beschuss ziviler Wohngegenden durch Gaddafis Militär. Hatten die Erfinder des internationalen Libyen-Einsatzes in Paris und London zunächst geglaubt, sie könnten ihr Ziel mit der Verhängung einer Flugverbotszone erreichen, so mussten sie längst umdenken.
Libysche Flugzeuge sind zwar nicht mehr im Einsatz, dafür kurven inzwischen auch die Militärs mit zivilen Pritschenwagen umher – wie die Rebellen, von denen sie für die NATO-Piloten kaum noch zu unterscheiden sind. Und von diesen Fahrzeugen feuern sie Raketen auf Dörfer und Städte. Unter anderem GRAD-Raketen, die – wie einst die Stalinorgeln – großen Schaden in den getroffenen Orten anrichten.
Oder nun eben auch Streubomben. Diese sind zwar weltweit geächtet. Nicht aber von den USA, Russland, China, Israel und eben Libyen. Gaddafi benützt spanische Streubomben, hergestellt ein Jahr bevor Madrid die Antistreubomben-Konvention unterzeichnete. Und er soll auch russische Bomben dieser Art besitzen. Überhaupt: Niemand weiß zuverlässig, was noch alles in Gaddafis Arsenalen lagert.
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Müßig dabei die Diskussion, dass die NATO doch wenigstens den Einsatz humanitärer Helfer in Libyen absichern sollte. Erst recht müßig, ob Deutschland sich daran beteiligt oder nicht: Gaddafi hat bereits wissen lassen, dass er unerbetene humanitäre Hilfe zurückweise und auch ausländische Truppen angreifen lassen werde, die solche Hilfe absichern wollen. Und er wird dabei kaum Rücksicht auf die deutsche Abstinenz bei den Luftangriffen nehmen. Deutsche Soldaten aber, die – aus welchen Gründen auch immer – in Kämpfe verwickelt werden, befinden sich im Kampfeinsatz. Oder im Krieg, in den Berlin sie doch nicht schicken wollte. In Libyen so wenig wie einst in Afghanistan.
Der NATO-Einsatz in Libyen bekommt langsam aber sicher selbst den Charakter einer Streubombe: Kaum jemand ist Zeuge, wie sie abgefeuert wird, getroffen und in Mitleidenschaft gezogen aber werden fast alle.
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