Gabriel: Deutschland beim Klimaschutz auf gutem Weg
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Kritik von Umweltverbänden an der Vergabepraxis von Emmissionszertifikaten zurückgewiesen. Deutschland habe zwar in einem sehr geringen Umfang zu viele Emmissionszertifikate an Unternehmen verteilt, die von den Konzernen untereinander gehandelt werden können, räumte Gabriel ein.
Marie Sagenschneider: Herr Gabriel, konkrete Vorstellungen gibt es ja schon innerhalb der EU. Da ist die Rede davon, dass die Industriestaaten ihre Emissionen bis 2020 um 15 bis 30 Prozent reduzieren müssten, bis 2050 sogar um 60 bis 80 Prozent. Ist das wirklich überhaupt zu schaffen, sich darauf zu einigen?
Sigmar Gabriel: Also erstens kommt es mal darauf an, dass wir unseren Verpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll nachkommen, da ist Deutschland ganz gut unterwegs. Wir haben ein Reduktionsziel - Sie haben das gesagt - von 21 Prozent: Wir müssen 21 Prozent weniger Treibhausgase bis 2012 emittieren, und wir sind so bei 18, 19 Prozent schon angelangt, und glauben, dass es ganz gut klappen kann und ganz gut klappen wird, dass wir die 21 Prozent erreichen. Das müssen andere EU-Staaten auch schaffen. Da gibt es einige Schwierigkeiten, deswegen verhandeln wir an diesem Wochenende auch noch mal darüber, was da noch zusätzlich geschehen muss, und danach - darüber ist sich die Europäische Union einig - muss es noch stärkere Reduktionsziele geben ab 2012.
Es ist die Voraussetzung dafür, dass wir Länder wie China, wie Brasilien, wie Indien, wie die Entwicklungsländer, davon überzeugen können, dass wirtschaftliche Entwicklung und Verringerung der Treibhausgase nicht im Widerspruch stehen. Die wollen einfach sehen, dass die Länder, die sehr reich sind, die eine gute Technologie haben, die sich als Industrieländer gut entwickelt haben, dass die ihnen vormachen, wie man wirtschaftliche Entwicklung und Verringerung der Treibhausgase miteinander vereinbaren kann. Und dafür müssen wir neue Techniken einsetzen, erneuerbare Energien und neue Techniken bei Kohle und Gas.
Sagenschneider: Aber diese Vorbildfunktion wird ja nur funktionieren, wenn alle Industriestaaten mitmachen, sprich zum Beispiel auch die USA.
Gabriel: Das weiß ich nicht, ob das wirklich stimmt. Erstens gibt es natürlich auch in den USA erhebliche Auseinandersetzungen um diese Frage. In der derzeitigen Regierung - das stimmt - gibt es keine Bereitschaft, in der Bush-Administration da mitzumachen. Aber es gibt Staaten, Gouverneure, also Staatsparlamente innerhalb der USA, die das ganz anders sehen. Es gibt eine Debatte in der Wirtschaft in den USA.
Selbst in den Republikanern wird zur Zeit diskutiert in der Partei, ob man nicht zum Beispiel die nächste Konferenz über erneuerbare Energien in den Vereinigten Staaten abhalten sollte, um da stärker ranzugehen. Aber selbst wenn das nicht klappen würde in den nächsten Jahren, glaube ich, dass die Vorbildfunktion, die die Kyoto-Unterzeichner haben, für die G-77-Staaten, also für die Entwicklungsländer, für die Schwellenländer, ganz wichtig ist. Und da liegt Deutschland sehr weit vorne, und es gibt ein großes Vertrauen in die Fähigkeit Deutschlands, hier auch zu vermitteln.
Sagenschneider: Wie weit, Herr Gabriel, glauben Sie denn, wird man jetzt auf der Konferenz in Bonn kommen, wie konkret kann das schon werden, oder ist es dafür noch zu früh?
Gabriel: Also die Konferenz in Bonn ist der Startschuss. Es wird sicherlich keine Ergebnisse dort geben, wo man sagen kann, jetzt haben wir es, sondern es wird der Startschuss von Verhandlungen sein. Das ist ja sehr schnell, wir haben ja erst in Montreal im Dezember des letzten Jahres, das ist ja gerade mal ein halbes Jahr her, entschieden, dass zwei Dinge passieren sollen: Erstens die Unterzeichner des Kyoto-Protokolls müssen sagen, wie es nach Ablauf der ersten Phase des Kyoto-Protokolls 2012 weitergehen soll. Da haben wir uns entschieden, es muss dabei bleiben, dass wir den Kohlenstoffmarkt erhalten, also dass sozusagen gehandelt wird und Reduktionsziele für Kohlendioxid aufrechterhalten werden - dass das nicht zusammenbricht, dass die Verschmutzung einen Preis erhält, den Unternehmen bezahlen müssen, damit sie wissen, dass es preiswerter ist, in bessere Techniken zu investieren, in einen geringeren Energieverbrauch zu investieren. Wenn sie es nicht machen, wird es sehr teuer.
Das ist ein wichtiges Signal, gerade übrigens auch hier in Deutschland, wir stehen unmittelbar davor, den Kraftwerkspakt zu erneuern. Da wollen die Unternehmen wissen, wie sich die Investitionen in den nächsten 30, 40 Jahren rechnen. Deswegen war das Signal so wichtig, dass sich die Kyoto-Staaten verpflichtet haben, nach 2012 weiterzumachen mit ihrem Reduktionsziel. Und das zweite Ziel ist, die Entwicklungsländer ins Boot zu bekommen mit China, und da muss man einfach den Ländern auch Zeit lassen, ihre Sorgen vorzutragen, weil natürlich 1,8 Milliarden Menschen auf der Welt überhaupt keinen Zugang zur Energie haben, und in Zukunft einfach auch ein besseres Leben führen wollen. Sie suchen nach Zugang zu Energie und brauchen dafür technische Angebote, die nicht verbunden sind mit so dramatischen Treibhausgasentwicklungen wie bei uns in den letzten 50 oder 100 Jahren.
Sagenschneider: Bleiben wir noch mal bei der von Ihnen angesprochenen Wirtschaft, der Energiewirtschaft, und den Investitionen, denn es hat in den vergangenen Tagen einige Auseinandersetzungen gegeben um den Emissionshandel, der ja im Großen und Ganzen nach dem Prinzip funktioniert: Wer am meisten reduziert, kann am schicksten Gewinne machen. Wenn ich es richtig sehe, sagen Sie, es hat funktioniert. Allerdings sagen die Umweltverbände, es hat überhaupt nicht funktioniert, weil den Konzernen mehr Zertifikate zugeteilt worden sind, als sie tatsächlich benötigt hatten. War man also zu großzügig bei der Verteilung der Rechte?
Gabriel: Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Staaten in Europa wie Großbritannien, die zu wenig Zertifikate ausgegeben haben, also das Gegenteil von dem gemacht haben, was jetzt bei einigen anderen Staaten zu sehen ist, die in der Tat zu viel verteilt haben.
Sagenschneider: Deutschland auch?
Gabriel: Deutschland hat etwa zwei Prozent zu viel verteilt. Das, finde ich, ist fast eine Punktlandung. Wir müssen sehen, wir beginnen mit dem System, das ist die erste Handelsperiode. Wir haben ein solches System schon mal bei der Verringerung von Schwefeldioxid gehabt, als wir über das Waldsterben geredet haben. Es ist übrigens in den USA erfunden worden, da gab es natürlich auch am Anfang - es ist ja eine Börse, in der das dann entsteht - ganz starke Verwerfungen. Das hat sich nach kurzer Zeit verändert, als man Erfahrung damit gesammelt hat. Ich glaube, dass die zweite Runde, die wir jetzt einleiten, also für die Periode 2008 bis 2012 - was wir jetzt gemacht haben, war ja ein Vorlauf, quasi ein Versuch, wie wir da rankommen - dass die erste Kyoto-Periode, die zweite in Europa, dass wir da deutlich besser werden. Und was ist denn eigentlich die Messlatte, ob wir Erfolg hatten oder nicht? Die Messlatte ist, ob wir unsere Verringerungsziele erreichen, und Deutschland liegt mit 18, 19 Prozent sehr gut innerhalb des Vorlaufs. Wir werden es ja wohl schaffen, die letzten 3 Prozent, 2,5 Prozent noch hinzubekommen im Verlauf der nächsten Jahre bis 2012. Von daher kann ich die Kritik nicht verstehen.
Sagenschneider: Ich danke Ihnen für das Gespräch.
Sigmar Gabriel: Also erstens kommt es mal darauf an, dass wir unseren Verpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll nachkommen, da ist Deutschland ganz gut unterwegs. Wir haben ein Reduktionsziel - Sie haben das gesagt - von 21 Prozent: Wir müssen 21 Prozent weniger Treibhausgase bis 2012 emittieren, und wir sind so bei 18, 19 Prozent schon angelangt, und glauben, dass es ganz gut klappen kann und ganz gut klappen wird, dass wir die 21 Prozent erreichen. Das müssen andere EU-Staaten auch schaffen. Da gibt es einige Schwierigkeiten, deswegen verhandeln wir an diesem Wochenende auch noch mal darüber, was da noch zusätzlich geschehen muss, und danach - darüber ist sich die Europäische Union einig - muss es noch stärkere Reduktionsziele geben ab 2012.
Es ist die Voraussetzung dafür, dass wir Länder wie China, wie Brasilien, wie Indien, wie die Entwicklungsländer, davon überzeugen können, dass wirtschaftliche Entwicklung und Verringerung der Treibhausgase nicht im Widerspruch stehen. Die wollen einfach sehen, dass die Länder, die sehr reich sind, die eine gute Technologie haben, die sich als Industrieländer gut entwickelt haben, dass die ihnen vormachen, wie man wirtschaftliche Entwicklung und Verringerung der Treibhausgase miteinander vereinbaren kann. Und dafür müssen wir neue Techniken einsetzen, erneuerbare Energien und neue Techniken bei Kohle und Gas.
Sagenschneider: Aber diese Vorbildfunktion wird ja nur funktionieren, wenn alle Industriestaaten mitmachen, sprich zum Beispiel auch die USA.
Gabriel: Das weiß ich nicht, ob das wirklich stimmt. Erstens gibt es natürlich auch in den USA erhebliche Auseinandersetzungen um diese Frage. In der derzeitigen Regierung - das stimmt - gibt es keine Bereitschaft, in der Bush-Administration da mitzumachen. Aber es gibt Staaten, Gouverneure, also Staatsparlamente innerhalb der USA, die das ganz anders sehen. Es gibt eine Debatte in der Wirtschaft in den USA.
Selbst in den Republikanern wird zur Zeit diskutiert in der Partei, ob man nicht zum Beispiel die nächste Konferenz über erneuerbare Energien in den Vereinigten Staaten abhalten sollte, um da stärker ranzugehen. Aber selbst wenn das nicht klappen würde in den nächsten Jahren, glaube ich, dass die Vorbildfunktion, die die Kyoto-Unterzeichner haben, für die G-77-Staaten, also für die Entwicklungsländer, für die Schwellenländer, ganz wichtig ist. Und da liegt Deutschland sehr weit vorne, und es gibt ein großes Vertrauen in die Fähigkeit Deutschlands, hier auch zu vermitteln.
Sagenschneider: Wie weit, Herr Gabriel, glauben Sie denn, wird man jetzt auf der Konferenz in Bonn kommen, wie konkret kann das schon werden, oder ist es dafür noch zu früh?
Gabriel: Also die Konferenz in Bonn ist der Startschuss. Es wird sicherlich keine Ergebnisse dort geben, wo man sagen kann, jetzt haben wir es, sondern es wird der Startschuss von Verhandlungen sein. Das ist ja sehr schnell, wir haben ja erst in Montreal im Dezember des letzten Jahres, das ist ja gerade mal ein halbes Jahr her, entschieden, dass zwei Dinge passieren sollen: Erstens die Unterzeichner des Kyoto-Protokolls müssen sagen, wie es nach Ablauf der ersten Phase des Kyoto-Protokolls 2012 weitergehen soll. Da haben wir uns entschieden, es muss dabei bleiben, dass wir den Kohlenstoffmarkt erhalten, also dass sozusagen gehandelt wird und Reduktionsziele für Kohlendioxid aufrechterhalten werden - dass das nicht zusammenbricht, dass die Verschmutzung einen Preis erhält, den Unternehmen bezahlen müssen, damit sie wissen, dass es preiswerter ist, in bessere Techniken zu investieren, in einen geringeren Energieverbrauch zu investieren. Wenn sie es nicht machen, wird es sehr teuer.
Das ist ein wichtiges Signal, gerade übrigens auch hier in Deutschland, wir stehen unmittelbar davor, den Kraftwerkspakt zu erneuern. Da wollen die Unternehmen wissen, wie sich die Investitionen in den nächsten 30, 40 Jahren rechnen. Deswegen war das Signal so wichtig, dass sich die Kyoto-Staaten verpflichtet haben, nach 2012 weiterzumachen mit ihrem Reduktionsziel. Und das zweite Ziel ist, die Entwicklungsländer ins Boot zu bekommen mit China, und da muss man einfach den Ländern auch Zeit lassen, ihre Sorgen vorzutragen, weil natürlich 1,8 Milliarden Menschen auf der Welt überhaupt keinen Zugang zur Energie haben, und in Zukunft einfach auch ein besseres Leben führen wollen. Sie suchen nach Zugang zu Energie und brauchen dafür technische Angebote, die nicht verbunden sind mit so dramatischen Treibhausgasentwicklungen wie bei uns in den letzten 50 oder 100 Jahren.
Sagenschneider: Bleiben wir noch mal bei der von Ihnen angesprochenen Wirtschaft, der Energiewirtschaft, und den Investitionen, denn es hat in den vergangenen Tagen einige Auseinandersetzungen gegeben um den Emissionshandel, der ja im Großen und Ganzen nach dem Prinzip funktioniert: Wer am meisten reduziert, kann am schicksten Gewinne machen. Wenn ich es richtig sehe, sagen Sie, es hat funktioniert. Allerdings sagen die Umweltverbände, es hat überhaupt nicht funktioniert, weil den Konzernen mehr Zertifikate zugeteilt worden sind, als sie tatsächlich benötigt hatten. War man also zu großzügig bei der Verteilung der Rechte?
Gabriel: Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Staaten in Europa wie Großbritannien, die zu wenig Zertifikate ausgegeben haben, also das Gegenteil von dem gemacht haben, was jetzt bei einigen anderen Staaten zu sehen ist, die in der Tat zu viel verteilt haben.
Sagenschneider: Deutschland auch?
Gabriel: Deutschland hat etwa zwei Prozent zu viel verteilt. Das, finde ich, ist fast eine Punktlandung. Wir müssen sehen, wir beginnen mit dem System, das ist die erste Handelsperiode. Wir haben ein solches System schon mal bei der Verringerung von Schwefeldioxid gehabt, als wir über das Waldsterben geredet haben. Es ist übrigens in den USA erfunden worden, da gab es natürlich auch am Anfang - es ist ja eine Börse, in der das dann entsteht - ganz starke Verwerfungen. Das hat sich nach kurzer Zeit verändert, als man Erfahrung damit gesammelt hat. Ich glaube, dass die zweite Runde, die wir jetzt einleiten, also für die Periode 2008 bis 2012 - was wir jetzt gemacht haben, war ja ein Vorlauf, quasi ein Versuch, wie wir da rankommen - dass die erste Kyoto-Periode, die zweite in Europa, dass wir da deutlich besser werden. Und was ist denn eigentlich die Messlatte, ob wir Erfolg hatten oder nicht? Die Messlatte ist, ob wir unsere Verringerungsziele erreichen, und Deutschland liegt mit 18, 19 Prozent sehr gut innerhalb des Vorlaufs. Wir werden es ja wohl schaffen, die letzten 3 Prozent, 2,5 Prozent noch hinzubekommen im Verlauf der nächsten Jahre bis 2012. Von daher kann ich die Kritik nicht verstehen.
Sagenschneider: Ich danke Ihnen für das Gespräch.