Ex-Fußballnationalspielerin Josephine Henning

Von der Champions League ins Atelier

05:17 Minuten
Auf dem Gemälde sitzt ein Kind auf einer Wiese, im Hintergrund ist ein kleines Tor angedeutet. Das Kind trägt in T-Shirt in blau und gelb
Josephine Henning hat auch das Plakat des Fußballfilmfestivals "11mm" gestaltet. © Josephine Henning
Von Cornelia Wegerhoff · 15.05.2022
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Kultur und Fußball – das passt zusammen, wie das internationale Fußball-Filmfestival "11mm" in Berlin beweist. Mit dabei ist Josephine Henning, frühere Weltklassespielerin und heute Künstlerin. Sie gestaltet Installationen und hat ein Atelier.
Vor vier Jahren ist die ehemalige Fußballnationalspielerin Josephine Henning vom grünen Rasen zu knallbunten Acrylfarben gewechselt: an der Leinwand in ihrem Kölner Atelier oder wie an der knapp 40 Meter langen Wand im „Pace“, einem Physio-Sportcenter.
Während in der Halle trainiert wird, hat die 32-Jährige über Wochen hinweg ein dreidimensionales Kunstwerk geschaffen, aus Gips Mauersteine modelliert und darauf eine gigantische Szenerie gemalt:
"Zwei Hände breiten sich aus, links und rechts. Die linke Hand umfasst einen Sportler, den man nur als Silhouette sieht. Der Sportler hat einen Flügel und wird so von der Hand eingerahmt und ein bisschen beschützt. Die rechte Hand umfasst dann nicht mehr und schützt, sondern lässt fliegen. Deswegen symbolisch ein Kolibri."

Olympisches Gold in Rio

Josephine Henning profitiert von ihren alten Connections: Im Trikot der Nationalmannschaft hat sie auch selbst 2016 an den Olympischen Spielen teilgenommen und in Rio beim Frauenfußballturnier Gold geholt. Viermal gewann die Abwehrspielerin die deutsche Meisterschaft, viermal auch die Champions League.
Aufgewachsen in Trier, begann Hennings Sportkarriere beim FC Saarbrücken, ging über Turbine Potsdam und den VfL Wolfsburg bis hin zu Paris Saint-Germain, Arsenal London und Olympique Lyon. Der Zeichenblock war schon damals immer dabei, erzählt sie. Neben ihrer Fußballkarriere hat Josephine Henning in Paris bereits Grafikdesign und Innenarchitektur studiert.

Das war über 15 Jahre lang so: Sport und Fußball nahmen bei mir 100 Prozent ein. Die Kunst hat immer nebenher alles andere ausgefüllt. Hätte ich das nicht gehabt, wäre ich sehr unausgeglichen gewesen. Dann hat sich das geändert. Mit 28 habe ich mir gesagt: Okay, es wird jetzt so drängend, ich möchte das jetzt so, dass ich die Kunst zu 100 Prozent mache.

Josephine Henning, Ex-Fußballprofi

Eine 1,70 Meter hohe Skulptur zeigt aber, dass sie bis heute eng mit ihrem Sport verbunden ist: Das Werk besteht aus 50 Paar Fußballschuhen. Diese hat Henning "auseinander geschnitten, gesägt und wieder zu einer neuen Figur zusammengesetzt", erzählt sie. Diese Figur ist immer noch "schussbereit und hat noch einen Ball daliegen. Ich versuche da schon, mit bunten und sehr energetischen, aktiven Sachen einen anderen Vibe zu kreieren."
Josephine Henning, Olympiasiegerin und Ex-Fußballnationalspielerin, malt ein Bild.
Endlich kann sich Josephine Henning ganz der Kunst widmen.© Imago / Michael Memmler
„Meant to bond“, so der Titel des Kunstwerks, das der Kraft des kollektiven Zusammenhalts gewidmet ist.

Die Emotionen kommen "zack, aufs Bild"

Ihre Spontaneität beweist Josephine Henning unterdessen bei sogenannten Live-Paintings. Während eines Fußballspiels entstehen ihre Gemälde auch binnen 90 Minuten – an der Staffelei direkt auf der Haupttribüne. Der Ehrgeiz ist geblieben.
"Es ist schon figurativ, aber auch frei und wild. Wenn ich mit etwas anfange, ist das Ziel eigentlich, in eine Stimmung zu kommen, in der ich sage: Okay, ich bin locker, ich bin frei. Ich kann das einfach aufnehmen, die Emotion, die jetzt gerade passiert – zack, aufs Bild!"
Kunst und Sport – das passt zusammen, will Josephine Henning damit auch zeigen. Im Juli bei der Fußball-Europameisterschaft der Frauen in England wird sie deshalb als Kuratorin das künstlerische Begleitprogramm organisieren.

Kunstwerke im Berliner "Babylon"-Kino

Aktuell sind Hennings Werke im Berliner „Babylon“-Kino zu sehen, während des Fußballfilmfestivals "11mm". Auch das Festivalposter hat die Kölnerin gemalt. Darauf sieht man ein Kind, vielleicht ein Mädchen, sagt die Künstlerin.
"Ganz im Hintergrund einer Riesenwiese sieht man ein kleines Tor angedeutet. Sie sitzt da im Schneidersitz und beschützt in ihren Armen eine weiße Taube. Sozusagen hinter ihrem Knie versteckt ist da noch ein relativ alter Fußball. Der liegt da einfach. Ihr Gesicht ist relativ weiß, genauso wie die Taube. Alles andere ist in Erdtönen gehalten – außer das T-Shirt, das ist in blau und gelb. Ich glaube, diese Farben sollten passend zu der Zeit, in der wir sind, jedem etwas sagen."
Es sind die Nationalfarben der Ukraine, über die das "11mm"-Festival einen besonderen Schwerpunkt zeigt. Der ernste, durchdringende Blick des Kindes auf Josephine Hennings Poster ist berührend. Nachdem die erfolgreiche Fußballerin rund um die Welt gereist ist, möchte sie auch als Künstlerin für den Frieden werben.

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