Gabriel im Deutsche Bank-Aufsichtsrat

Dazu gehört eine Portion Mut

02:59 Minuten
Porträtaufnahme von Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Außenminister und SPD-Vorsitzender
Wacht künftig über die Deutsche Bank: SPD-Politiker Sigmar Gabriel. © dpa / Christian Charisius
Ein Kommentar von Klemens Kindermann · 24.01.2020
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SPD-Politiker Sigmar Gabriel als neues Aufsichtsratsmitglied: Für die Deutschen Bank ein Gewinn, könne dieser doch das Verhältnis zum Kanzleramt und nach Washington stärken, meint Journalist Klemens Kindermann. Für Gabriel berge der Schritt einige Gefahren.
Sicher, vom Investmentbanking dürfte Sigmar Gabriel herzlich wenig Ahnung haben. Auch das Privatkundengeschäft oder die maroden IT-Strukturen – zwei weitere Großbaustellen der Deutschen Bank – dürften dem früheren SPD-Chef wenig sagen.
Gabriel hat zwar mal im Verwaltungsrat der staatlichen Förderbank KfW gesessen, aber das ist mit dem harten Geschäft einer privaten Großbank in der freien Wildbahn internationaler Finanzmärkte kaum zu vergleichen. Es ist also leicht, gegen den früheren Pop-Beauftragten seiner Partei – das war er ja auch mal - fehlende Fachkunde ins Feld zu führen.

Gabriel kann Türen öffnen

Doch könnte Gabriel auch eine große Chance für die Deutsche Bank sein. Dort stimmte bei der politischen Vernetzung zuletzt gar nichts mehr: Das Verhältnis zwischen dem Kanzleramt und den Frankfurter Türmen "Soll und Haben" ist abgekühlt, im wichtigen US-Markt ist die Deutsche Bank zunehmend abgemeldet: Washington bevorzugt die eigenen Banken.
Der Ex-Vizekanzler und Vorsitzende des Vereins Atlantik-Brücke kann hier zumindest den Versuch machen, wieder Türen zu öffnen.
Hinzu kommt: Mit Klima und Umwelt hatten die Manager der Deutschen Bank ziemlich lange überhaupt nichts am Hut. Jetzt verlangen jedoch auch Finanzinvestoren immer mehr Nachhaltigkeit, zu besichtigen gerade erst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos – auch diese Flanke kann Gabriel als ehemaliger Umweltminister bespielen.
Zuletzt: Wenn die Deutsche Bank doch noch einmal mit der Commerzbank fusionieren sollte, hat Gabriel den richtigen Draht zu Ex-Verdi-Chef Frank Bsirske, dem starken Mann der Beschäftigten im Aufsichtsrat der Deutschen Bank.

Die Interessen des Emirats Kartar vertreten

Für Gabriel selbst, der als gut verdienender Weltenbummler sicher nicht wegen der Vergütung in den Aufsichtsrat einzieht, gehört eine große Portion Mut dazu: Auf der Kapitalseite muss er die Interessen des Emirats Katar vertreten, das als Großaktionär der Bank das Anrecht auf die Besetzung des Postens hatte.
Die Araber dürften bedingungslose Gefolgschaft erwarten. Und kommt es bei der Deutschen Bank zu neuen Skandalen, riskiert Gabriel seine staatsmännische Reputation, die er seit dem Abschied aus der Politik pflegt.
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