Fußball-Fieber

Von Solveig Grahl |
Ausgebuchte Stadien, Menschenmengen vor riesigen Leinwänden in den Innenstädten: in einem Jahr startet in Deutschland die Fußball-WM – doch das Fußball-Fieber steigt schon jetzt langsam. In Stuttgart zum Beispiel öffnet heute die „Fair Play“, eine Messe über Fußball und alles, was dazu gehört. Fußball-Profis geben Autogramme, Fußballschulen stellen sich vor, es gibt Turniere – aber auch ganz viel Fußball-Kultur.
Halle 4 auf dem Stuttgarter Messegelände. Am großen Stand der Frankfurter Buchmesse packt Martina Barth letzte Kartons aus. Rund 300 Bücher werden hier in den kommenden Tagen zu sehen sein. Und alle haben das gleiche Thema: Fußball. Kinderbücher wie die „Wilden Kerle“ sind dabei, die noch druckfrische Biografie von Franz Beckenbauer, Ratgeber für Fußballtrainer. Aber auch Belletristik über das runde Leder gibt es: Gedichte zum Beispiel.

Barth: „Das ist eine Erzählung eines ostdeutschen Fußballtrainers, der seine eigene Biografie am Stück erzählt und dabei dann gleichzeitig das Ost-West-Verhältnis in Szene setzt. Man muss es sich eigentlich von dem Autor lesen lassen, weil es wirklich ein Ereignis ist.“

Ein großer Teil der Bücher, die auf der „Fair Play“ gezeigt werden, gehören zur Ausstellung „Auswärtsspiel“, die die Frankfurter Buchmesse im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2006 konzipiert und bislang nur auf Buchmessen im Ausland gezeigt hat. Dazu gehört auch sehr neue Literatur, die sich mit dem Fußball im Nationalsozialismus auseinandersetzt, sagt Uli Steinheimer, Projektmanager bei der Frankfurter Buchmesse:

Steinheimer:“ Es wurde über lange Jahre vermisst, dass es nähere Informationen gibt zu dem Thema: Fußball im Nationalsozialismus. Da ist in den letzten zwei Jahren die Lücke doch einigermaßen geschlossen worden. Ganz wichtig war ein Buch: „Der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte, das Leben des Walter Benzemann“. Er hat die ganze Organisation des Deutschen Fußballs vorangebracht – und er war Jude.“

Auf der „Fair Play“ geht es um den Mythos Fußball. Um die Faszination für einen Sport, der längst große Teile der Gesellschaft in seinen Bann gezogen hat – und nicht mehr nur einfach ein Sport ist – sondern eben auch Kultur. Showtraining der Stuttgarter Kickers, ein Theaterstück zum Thema „Gewalt in Stadien“ oder Autogrammstunde bei Hansi Müller und Helmut Haller: das Programm der insgesamt 66 Aussteller und Veranstalter ist vielfältig, sagt Richard Costa von „Fair Play“-Projektleitung. Ein besonderes Highlight: die Bildprojektion der WM-Helden von 1954 auf einer riesigen Leinwand:

Costa: „Da sind die WM-Helden im heutigen Alter, aber in den alten Trikots in Heldenposen abgebildet. Ganz schlicht, aber sehr ergreifend für den Fußballfan. Wir haben einen schönen Überblick über die WM-Historie, wo man noch mal so richtig schön schmökern kann, auch die Storys, die normalerweise nicht jeder weiß, wo man auch mal was nachlesen kann und „Ah, so ist das damals gewesen!"“

Möglichst viele Facetten des Mythos Fußball will die Messe zeigen. Auch die eher unbekannten, die leisen Töne dieses Sports. Und so läuft im Messekino neben dem „Wunder von Bern“ auch ein Film, in dem es um Profifußballer und ihren Glauben geht: „Fußballgott – Das Tor zum Himmel“:

Costa: „Wir haben ja auch in der Bundesliga sehr viele südländische Fußballspieler, die sehr intensive Beziehungen zu Gott auch nach außen pflegen und erklären, warum das so ist und wie sie da im Sport durch ihren Glauben auch profitieren können. Das ist mal eine völlig andere Art, an das Thema Fußball heranzugehen, dass da nicht immer nur das Ergebnis zählt, ob man gewinnt oder verliert.“

Eine Fußball-Messe, die mehr beleuchtet als die 90 Spielminuten im Stadion. Auf die wird sich die Fußballwelt konzentrieren, wenn in genau einem Jahr Anpfiff ist für die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland.