Für Venedig zu brutal

Schauplatz Venedig. Ein Unschuldiger, verbannt und gefoltert, tritt vor den Rat der Zehn und verlangt Gerechtigkeit. Aber sein Vater, der alte Doge, ist ein Gefangener seines Amtes und schafft es nicht, seinen Sohn vor sinnlosem Tod zu bewahren. Seine Schwiegertochter, eine liebende Frau, die mit Wut gegen die Obrigkeit ankämpft, muss machtlos den Schauprozess mit ansehen. Am Ende sind beide Männer tot, sie gebrochen. Der Nachfolger im Dogen-Amt hat sein Ziel erreicht.
"Und das wollen Sie in Venedig auf die Bühne bringen, gerade in Venedig?" – musste sich Giuseppe Verdi von der Leitung des Teatro La Venice fragen lassen, als er 1843 "The two Foscari" von Lord Byron vorschlug. Mit Dreißig war er der junge Star, der kommende Mann unter Italiens Opernkomponisten, der Probleme hatte, allen Aufträgen, die an ihn herangetragen wurden, gerecht zu werden.

Wahrscheinlich war er gut beraten, dieses Foscari-Projekt aufzuschieben, und in Venedig stattdessen "Ernani" anzubieten. Die Story ist nicht weniger hart, doch wurden so wenigstens keine speziell venezianischen Empfindlichkeiten berührt.
Die Oper "I due Foscari", für die Francesco Maria Piave aus der undramatischen Vorlage Byrons ein passables Libretto verfasst hat, kam erst 1844 in Rom zur Uraufführung. Verdi bemerkte dazu lakonisch, dass es ein "Mezzo-Fiasko" gewesen sei.
Als "I due Foscari" zum ersten Mal im Kärntnertortheater der "Walzer-Stadt" aufgeführt wurde, gab es Gelächter darüber, wie so eine ernste Thematik über weite Strecken im Dreivierteltakt abgehandelt werden könne.
Am 19. Mai 2008 wurde die Oper im Wiener Konzerthaus konzertant aufgeführt. Anlass, dieses vernachlässigte Stück wieder auf der Bühne erleben zu können, wird vielleicht erst das Verdi-Jubiläumsjahr 2013 bieten.



Euroradio-Opernsaison 2007-2008
Konzerthaus Wien
Aufzeichnung vom 19.5.08

Giuseppe Verdi
”I due Foscari”, Tragedia lirica in drei Akten
Libretto: Francesco Maria Piave

Leo Nucci, Bariton - Francesco Foscari
Francisco Casanova, Tenor - Jacopo Foscari
Manon Feubel, Sopran - Lucrezia Contarini
Dan Paul Dumitrescu, Bass - Jacopo Loredano
Jörg Schneider, Tenor - Barbarigo
Nina Bernsteiner, Sopran - Pisana
Eugen Gaal, Bass - Diener des Dogen

Slowakischer Philharmonischer Chor
Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Bertrand de Billy

Nach dem 2. Akt ca. 20:35 Uhr Konzertpause mit Nachrichten