"Fulgurator ist jemand, der Blitze schleudert"
Der ambitionierte Aristokrat sieht sich selbst als das schwarze Schaf der von Bismarcks. Mit seinem Fulgurator war der Künstler einige Jahre der Star auf den Treffen von Medienkünstlern und reiste damit um die Welt.
In einer leeren Fabrikhalle in Berlin-Tempelhof wälzt sich ein eineinhalb Meter großer Ring, mit Alufolie bespannt, über den Boden.
Julius von Bismarck: "Das ist ein Torus-Torus, die mathematische Bezeichnung für die Form eines Doughnuts -, der durch den Raum robbt und sich andauernd selbst umkrempelt. Und das ist so ein bisschen ein Modell des Universums."
Das Universum sei eine vierdimensionale gekrümmte Fläche, heißt es. So was kann man sich nicht vorstellen. Und deshalb hat dieser Künstler nachgebaut, wie er sich das vorstellen könnte, das Universum, und wie es sich bewegt.
"Und hier muss ich halt dieses Plastikzahnrad gegen ein Stahlzahnrad austauschen, dann wird es besser laufen."
Auf den frühen Fotos von Julius von Bismarck, die durchs Internet geisterten, sah er stets ziemlich unheimlich aus: sehr lange Haare unter einer Wollmütze, Talibanbart und ganz böser Blick, dazu in der Hand ein merkwürdiges Gerät, das aussah wie eine Hightech-Waffe: Doch dann steigt da ein ganz sanfter, freundlicher Mann aus dem alten Volvo (Kombi natürlich): Und aus der Nähe sieht er sogar noch sehr jung aus, der 27-Jährige.
Diese vermeintliche Hightech-Waffe von den Fotos hat ihn, in Insiderkreisen zumindest, bekannt gemacht: sein Image Fulgurator.
"Fulgurator ist jemand, der Blitze schleudert, oder etwas, das Blitze schleudert. Fulgus ist Blitz und Fulgurator dann halt eben das Blitze schleudernde Ding oder der Mensch."
Julius von Bismarcks Image Fulgurator funktioniert wie eine klassische Spiegelreflexkamera – nur genau andersrum: Das Gerät nimmt die Blitze anderer Kameras in der Umgebung wahr und wirft im Moment des Abdrückens eine Projektion auf das Motiv – so kurz, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann, aber lang genug, um seine Projektion auf das Bild des Fotografen neben ihm zu legen. Und das Ding sieht inzwischen auch nicht mehr aus wie eine Waffe, sondern wie eine normale Pressefotografenkamera: Spiegelreflex mit riesigem Objektiv.
Und es erlaubt so witzige Sachen wie, dem Berliner Bürgermeister Wowereit das O2-Emblem aufs Jacketrevers zu zaubern – passend zur damals als Ausverkauf kritisierten O2-Arena. Oder den martialisch auftretenden Polizisten beim Berliner 1. Mai - als ihnen gebührendes Wappen - den Bundesadler auf die ritterhaften Kampfanzüge zu zeichnen: oder ein Kreuz auf das Rednerpult von Präsident Obama zu zaubern bei dessen Auslandswahlkampf-Auftritt unter der Siegessäule: Und viele Leute wissen dann für einen kurze Zeit nicht, ob sie dem Foto oder ihren eigenen Augen trauen sollen.
Mit seiner Fulgurator-Erfindung war Bismarck ein paar Jahre lang der Star auf den Treffen von Medienkünstlern, reiste damit um die Welt. Und auch die politischen Blogger vereinnahmten ihn als politischen Aktivisten.
" "Ja, es gibt natürlich das Image, das ich nach außen habe und das ich natürlich auch benutzen muss, um Interesse oder Geld irgendwoher zu kriegen. Aber das ist von innen alles gar nicht so präsent, von innen bin ich dann, glaube ich, gar nicht so speziell."
Na ja, aber adelig...
"Was ist adelig? Also wir haben eine große Familie, und wir machen auch Familientreffen. Und das ist auch schön, das ist ein sehr großer Wert, den ich auch schätze. Also das ist eine große heile Familie, ob das jetzt daran liegt, dass die adelig ist oder nicht, weiß ich nicht."
Seine frühe Kindheit verbrachte er in Saudi-Arabien, nach kurzem Zwischenstopp in Freiburg dann seine "ganze Jugend bis heute" (sagt er) in Berlin.
"Ich kann auch nicht verleugnen, dass ich nicht doch irgendwie das in mir drin auch spüre, weil man einfach anders sozialisiert wurde. Aber ich bin auf jeden Fall kein typischer Adliger. Ich bin da, glaube ich, eher das schwarze Schaf."
Trotzdem wurde ihm die Vereinnahmung als Politaktivist bald zu eng. Seine Kunstarbeiten decken aber auch ganz andere und subtilere Bereiche ab: wie der Top Shot Helm, den man aufsetzen kann, mit Antennen dran und einem Ballon, der oben drüber schwebt, und dann sieht man sich selbst von oben - wie die Seele, mit der man angeblich von oben auf sich herabschaut, erklärt der Erfinder. Eine andere Kunstarbeit ist diese Stahlkugel, die in einem Kellergewölbe von der Decke fiel und kleine Minierdbeben auslöste.
" "Und einmal pro Stunde hat dann ein Kran diese Kugel mit einem Magneten wieder hochgekurbelt, und dann fiel sie wieder runter."
Zwischen lyrisch und brachialphilosophisch sind seine Arbeiten im Grunde, verspielt: wie bei einem Dr. Seltsam oder diesen verschrobenen, nerdigen Wissenschaftler in altmodischen Comics!
"Ich war nie so der typische Comic-Nerd - vielleicht auch, weil ich Legastheniker bin und auch nie so richtig lesen wollte. An Comics hat mich immer gestört, dass man da doch immer ein bisschen lesen musste, um es zu verstehen. Nee, ich war mehr so der Programmier- und Technikbastelnerd. Ich hab eine Werkstatt gehabt als Kind statt Spielzeug und habe immer so rumgebaut und so ein bisschen mein Interesse für die Welt befriedigt."
Später fing er an, visuelle Kommunikation zu studieren an der Berliner Universität der Künste, wechselte dann zum Institut für Raumexperimente des dänischen Künstlers Olafur Eliasson, und dort ist der Künstler Julius von Bismarck gerade dabei, sein Studium abzuschließen.
"Die Sachen, die ich bauen will, die lassen sich vielleicht nicht gut verkaufen, weil keiner sich das übers Sofa hängen will. Und manchmal ist das alles sehr frustrierend, aber manchmal gibt es dann auch wieder Lichtblicke. Und ich bin da eigentlich grundsätzlich sehr zuversichtlich. Muss man auch sein, sonst kann man gleich aufhören."
Link:
Homepage Julius von Bismarck
Julius von Bismarck: "Das ist ein Torus-Torus, die mathematische Bezeichnung für die Form eines Doughnuts -, der durch den Raum robbt und sich andauernd selbst umkrempelt. Und das ist so ein bisschen ein Modell des Universums."
Das Universum sei eine vierdimensionale gekrümmte Fläche, heißt es. So was kann man sich nicht vorstellen. Und deshalb hat dieser Künstler nachgebaut, wie er sich das vorstellen könnte, das Universum, und wie es sich bewegt.
"Und hier muss ich halt dieses Plastikzahnrad gegen ein Stahlzahnrad austauschen, dann wird es besser laufen."
Auf den frühen Fotos von Julius von Bismarck, die durchs Internet geisterten, sah er stets ziemlich unheimlich aus: sehr lange Haare unter einer Wollmütze, Talibanbart und ganz böser Blick, dazu in der Hand ein merkwürdiges Gerät, das aussah wie eine Hightech-Waffe: Doch dann steigt da ein ganz sanfter, freundlicher Mann aus dem alten Volvo (Kombi natürlich): Und aus der Nähe sieht er sogar noch sehr jung aus, der 27-Jährige.
Diese vermeintliche Hightech-Waffe von den Fotos hat ihn, in Insiderkreisen zumindest, bekannt gemacht: sein Image Fulgurator.
"Fulgurator ist jemand, der Blitze schleudert, oder etwas, das Blitze schleudert. Fulgus ist Blitz und Fulgurator dann halt eben das Blitze schleudernde Ding oder der Mensch."
Julius von Bismarcks Image Fulgurator funktioniert wie eine klassische Spiegelreflexkamera – nur genau andersrum: Das Gerät nimmt die Blitze anderer Kameras in der Umgebung wahr und wirft im Moment des Abdrückens eine Projektion auf das Motiv – so kurz, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann, aber lang genug, um seine Projektion auf das Bild des Fotografen neben ihm zu legen. Und das Ding sieht inzwischen auch nicht mehr aus wie eine Waffe, sondern wie eine normale Pressefotografenkamera: Spiegelreflex mit riesigem Objektiv.
Und es erlaubt so witzige Sachen wie, dem Berliner Bürgermeister Wowereit das O2-Emblem aufs Jacketrevers zu zaubern – passend zur damals als Ausverkauf kritisierten O2-Arena. Oder den martialisch auftretenden Polizisten beim Berliner 1. Mai - als ihnen gebührendes Wappen - den Bundesadler auf die ritterhaften Kampfanzüge zu zeichnen: oder ein Kreuz auf das Rednerpult von Präsident Obama zu zaubern bei dessen Auslandswahlkampf-Auftritt unter der Siegessäule: Und viele Leute wissen dann für einen kurze Zeit nicht, ob sie dem Foto oder ihren eigenen Augen trauen sollen.
Mit seiner Fulgurator-Erfindung war Bismarck ein paar Jahre lang der Star auf den Treffen von Medienkünstlern, reiste damit um die Welt. Und auch die politischen Blogger vereinnahmten ihn als politischen Aktivisten.
" "Ja, es gibt natürlich das Image, das ich nach außen habe und das ich natürlich auch benutzen muss, um Interesse oder Geld irgendwoher zu kriegen. Aber das ist von innen alles gar nicht so präsent, von innen bin ich dann, glaube ich, gar nicht so speziell."
Na ja, aber adelig...
"Was ist adelig? Also wir haben eine große Familie, und wir machen auch Familientreffen. Und das ist auch schön, das ist ein sehr großer Wert, den ich auch schätze. Also das ist eine große heile Familie, ob das jetzt daran liegt, dass die adelig ist oder nicht, weiß ich nicht."
Seine frühe Kindheit verbrachte er in Saudi-Arabien, nach kurzem Zwischenstopp in Freiburg dann seine "ganze Jugend bis heute" (sagt er) in Berlin.
"Ich kann auch nicht verleugnen, dass ich nicht doch irgendwie das in mir drin auch spüre, weil man einfach anders sozialisiert wurde. Aber ich bin auf jeden Fall kein typischer Adliger. Ich bin da, glaube ich, eher das schwarze Schaf."
Trotzdem wurde ihm die Vereinnahmung als Politaktivist bald zu eng. Seine Kunstarbeiten decken aber auch ganz andere und subtilere Bereiche ab: wie der Top Shot Helm, den man aufsetzen kann, mit Antennen dran und einem Ballon, der oben drüber schwebt, und dann sieht man sich selbst von oben - wie die Seele, mit der man angeblich von oben auf sich herabschaut, erklärt der Erfinder. Eine andere Kunstarbeit ist diese Stahlkugel, die in einem Kellergewölbe von der Decke fiel und kleine Minierdbeben auslöste.
" "Und einmal pro Stunde hat dann ein Kran diese Kugel mit einem Magneten wieder hochgekurbelt, und dann fiel sie wieder runter."
Zwischen lyrisch und brachialphilosophisch sind seine Arbeiten im Grunde, verspielt: wie bei einem Dr. Seltsam oder diesen verschrobenen, nerdigen Wissenschaftler in altmodischen Comics!
"Ich war nie so der typische Comic-Nerd - vielleicht auch, weil ich Legastheniker bin und auch nie so richtig lesen wollte. An Comics hat mich immer gestört, dass man da doch immer ein bisschen lesen musste, um es zu verstehen. Nee, ich war mehr so der Programmier- und Technikbastelnerd. Ich hab eine Werkstatt gehabt als Kind statt Spielzeug und habe immer so rumgebaut und so ein bisschen mein Interesse für die Welt befriedigt."
Später fing er an, visuelle Kommunikation zu studieren an der Berliner Universität der Künste, wechselte dann zum Institut für Raumexperimente des dänischen Künstlers Olafur Eliasson, und dort ist der Künstler Julius von Bismarck gerade dabei, sein Studium abzuschließen.
"Die Sachen, die ich bauen will, die lassen sich vielleicht nicht gut verkaufen, weil keiner sich das übers Sofa hängen will. Und manchmal ist das alles sehr frustrierend, aber manchmal gibt es dann auch wieder Lichtblicke. Und ich bin da eigentlich grundsätzlich sehr zuversichtlich. Muss man auch sein, sonst kann man gleich aufhören."
Link:
Homepage Julius von Bismarck