Fußbodenheizung für Spargel

Von Udo Pollmer |
Die Lust auf frischen Spargel in dieser Jahreszeit wächst ebenso wie der Umsatz mit den Spargelstangen. Überall wo Geld verdient wird, ist der technische Fortschritt nicht aufzuhalten.
Niemand hat gern kalte Füße – und das gilt auch für viele Pflänzchen. Beispielsweise für den Spargel. Deshalb haben die Spargelbauern ihrem Gemüse eine Fußbodenheizung spendiert. Die sorgt im Acker für wohlige 20 Grad. Ab Ende Februar strömt warmes Wasser durch ein unterirdisches Leitungssystem und wärmt die Wurzelstöcke bis zu Beginn der Ernte. Messfühler erfassen die Temperatur im Erdreich, so kann die Energiezufuhr in 20 Zentimeter Tiefe exakt eingestellt werden.

Zum Anbausystem gehören natürlich auch die langen Bahnen von dunklen Abdeckfolien. Dank ihrer schwarzen Oberfläche heizt sich die Folie in der Sonne auf und unterstützt die Bodenheizung. Ein klein wenig schneller als mit Abdeckfolien geht’s mit Minitunneln, da sie die Wärme besser halten. Besonders wirksam – wenn auch noch aufwendiger - sind beheizte Folienhäuser. Damit kann der Erntetermin abermals um ganze vier Tage vorverlegt werden. Da der erste Spargel einen vielfach höheren Preis erzielt als am Ende der Saison, rechnet sich das. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit.

Durch die moderne Treiberei mit Folien gelangt weniger Licht auf den Erdboden, was wiederum das Wachstum von Unkraut bremst. Das verringert während der Erntesaison der Einsatz von Herbiziden. Die Folien und Netze halten auch viele Schädlinge fern. Deshalb werden von der Lebensmittelüberwachung nur noch selten Rückstände von Pflanzenschutzmitteln im Spargel gefunden. Ein weiterer, wichtiger Grund ist, dass die Pestizide auf dem Spargelfeld in der Regel erst nach der Erntesaison zum Einsatz kommen. Wenn die Folien entfernt werden, finden sich schnell ungebetene Gäste ein.

Da Spargel teuer ist, wird sein Image zunehmend für andere Produkte genutzt. Dazu gehört neuerdings der Hopfenspargel – eine extrem teure Spezialität, mit Preisen bis zu 100 Euro pro Kilo. Angeblich liegt das an der mühsamen Ernte. In gewisser Weise stimmt das, ist aber dennoch schief, denn es handelt sich um überzählige Schößlinge der Hopfenpflanze, die im Frühjahr sowieso entfernt werden müssen. Mit Spargel hat der Hopfen übrigens herzlich wenig zu tun. Nur der Preis. Der eine will den Hopfen als Gemüse und zahlt dafür ein Vermögen, der andere übt sich in Bescheidenheit und begnügt sich mit einem gut gehopften Pils.

Noch kurioser ist der Markt für "wilden Spargel" – ihn umweht der Nimbus einer unverfälschten Natur. "Wildpflanze" klingt fast noch besser als "biologischer Anbau". Leider werden unter der Bezeichnung "Wildspargel" hierzulande alle möglichen Verwandten des Spargels verspeist – einschließlich diverser Pflanzen, die mit dem Spargel nicht einmal verwandt sind. Der echte "Wilde Spargel", Asparagus acutifolius, eigentlich heißt er ja Dornenspargel, aber der Name ist nicht sexy, ist eine wildwachsende, aber inzwischen auch kommerziell angebaute Spargelvariante, die im Mittelmeerraum heimisch ist.

Um wenigstens den hohen Preis schmackhafter zu machen, wird der Dornenspargel gern als "gesundes Lebensmittel" umworben. Er soll bei Gicht und Gelbsucht helfen. Das hätten schon die antiken Ärzte gewußt, also in erster Linie Gestalten, die geradezu abenteuerliche magische Vorstellungen über Gesundheit verbreiteten. Ehrlich gesagt, wenn ein Lebensmittel wirklich wie eine Arzneimittel wirken sollte, wäre mir das nicht ganz geheuer. Ich will keine Apotheke auf dem Teller.

Bei Wildsammlungen bleibe ich generell etwas skeptisch, denn ich weiß ja nicht, von welchen Standorten die Pflanzen stammen. Bei uns wächst wilder Spargel beispielsweise auf den Mittelstreifen der Autobahn – vermutlich ist das verwilderter Kulturspargel. Andernorts fand man im Wildspargel exorbitante Gehalte an Quecksilber. Er hatte es aus belasteten Böden aufgenommen.

Es hat schon seinen Grund, warum sich die Spargelbauern soviel Mühe mit ihrem Produkt machen. Denn da weiß man als Kunde wenigstens, was man hat. Mahlzeit!

Literatur:

Van Neck W: Vroege teelt asperges onder bescherming. ProeftuinNieuws 2008; 25. April: 39-39
Martínez-Coronado A et al: Sampling high to extremely high Hg concentrations at the Cerco de Almadenejos, Almadén mining district (Spain): The old metallurgical precinct (1794 to 1861 AD) and surrounding areas. Journal of Geochemical Exploration 2011; 109: 70–77
Machatschek M: Der Geißbart (Aruncus dioicus) als Wildspargel. Der Alm- uind Bergbauer 1997; 10: 265-269
Benincasa P, Tei F: Plant density and genotype effects on wild Asparagus (Asparagus acutifolius L.) spear yield and quality. HortScience 2007; 42: 1163-1166
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle Obst und Gemüse 2007. Bonn 2007