Fußball-Bundesliga

Der HSV erfindet sich neu - mal wieder

Der neue Trainer des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV Josef Zinnbauer.
Der neue Trainer des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV: Josef Zinnbauer, genannt Joe. © dpa / Axel Heimken
Von Stefan Osterhaus · 21.09.2014
An diesem Wochenende gab der neue HSV-Trainer Josef Zinnbauer seinen Einstand. Er ist der sechste Cheftrainer des Vereins seit Oktober 2010. Doch die Verantwortung für die Zukunft des HSV liegt nicht allein bei ihm - sondern eine Etage weiter oben.
Ich muss gestehen, die Versuchung war groß. Einfach mal ins elektronische Archiv zu gehen, die Suchmaske aufzuklappen und die Wörter "HSV", "Krise", "Trainer", "Entlassung" einzugeben.
Ich habe dem Versuch - mit einiger Mühe - widerstehen können, aber sicher ist: Viele Kommentare aus den letzten Jahren wären aufgetaucht, ich hätte lediglich den Namen und den Zeitpunkt austauschen müssen, und ich wäre auf der Höhe der Zeit gewesen. Brandaktuell hätte es geklungen nach der Entlassung von, Moment: Ach ja, Mirko Slomka!
Der Hamburger SV ist seit Jahren in eine Endlosschleife geraten. Innerhalb des letzten Jahres wurden drei Trainer entlassen. Und nun heißt es wieder einmal: Zurück auf Los.
Dabei will er doch nur das, was alle im Fußball wollen: Erfolg. Dieser Ehrgeiz speist sich aus einer langen Geschichte, die bis in die 80er-Jahre einmal glanzvoll war. Und er verliert oft das Maß. Kaum war im Mai die Klasse gesichert, ging es schon wieder um eine glorreiche Zukunft, um Investitionen, um Visionen.
Nicht nur die sportliche Leistung entscheidet
Dabei ist den Hamburger Utopisten eines entgangen: Die Verhältnisse in der Liga haben sich nicht nur verschoben, sie haben sich mittlerweile zementiert. Das, was der Hamburger SV früher einmal war, ein Konkurrent der Bayern, ist heute Borussia Dortmund. Eine Aktiengesellschaft mit hohem Eigenkapital, ein Klub, der von fähigen Leuten geführt wird. Ein Klub, der nicht von den Launen eines Investors wie dem Hamburger Klaus-Michael Kühne abhängt, der viele Millionen Euro in den HSV gesteckt hat und dem kein segensreicher Einfluss in Hamburg nachgesagt wird. Kühne hätte sogar gern Felix Magath als HSV-Trainer gesehen - ein Mann mit Methoden aus dem Fußballantiquariat, aber einer Vita als HSV-Legende.
Mit Sportvorstand Dietmar Beiersdorfer und dem neuen Trainer Josef Zinnbauer arbeiten gewiss versierte Fachleute beim HSV. Aber sie wären nicht die ersten, die an der Vermessenheit von Ansprüchen in einem Klub scheitern würden, der vor mehr als dreißig Jahren mal den Europapokal der Landesmeister gewonnen hat - und wo so getan wird, als wäre es erst gestern gewesen.
So wird es nicht allein von der sportlichen Leitung, sondern von der Vernunft in Klub und Aufsichtsrat abhängen, ob der HSV sich konsolidieren kann. Denn sonst heißt es bald schon wieder: Zurück auf Los.