Schleppende Funino-Reform

Revolution im deutschen Kinderfußball?

05:48 Minuten
Kinder spielen Funino
Der DFB will Funino bundesweit etablieren. © imago / Zink
Von Thorsten Philipps · 16.01.2022
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Kleine Tore, kleine Spielfelder, kleine Teams: Seit zwei Jahren setzt der DFB auf das neue Kinderfußballformat Funino. Zwei Landesverbände wollen es statt Fußball mit großen Toren spielen lassen, doch es regt sich Widerstand.
Die Trainer der F-Jugend vom Ratzeburger SV, Michael Heinrich und Alina Turtschan, sind von Funino überzeugt. Ihre Fußballkinder sind neun Jahre alt und spielen schon seit drei Jahren regelmäßig auf die vier kleinen Minitore – mit Erfolg:
„Dieses Zuspielen im freien Raum können sie durch die zwei Tore viel besser lernen – und das sieht man auch: Wir sind zwei Jahre jünger als die anderen Mannschaften und gewinnen alles. Die können halt alle Fußball spielen.“
In ihrem Kreisfußballverband Herzogtum Lauenburg zwischen Hamburg und Lübeck wird Funino immer beliebter. Die Kinder sind begeistert:

"Es macht genauso viel Spaß wie Fußball, weil es eigentlich das Gleiche ist, und ich liebe Funino, weil man da im Team so viel passen muss."
"Ich liebe Funino, weil man kann da immer auf die eine Seite passen, und wenn da alles gedeckt ist, kann man auf die andere Seite spielen."

Turnierspieltage für unter neunjährige Kinder

Es gibt inzwischen für die unter neunjährigen Kinder sogar schon die vom DFB gewünschten Ligaspiele, die in Form von kleinen Turnierspieltagen ausgetragen werden. Doch Trainer Michael Heinrich ist noch nicht zufrieden mit der Einführung.

Ich hätte mir einfach mal gewünscht, dass, wenn man das einführt, dass man mal Musterspieltage macht, dass man mal ein Konzept hat, dass die Leute, die das Konzept entworfen haben, selbst partizipieren würden, weil außer, dass sie das geschrieben und über eine Whatsapp-Gruppe verteilt haben, ist ja nichts passiert.

Michael Heinrich, Trainer

Nur ein paar Kilometer entfernt in der Hansestadt Lübeck sperrt sich dagegen der Kreisverband gegen die Einführung. Die Argumente dagegen: kein Geld für neue kleine Spezialtore, es werden zu viele Betreuer gebraucht, um der Aufsichtspflicht nachzukommen, und die Vereine wollen es auch nicht:
„Ich bin der Meinung, dass das der falsche Weg ist. Wie soll der Torwart sich dran gewöhnen an kleine Tore und dann auf große Tore – der muss das ja auch lernen. Wie soll das gehen?“

DFB will Funino bundesweit etablieren

Diese Meinungen hört Leon Ries, der als Abteilungsleiter Basisberatung des DFB mit der Einführung von Funino beauftragt ist, fast täglich, dennoch lässt er sich von dem Ziel, Funino bundesweit zu etablieren, nicht abbringen.

Besser werden muss aus unserer Sicht noch die digitale Begleitung und Organisation dieser neuen Spielform.

Leon Ries, DFB-Funktionär

In Bayern ist der zuständige Jugendkoordinator Florian Weißmann schon etwas weiter. Er war der Erste, der die Einführung von Funino vor zwei Jahren forderte. Die meisten seiner 22 Fußballkreise hat er allerdings noch nicht überzeugt. Bislang machen erst 40 Prozent mit.
„Wir haben Trainerschulungen konzipiert, wir haben Demofestivals organisiert.“
In Baden-Württemberg, Bremen und Köln spielen schon die meisten Kinder in den Vereinen Funino. In Schleswig-Holstein versucht der Verband seine Kreisverbände von der neuen Spielform noch zu überzeugen. Für den Vorsitzenden Uwe Döring liegen die Vorteile auf der Hand:

Niemand muss lange auf der Bank sitzen. Alle spielen alle Positionen.

Uwe Döring, Präsident des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes

Aber Uwe Döring kann nicht wie sein Kollege aus Bayern, Florian Weißmann, einfach die Kreisverbände anweisen, denn in Schleswig-Holstein entscheidet jeder Kreisverband, wie er es für richtig hält. Es gibt also bundesweit nicht mal einheitliche Strukturen, und das erschwert eine flächendeckende zeitgleiche Einführung.
Uwe Döring, Präsident des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes
Uwe Döring, Präsident des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes, ist ein Funino-Befürworter.© Privat

Neue Spielformen ab der Saison 24/25 geplant

Auf Verbandsebene sprechen Uwe Döring oder Leon Ries auch nicht mehr von Funino, sondern lieber vom „Kinderfußball“, weil schon der Begriff inzwischen offenbar zu Widerständen führt, aber Leon Ries vom DFB ist trotzdem optimistisch.
„Wir haben eine App am Start – die Teampunkt-App vom DFB, die die Vereine unterstützen soll bei der Durchführung dieser neuen Spielform. Wenn ich zum Beispiel Vereine einlade, bei uns zu spielen, kann ich das über die App machen. Die App ist schon ganz gut, aber noch nicht überall verbreitet.“

Derzeit startet der DFB eine neue Kampagne, die am 21. Januar auf dem Bundesjugendtag des Deutschen Fußballbundes vorgestellt werden soll.
„Wo wir über den DFB Masterplan die Landesfußballverbände dabei unterstützen, diese Spielform einzuführen und auch Kennzahlen vorgegeben haben, wie die nächsten Jahre aussehen sollen und sind auf das Jahr 2024 gekommen, das heißt: In der Saison 2024/25 sollen die neuen Spielformen in der G-, F- und E-Jugend eingeführt werden."

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