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Jürgen Klinsmann freut sich nach dem Sieg des Concacaf-Cups.
Jürgen Klinsmann freut sich nach dem Sieg des Concacaf Gold Cup © picture alliance / dpa / Kamil Krzaczynski
Von Kerstin Zilm · 13.04.2014
Jürgen Klinsmanns Start als US-Nationaltrainer war ziemlich holprig. Doch auf dem Weg zur Fußballweltmeisterschaft setzte er sich gegen alle Kritiker durch. Schafft sein Team nun das Wunder?
Erster Februar 2014, die US-Fankurve im ausverkauften StubHub Fußballstadion eine Stunde südlich von Los Angeles. Die Nationalmannschaft spielt zum Abschluss ihres WM-Trainingscamps gegen Südkorea. Mehrere tausend Fans haben sich seit dem Morgen auf dem Parkplatz mit Gesängen, Spielen, Bier und Pizza in Stimmung gebracht.
Vor dem Anpfiff des Freundschaftsspiels sorgen sie für eine lärmende Atmosphäre wie man sie aus deutschen Stadien kennt - gekleidet in den Nationalfarben - hier rot, weiß und blau; Fahnen, Schals und Spruchbänder schwenkend. Chris Doride ist 6500 Kilometer aus einem Schneesturm in Boston nach Los Angeles geflogen.
"Egal ob Orkan oder Tsunami - ich wäre auf jeden Fall hier. Wir Fans sind laut und stolz. Wir stehen und singen 90 Minuten lang für unser Land."
Neben ihm bringt ein Fan mit rhythmischem Springen die Tribüne zum Beben - überdimensionaler Plüsch-Zylinder, Halstuch und T-Shirt in den Nationalfarben. Dave aus Phoenix hat keine Begegnung der Nationalmannschaft während der WM-Vorbereitung verpasst, egal ob Freundschaftsspiel oder Qualifikationsmatch.
"Es ist ein teures Hobby aber wir Fans planen unsere Ferien rund um den Spielplan der Mannschaft. Sie geben vor, wo wir unseren Sommer verbringen - dieses Jahr ist es Brasilien. In vier Jahren sind wir in Russland. Dafür spare ich jetzt schon. Ich gehe nicht so oft in Bars oder auf Konzerte wie andere. Fußball und das Reisen zu allen Orten, an denen die Nationalmannschaft spielt ist meine Leidenschaft."
Mit Charme und Erfolg die Herzen erobert
Als die Truppe zum Spiel auf den Rasen kommt, brechen die Fans in spontane Anfeuerungsrufe für den Trainer aus. Jürgen Klinsmann, Weltmeister 1990 und Europameister 1996, führte die deutsche Fußballnationalmannschaft bei der WM 2006 zum dritten Platz. Seit Juli 2011 trainiert er das US-Team. In seiner neuen Funktion hat er Rekorde gebrochen: 2013 feierte die Nationalmannschaft eine Serie von zwölf gewonnenen Spielen am Stück.
Insgesamt gelangen ihr im vergangenen Jahr 16 Siege - so viele wie in noch keinem Jahr der Verbandsgeschichte. Sie bezwangen auch Mannschaften, die in der FIFA-Rangliste unter den ersten zehn geführt werden.
Mit Charme und Erfolg hat der Wahl-Kalifornier Klinsmann die Herzen der Fußballfans erobert. Chris und Dave:
"Ich liebe den Typ. Seine Vision für das Team ist fantastisch! Er bringt die richtigen Spieler in die richtige Position. Seine Strategie ist einmalig. Es macht Spaß zu sehen, was er aus der Mannschaft macht."
"Ich liebe ihn. Er bringt die Energie, die wir brauchen. Er hat jede Menge Talent und Erfahrung als Spieler und Trainer. Um wirklich ein höheres Niveau zu erreichen brauchen wir die internationale Erfahrung, die er mitbringt."
Start lief zunächst nicht glatt
Klinsmanns Start als US-Nationaltrainer war holprig. Ein Jahr nach Amtsantritt gab es einen Spieleraufstand gegen den neuen Mann aus Deutschland und seine unkonventionellen Trainingsmethoden. Doch auf dem Weg zur WM behielt Klinsmann gegen alle Widerstände drei Ziele des US-Fußballverbandes fest im Blick. Erstens: in Brasilien mindestens die KO-Runde erreichen und vier Jahre später das Halbfinale. Zweitens: fester Teil unter den Top Ten der Weltrangliste werden und drittens: Fußball als Nationalsport etablieren, gleichberechtigt mit US-Football, Baseball, Basketball und Eishockey.
Verbandschef Sunil Gulati gibt sich sicher, in Klinsmann den Mann gefunden zu haben, der diese Ziele verwirklichen kann. Als er am 29. Juli 2011 vor der Presse den neuen Trainer der Nationalelf vorstellt, steht das Team auf dem 30. Platz der FIFA-Weltrangliste - so weit hinten wie seit über drei Jahren nicht mehr. Zeit für einen Neuanfang, sagt Gulati:
"Heute ist ein sehr wichtiger Tag, vielleicht der Beginn einer neuen Ära für uns. Wir sind ungeheuer begeistert, dass Jürgen Klinsmann zu uns ins Team kommt und es leiten wird. Jürgens Erfahrung als Spieler und Trainer sowie die Tatsache, dass er in diesem Land zu Hause ist, sind aus unserer Sicht Riesenvorteile."
Die US-Spieler freuen sich über den Sieg beim Gold Cup.
Die US-Spieler freuen sich über den Sieg beim Gold Cup.© picture alliance / dpa / Tannen Maury
Klinsmann hatte seit Jahren Gespräche mit dem US-Verband über eine mögliche Zusammenarbeit geführt. Jetzt wird ihm Einfluss über Spielerentscheidungen und Jugendarbeit zugesagt, den er immer gefordert hatte. Bei der ersten Pressekonferenz in seiner neuen Funktion sagt er, der richtige Moment, seinen Lieblingssport in seiner Wahlheimat auf Weltniveau zu heben sei gekommen:
"Fußball wächst, Fußball ist unaufhaltsam in diesem Land. Gibt es noch viel zu diskutieren und zu verbessern? Natürlich. Genau das werden wir in den nächsten Jahren tun. Fußball hat es in den USA weit gebracht. Ich habe nun die Möglichkeit, den Sport noch weiter zu bringen. Ich kann auf der Arbeit meiner Vorgänger aufbauen und bin stolz, diese Gelegenheit zu bekommen."
Vier Mal soviel Geld wie sein Vorgänger
Klinsmanns Jahresgehalt von 2,5 Millionen Dollar - knapp zwei Millionen Euro - ist nicht einmal die Hälfte dessen, was er zuletzt als Trainer von Bayern München bekam. Es ist gleichzeitig ein neuer US-Rekord in einer Sportart, die hier 'soccer' heißt. Der Bäckersohn aus Stuttgart bekommt vier Mal soviel Geld wie Vorgänger Bob Bradley und 13 Mal so viel wie Pia Sundhage, Trainerin der Frauennationalmannschaft, die kurz vor Klinsmanns Amtsantritt das WM-Finale gegen Japan erreichte.
Verbandschef Gulati und Klinsmann wollen Männerfußball auf solide Grundlagen stellen - von der Jugend über die Profi-Liga bis zu internationalen Begegnungen. Sunil Gulati betont: Klinsmann bringt etwas zum Verband, was kein Trainer in den USA bieten kann:
"Was Jürgen angeht - offensichtlich ist es großartig jemanden zu haben, der den Erfolg erlebt hat, der auf dem Siegertreppchen bei einer WM und bei einer Europameisterschaft gestanden hat. Als Trainer hat er WM-Bronze gewonnen. Das ist für uns einmalig und fantastisch. Er hat auf höchstem Niveau gespielt und trainiert. Ein großes Plus war natürlich, dass er eine WM gewonnen hat."
Klinsmann fängt mit der Arbeit nicht bei Null an. Seit 1994 haben sich die USA für jede Weltmeisterschaft qualifiziert. 2002 schieden sie im Viertelfinale gegen Deutschland aus. Bei der WM in Südafrika scheiterten sie in der KO-Runde. Das Team stand 2010 zeitweise auf dem 12. Platz der FIFA-Weltrangliste.
Was der Mannschaft am meisten fehle, so Klinsmann in seiner ersten öffentlichen Analyse als US-Trainer, sei ein eigener Stil.
"Eine meiner Herausforderungen wird sein zu definieren, wie das US-Team sein Land repräsentieren sollte. Mit Eigeninitiative und aggressiv, vorausschauend oder mehr reagierend? Was passt am besten zu uns? Es sollte die US-Mentalität und Kultur widerspiegeln."
Selbstbewusstsein und Können entwickeln
Für Klinsmann heißt das, Selbstbewusstsein und Können zu entwickeln um auch gegen internationale Top-Gegner zu bestehen. Alexi Lalas, Ex-Verteidiger in der US-Nationalmannschaft rät, Klinsmanns Versprechen mit Vorsicht zu genießen.
"Jeder neue Coach sagt, er wird attraktiven Fußball schaffen, nicht nur verteidigen und abwarten. Aber ich glaube er meint unter anderem, dass er alle Fußball-Varianten, die es in diesem Land gibt mit einbeziehen will. Dies ist ein großes Land - ganz anders als Deutschland. Die unterschiedlichen Kulturen und Einflüsse können von Vorteil sein, wenn sie gut genutzt werden. Bisher ist das noch niemandem gelungen. Deshalb bekommt er das viele Geld."
Einen Monat nach Klinsmanns Amtsantritt spielt das Nationalteam in Kalifornien. Ein paar Anhänger kennen schon seinen deutschen Spitznamen.
Das Freundschaftsspiel gegen Costa Rica zeigt erste Ansätze von Klinsmanns Strategie: er beruft junge Fußballer in den Kader und Spieler mit doppelter Staatsbürgerschaft aus Zentralamerika und Europa, darunter Timothy Chandler vom FC Nürnberg und den Hoffenheimer Fabian Johnson. Jürgen Klinsmann:
"Amerika ist ja, sagt man gerne, ein Melting Pot, also das ist ein Zusammenschmelzen verschiedener Kulturen hier. Da ist ein Einfluss aus Zentralamerika, vor allem natürlich Mexiko. Dann ist der Einfluss aus europäischen Ländern da und dann gibt es Einflüsse von verschiedenen Ecken wo sie sehr unterschiedlich sind - wie Schwaben und Bayern, wo ja auch jeder so seine Eigenheiten hat. Wir wollen Schritt für Schritt etwas entwickeln wo die Leute sagen: Aha, jetzt wissen wir was wir erwarten können von unserem US-Team."
Mit einer Kalifornierin verheiratet
Klinsmann hat die Kultur seiner Wahlheimat aus nächster Nähe erlebt. Der Schwabe ist mit einer Kalifornierin verheiratet. Er wohnt seit 13 Jahren in den USA. Seine Kinder sind an der Westküste aufgewachsen. Der Sportler hat sich ein Bild von der Nation gemacht, für die er eine Fußballmannschaft schaffen soll, mit der sie sich identifizieren kann.
"Ich glaub, wenn man den Amerikaner charakterisiert: der tut lieber das, was er für richtig hält und wartet nicht was von außen kommt. Wir versuchen schon einen Stil zu entwickeln wo wir irgendwann mal tonangebend sein können. Das hängt natürlich auch vom Gegner ab. Das können wir nicht gegen Brasilien oder Argentinien aber gegen Costa Rica und Honduras."
An diesem Abend klappt es noch nicht gegen Costa Rica. Das Spiel vor halb leerem Stadion endet Null zu Eins. Kein Drama für den neuen Trainer. Nur wenige Medien berichten über die Begegnung. Kurze Artikel und Beiträge über die Niederlage gehen unter neben anderen Sport-Schlagzeilen: die American Football-Saison beginnt am nächsten Wochenende, im Baseball geht es um den Einzug in die Playoffs und die Basketball-Liga hat gerade Zwangspause wegen eines Streits zwischen Mannschaftsbesitzern und Spielergewerkschaft.
Für Klinsmann ist es nun von Vorteil, dass Fußball hier nicht im Mittelpunkt des Interesses steht. Er hat eine längere Schonfrist als in Deutschland, erklärt Ex-Nationalspieler Alexi Lalas:
"Jürgen wurde erstens verpflichtet, um Energie und neues Leben in den Sport zu bringen - auf dem Platz, daneben und für alle im Land, die Fußball lieben. Das ist wichtig. Aber eins ist klar: am Ende wird er an den Ergebnissen auf dem Platz gemessen und am Erfolg der Mannschaft bei der Weltmeisterschaft 2014."
"Es geht ihm nicht nur um den Stil"
Klinsmanns Scouts beobachten überall in der Welt Spieler, um die zu finden, die in den US-Kader passen könnten. Der ehemalige österreichische Nationalspieler Andreas Herzog analysiert Teams in Europa, andere tun dasselbe in Mittel- und Südamerika. Klinsmann fordert gleichzeitig US-Profis auf, Erfahrungen im Ausland zu sammeln, am besten in Vereinen, die in der Champions League antreten.
Kevin Baxter, Fußballexperte der Los Angeles Times sagt: es gab zunächst einen Kulturschock zwischen Mannschaft und Trainer:
"Es geht ihm nicht nur um den Stil, sondern auch die Einstellung. Wenn du wie er in Italien spielst und verlierst, fragen dich die Leute im Supermarkt was schief gelaufen ist. Landon Donovan verliert ein Spiel in der US-Liga und keiner verliert ein Wort darüber. Den meisten Spielern hier gefällt es so. Jürgen will, dass Du ständig Druck und Leidenschaft spürst. Fußball ist für ihn nicht etwas, was Du eine Stunde am Samstag spielst. Fußball ist dein Leben!"
Zuerst läuft trotzdem alles weitgehend gut für Klinsmann und sein Team. Sie gewinnen fünf Begegnungen hintereinander, darunter zum ersten Mal in der Verbandsgeschichte beim Erzrivalen Mexiko und triumphieren - ebenfalls zum ersten Mal - über den viermaligen Weltmeister Italien.
Der neue Cheftrainer bringt immer wieder neue Spieler in unterschiedlichen Spielsystemen auf den Platz. Fußballveteranen wie Landon Donovan und Carlos Bocanegra haben keine Stammplatzgarantie mehr. Nach mehreren schwachen Partien werden die Medienberichte kritischer. Experten und Fans sehen weder Konturen noch Konzept in Klinsmanns Truppe.
Auch in der Kabine brodelt es
Dann beginnt die vierte und entscheidende Runde der Concacaf-WM-Qualifikationsbegegnungen. Am 6. Februar 2013 treffen die USA im Wettbewerb der Mannschaften aus Nord- und Mittelamerika in San Pedro Sula auf Honduras.
"World Cup Qualifying Final Round Honduras United States. This they call the Hex, they don't want to call it hostile, Jürgen Klinsmann says however there is definately a lot of emotion at play."
... Fans beider Mannschaften toben auf den Tribünen. Auch innerhalb des US-Teams herrscht Unruhe. Kurz vor der Begegnung hat Klinsmann den langjährigen Kapitän Bocanegra aus dem Aufgebot genommen. Er gibt dem jungen Omar Gonzales eine Chance ebenso wie den in Deutschland geborenen Fabian Johnson und Timmy Chandler. Das Ergebnis: eine Eins zu Zwei Niederlage.
"Added added time, inside for Gonzales, but he heads it over the cross bar and that was the last chance. Honduras with a two one victory, coming from behind to take all three points home."
Ein sichtlich frustrierter Jürgen Klinsmann stellt sich nach dem Abpfiff kritischen Fragen zur Aufstellung. Kritik an Personalentscheidungen kontert der Trainer mit dem Hinweis, dass jüngere Spieler ins kalte Wasser geworfen werden müssten um ihre internationale Einsatzfähigkeit zu testen. Fans und Medien sprechen von der "schlechtesten Vorstellung einer US-Mannschaft aller Zeiten". Auch in der Kabine brodelt es.
Öffentlich äußert niemand Kritik am Trainer, doch die Zeitschrift "Sporting News" zitiert in einem langen Artikel anonyme Quellen aus dem Team. Eine lange Liste von Klagen über Klinsmann: keine taktische Linie, verwirrende Trainingsmethoden, zu viele Experimente, Kommunikationsprobleme, Bevorzugung deutschstämmiger Bundesligaspieler, keine Führungskompetenz. Kevin Baxter von der Los Angeles Times:
"Es wurde vom Aufstand der Mannschaft gegen ihn gesprochen. Manche waren nicht zufrieden. Altgediente Spieler dachten, sie hätten nach vielen Jahren in der Nationalelf einen Platz verdient. Jürgen sagte: jeder muss sich seinen Einsatz immer wieder neu erkämpfen. Auch ein Landon Donovan. Außerdem haben viele seine Methoden nicht verstanden, besonders das mentale Training. Und es gab so etwas wie eine Revolte als das Team schlecht spielte."
Mit den Erfolgen die Fans auf seine Seite gebracht
Klinsmann bleibt äußerlich gelassen. Das alles hat er so oder ähnlich schon als Trainer in Deutschland erlebt. "Die Kommentare sind doch normal", sagt er, die Mannschaft sei in einer Übergangsphase. Da gerate die Chemie eben etwas durcheinander.
Die folgenden Spiele geben ihm Recht. Die USA stehen am Ende der entscheidenden Concacaf-Runde an der Spitze der Gruppentabelle und ziehen ins Finale der Kontinentalmeisterschaft gegen Panama. Sie ist der klare Favorit für den Gold Cup.
Tausende von US-Fans strömen durch die Innenstadt von Chicago zum mit knapp 60.000 Zuschauern ausverkauften Stadion. Unterwegs rufen sie den Namen des Nationaltrainers. Jürgen Klinsmann hat mit den Erfolgen die Fans auf seine Seite gebracht. Was sie noch vor Monaten kritisierten, beschreiben sie jetzt als Erfolgsrezept.
"Klinsi gibt sich nicht mit einem Unentschieden zufrieden. Er will gewinnen. Er ist sehr aggressiv und das brauchen wir. Er ist toll. Wir feuern Klinsi gerne an."
"Ich liebe ihn als Trainer! Er hat das gewisse Etwas! Was er mit Deutschland geschafft hat, macht er jetzt bei uns. Er bringt Veränderungen und wir waren nicht immer einverstanden damit, aber er hat Recht! Er schafft eine ganz neue Basis. Das dauert etwas und wir sind nervös geworden - wie Ihr damals in Deutschland. Aber jetzt verstehen wir seinen Plan."
"Ich liebe Klinsmann. Die meisten Fans hier werden wahrscheinlich dasselbe sagen. Er hat die richtige Kultur, die richtige Einstellung. Er trifft die richtigen Entscheidungen. Er bringt uns Spiele gegen Top-Mannschaften und hat Einfluss im Verband. Wenn er etwas will, bekommt er es. Er hat fantastische Arbeit geleistet."
"The last time the US won the Concacaf Gold Cup it was here in Chicago. Six years later the States are back in the Windy City for a title game and riding a mammoth wave of momentum ..."
"Klinsmann wins his first trophy"
Sechs Jahre nach dem letzten Gold Cup Gewinn im selben Stadion bringen Fans beider Nationen die Tribünen zum Wanken. Klinsmann ist vom Spielfeldrand verbannt nach zu demonstrativer Kritik an einer Schiedsrichterentscheidung in der vorherigen Begegnung. Das Finale wird in den USA auf englischen und spanischen Fernsehkanälen live übertragen. Neben tausenden von Fans sind mehrere Dutzend Reporter angereist. Am Ende steht ein weiterer Sieg für die USA:
Eins zu Null
"That's it. Jürgen Klinsmann wins his first trophy as head coach of the US national team claiming the 2013 Gold Cup, one mill over Panama, Jubel ..."
Jürgen Klinsmann gewinnt seine erste Trophäe als Nationaltrainer der US-Mannschaft. Fast genau zwei Jahre nach Amtsantritt nimmt er den Gold Cup entgegen und zieht eine positive Zwischenbilanz. Verband und Athleten seien auf gutem Weg in die Top Ten der Weltrangliste:
"Man möchte immer Fortschritt sehen und dass die Jungs besser, reifer werden. In den letzten zwei Jahren haben viele von ihnen ein höheres Niveau erreicht - auf dem Feld und persönlich, in ihren Clubs und international. Wir treiben sie weiter, wollen sie auf noch höherem Niveau sehen."
Dank der Erfolgsserie, besseren Fernsehverträgen und dem Engagement der Fans hat der Fußball in den USA in der Ära Klinsmann deutlich an Ansehen gewonnen.
"Ich glaube, dass Fußball in diesem Land nicht mehr zu stoppen ist. Er wird besser und größer werden. In den letzten drei Spielen hatten wir 60.000, 70.000, 80.000 Zuschauer im Stadion. Die Leute glauben an diesen Sport. Millionen Kinder spielen Fußball in den USA. Müssen wir noch viele Elemente im Spiel verbessern? Natürlich. Aber Fußball ist nicht mehr aufzuhalten."
Das Ticket zur WM in der Tasche
Gut einen Monat später bekommen die USA Gelegenheit, sich mit einem Sieg im Heimspiel gegen Mexiko vorzeitig die Reise zur Weltmeisterschaft in Brasilien zu sichern. Im Stadion von Columbus, Ohio haben die Männer in rot, weiß und blau schon drei Spiele gegen den Erzrivalen mit Zwei zu Null für sich entschieden.
Das Match ist ausverkauft. Über 9000 Karten sind für den Fanblock reserviert, mehr als doppelt so viel wie für irgendein Spiel der Nationalelf zuvor. Die zeigt den von Klinsmann geforderten Kampfgeist. Eddie Johnson und Landon Donovan treffen ins Tor. Obwohl Clint Dempsey kurz vor dem Abpfiff einen Elfmeter verschießt lächelt der Nationaltrainer zufrieden.
"Chants of USA ringing around the stadium and Jürgen Klinsmann can afford to smile because the USA has done it again - dos a zero again and the USA as good as on the plane to the World Cup finals."
Wieder ein Zwei zu Null in Columbus. Die USA haben das Ticket zur WM in der Tasche als wenig später die Begegnung zwischen Honduras und Panama unentschieden ausgeht.
In der Todesgruppe gegen seinen ehemaligen Ko-Trainer
Knapp drei Monate später ist die WM-Gruppenauslosung.
"Germany! Germany in the group G. Ghana with Germany the group G. USA. Portugal. Portugal in group G with Germany Ghana and USA."
Am Ende sehen sich die USA in einer sogenannten Todesgruppe - mit Extra-Drama: Am 26. Juni wird Klinsmann mit seinen Jungs auf die Deutschen unter Joachim Löw treffen, seinem ehemaligen Ko-Trainer. Die USA haben Deutschland 2013 in einem Freundschaftsspiel besiegt. Doch die Löw-Truppe war nur mit einer B-Mannschaft in Washington DC angetreten.
Joachim Löw und Jürgen Klinsmann bei der WM-Gruppenauslosung.
Joachim Löw und Jürgen Klinsmann bei der WM-Gruppenauslosung.© picture alliance / dpa / Marcus Brandt
Die beiden WM-Spiele, in denen die Länder bisher aufeinandertrafen entschieden die Deutschen für sich. 2002 geschah das im Viertelfinale. Vier Jahre vorher besiegten die Deutschen unter Berti Vogts das US-Team in der Vorrunde Zwei zu Null mit Treffern von Andreas Möller und - Jürgen Klinsmann. Joachim Löw sieht trotzdem einen Trumpf in der Hand seines ehemaligen Chefs:
"Der Jürgen kennt ja den deutschen Fußball viel besser als ich den der USA. Er war Weltmeister als Spieler, er hat hier in Deutschland gearbeitet bei Bayern München. Er war zwei Jahre Nationaltrainer bei der WM in Deutschland. Er kennt die deutsche Mentalität natürlich aus dem FF."
Klinsmann sieht diesen Vorteil auch, doch klar ist: er hat viel Arbeit vor sich um die US-Mannschaft auf die starke Vorrunde einzustellen.
"Wie befürchtet, dass wir aufeinandertreffen. Jetzt ist es wahr geworden und gibt uns eine große Möglichkeit zu zeigen dass wir gegen große Nationen bestehen können. Natürlich - das Los gegen Deutschland selbst ist was ganz Besonderes, Emotionales. Die anderen zwei, die wir in der Gruppe haben, Portugal und auch Ghana, die haben es in sich."
"Niemand schert sich jetzt um 2013"
Zweimal schon sind die USA in einer Weltmeisterschaft an Ghana gescheitert. 2010 in der KO-Runde und vier Jahre davor in der Gruppe. Jürgen Klinsmann bezeichnet deshalb das erste WM-Spiel seiner Männer am 16. Juni in Brasilien als Finale. Für Ex-Nationalspieler Alexi Lalas ist es der erste wahre Test, ob die Mannschaft höchstes internationales Niveau erreicht hat.
"Mag ja sein, dass Jürgen wunderbare Dinge getan und das Team ein wunderbares Jahr 2013 hingelegt hat. Nichtsdestotrotz - niemand schert sich jetzt um 2013. Es ist wichtig, 2014 gut zu sein. Jürgen Klinsmann bekam einen Vertrag und einen Haufen Geld um sicher zu stellen dass die USA bei der Weltmeisterschaft gut abschneidet. Danach wird er beurteilt genauso wie das Team und der US-Fußball. Er ist gescheitert, wenn wir nicht über die Gruppe hinauskommen."
Der US-Fußballverband gibt Klinsmann einen Vertrauensvorschuss. Noch vor der WM verlängert er seinen Trainer-Vertrag und erweitert ihn um den Job des technischen Direktors. Klinsmann habe ein Rekord-Erfolgsjahr vorzuweisen, vom Profibereich bis hinunter in die Jugend eine gute Grundlage für den Entwicklungsprozess des Fußballs gelegt begründet Präsident Gulati die Entscheidung.
Im Trainingslager ist auch von den Spielern nur Lob über Klinsmanns Taktik, Vision und Methoden zu hören, auch von den Mittelfeldspielern Kyle Beckerman und Graham Zusi.
"Er ist immer positiv. Er macht uns immer klar, dass wir das höchste Niveau erreichen können und sagt uns, was wir dafür tun müssen. Wenn wir nicht genug tun, sagt er es uns. Er macht immer klar: unser Ziel ist das höchste Niveau. Dass er weiß, was dazu gehört, ist cool. Seine Erfahrung macht uns besser."
"Jürgen hat auf höchstem Niveau gespielt und gecoacht. Er weiß wo's langgeht im internationalen Fußball. Er hat das hier fast von unten aufgebaut. Jetzt bleiben ihm fünf Monate, ein solides Team für die WM aufzustellen und danach noch mal vier Jahre, das Programm weiter zu verbessern. Er hat uns geholfen, langsam aber sicher eine größere Macht im internationalen Fußball zu werden."
Fans planen ihre Reise nach Brasilien
Auch Stürmer-Veteran Landon Donovan - nach selbstverordneter Auszeit besonders auf dem Klinsmann-Prüfstand - hat nur gute Worte dafür, was der US-Fußball-Verband mit ihm erreicht hat:
"Die Liga ist besser, finanziell stabiler, das Training und die Jugendarbeit sind besser. Es gibt mehr Aufmerksamkeit von Medien und Fans. Mir gefällt der Prozess. Wir bekommen alle Gelegenheit, uns zu beweisen. Ich kann mich an keine WM mit so großer Konkurrenz um die Spielplätze erinnern. Wir nehmen es alle sehr ernst."
Die Erfolgsbilanz in den WM-Trainingsbegegnungen ist durchwachsen. Ein Sieg in Kalifornien gegen Südkorea und eine Niederlage mit den Europa-Legionären gegen die Ukraine. Klinsmann betont nach der Rückkehr auf dem US-Soccer-Onlinekanal das Positive: er wisse nun, wer um einen Platz im WM-Kader kämpfe und Ergebnisse der WM-Gruppengegner seien Grund für Optimismus.
"Es ist ermutigend für uns, bei denen läuft auch nichts perfekt. Unsere Niederlage gegen die Ukraine hat mich geärgert, aber auch Deutschland hatte gegen Chile Probleme. Sie haben nicht so deutlich gewonnen wie das dort in einem Heimspiel erwartet wird. Portugal hatte ein sehr gutes Spiel, aber Ghana hat verloren. Das gibt uns den Eindruck: klar, das sind gute Mannschaften, aber sie sind schlagbar."
Jürgen Klinsmann bei einem Freundschaftspiel gegen die Ukraine.
Jürgen Klinsmann bei einem Freundschaftspiel gegen die Ukraine.© picture alliance / dpa / Katia Christodoulou
Während Klinsmann US-Talente und Gegner sondiert, planen die Fans ihre Reise nach Brasilien.
Erstmals in der US-Fußballgeschichte wird es eigens gecharterte Flugzeuge und Hotelzimmer für Anhänger der Nationalelf geben. Die 600 Plätze sind schon lange ausgebucht. Organisiert hat alles die Fan-Organisation 'American Outlaws'. Der Name kommt vom Außenseiterstatus des Sports in den USA. Die Gruppe startete 2007 mit etwa 40 Fußballbegeisterten in Nebraska, mitten in den USA. Inzwischen hat sie 17 tausend Mitglieder in über 150 Ortsverbänden und feuert die Nationalelf bei jedem Spiel an. American Otlaw-Mitbegründer Justin Brunken:
Steht Fußball kurz davor, Nationalsport zu werden?
"Am Abend vor jedem Spiel gibt es eine Party in einer Bar, wo sich Angereiste und Einheimische treffen. Am Spieltag treffen wir uns auf dem Parkplatz und feiern weiter. Dann marschieren wir zusammen zum Stadion, singen, trommeln, stehen 90 Minuten lang, egal ob wir gegen Mexiko oder Barbados spielen. Unsere Mission ist: Vereinen und Stärken. Wir wollen Fans zusammenbringen."
Soccer ist der einzige US-Sport mit einer so starken Fanbasis für ein Nationalteam. Keine andere Disziplin hat so viele treue Anhänger, die mit der Mannschaft rund um die Welt reisen. Heißt das, Fußball steht kurz davor, Nationalsport zu werden?
Nicht wirklich. Baseball, Football, Basketball und Eishockey haben noch immer einen weiten Vorsprung was Fernseh-Einschaltquoten, Übertragungsrechte, Spieler- und Trainergehälter betrifft. Doch es kommen mehr Zuschauer in die Stadien als zum Basketball oder Eishockey. Die Fußball-Liga MLS wächst. Sie lockt Top-Spieler wie Clint Dempsey und Michael Bradley aus Europa zurück in die USA. Junge Fußballer können sich dort eine Zukunft als Profi vorstellen - zuletzt Bayern Münchens Offensivtalent Julian Green. Sollten Klinsmann und seiner Truppe in Brasilien ein Fußballmärchen gelingen, könnte das ein entscheidender Schub für den Sport sein. Fußballexperte Kevin Baxter von der Los Angeles Times:
"Der Idealfall für den Fußball sieht so aus: Stars, die hier in der Liga spielen haben ein tolles Turnier, die Mannschaft besiegt Deutschland oder Portugal und kommt in die KO-Runde. Die Leute wissen nicht viel über Fußball, aber sie wissen, dass diese Teams richtig gut sind. Sie würden nach der WM in die Stadien stürmen um diese Spieler zu sehen. Verlieren sie dreimal in der Vorrunde fragen sich die Leute: warum sollten wir zweitklassigen Sport schauen, wenn wir die besten Baseball-, Basketball und Footballspieler haben? Ohne erstklassigen Fußball kommen keine Fans."
All das steht auf dem Spiel, wenn im Juni in Recife Klinsmanns Donovan und Bradley gegen Löws Schweinsteiger und Lahm aufeinandertreffen.
"Yes, it is going to be a special day for me because it's my old team that I am going to face ..."
Klinsmann sagt in einem ESPN-Interview: es werde ein besonderer Tag, weil er sozusagen auf sein altes Team treffe. Doch obwohl er beide Nationalhymnen singen werde, gehe es ihm letztendlich um den Erfolg.
Das bedeutet: Jürgen Klinsmann will am 26. Juni gegen Deutschland gewinnen.
"At that moment then I would love to beat Germany."
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