Für den guten Ton

Von Roland Krüger |
Surround-Sound, "Headzone" und "Clipch-Hörner" – auf der diesjährigen IFA spielt Audio-Technik eine große Rolle. Dolby-Surround-Anlagen präsentieren Konzerte als dreidimensionale Hörerlebnisse, ganz so, als säße man direkt im Aufführungssaal. Das ist nun sogar bei Kopfhörern möglich. Auch bei MP3-Dateien wird an einer besseren Klangqualität gearbeitet.
"Der alte Traum der Hifi-Technik ist ja, dass ich mich wirklich fühle, als wäre ich im Konzertsaal. Das ist über die Zeit hinweg immer weiter getrieben worden, aber wir stehen jetzt vor noch mal neuen, großen Schritten."

Professor Karlheinz Brandenburg muss es wissen. Er war an der Entwicklung des mp3-Formats zur Audiokompression beteiligt und gilt als einer der mp3-Väter. In diesem Format wird das ursprüngliche Tonsignal nicht exakt abgespeichert, sondern nur die Anteile, die das menschliche Gehör auch wahrnimmt. Das Signal braucht dadurch weniger Speicherplatz, klingt aber fast genauso wie das Original.

Aber man kann alles noch verbessern. Surround-Sound heißt das Stichwort, hier wird dem menschlichen Ohr signalisiert, dass es sich mitten in einer akustischen Szene befindet. Das kennt man längst aus dem Kino, und viele Audio-Fans haben längst eine Dolby 5.1- oder 7.1-Anlage im Wohnzimmer, sind also von Lautsprechern gewissermaßen umzingelt. Zwischen bis zu acht Lautsprechern kann man sich hin und her bewegen und wandert damit durch den akustischen Raum. Träger von Kopfhörern haben hier noch das Nachsehen. Nicht mehr lange, sagt Gunter Wiedemann von der Firma Beyerdynamic, die ein neues System auf den Markt bringen wird, es heißt "Headzone":

"Das System zeichnet sich dadurch aus, dass wir ein richtiges Lautsprecher-Setup mit allen Winkeln, die dazu gehören, also Center, 0 Grad, vorne links und rechts plus minus 30 Grad, Surround, links und rechts plus minus 110 Grad winkelgetreu, richtungsgetreu abbilden können über einen zweikanaligen Kopfhörer. Dazu gehört natürlich ne entsprechende Aufbereitung über einen wahnsinnig schnellen, digitalen Signalprozessor, der mit der so genannten HRTF, also der kopfbezogenen Übertragungsfunktion, arbeitet."

Der Effekt ist verblüffend. Auf einem Bildschirm läuft ein Robbie-Williams-Konzert. Dreht man den Kopf nach rechts, dann hört man Mr. Williams mehr von links und umgekehrt. Es ist so, als säße man wirklich im Zuschauerraum. Mit einem speziellen Kopfhörer-Verstärker, der sich automatisch dem jeweiligen Widerstand des Kopfhörers haargenau anpasst, lässt sich nicht einmal mehr ein klitzekleines Rauschen heraushören.

Keine 50 Schritte weiter: die teuerste Anlage der Welt. 700.000 Euro müsste man hinblättern, wenn man sich etwas Gleichwertiges im Wohnzimmer installieren möchte. Was zeichnet diese Anlage aus?

"Eine Anlage macht vor allem gut, dass man jede Art von Musik in jeder Lautstärke perfekt darüber genießen kann, und das in jedem Raum, wo man die aufstellen will und die mit jeder Art von Musik die Zuhörer begeistert."

Malte Ruhnke, Test- und Technik-Redakteur der Zeitschrift AUDIO. Wer das akustische Non-Plus-Ultra haben möchte, muss schon sehr tief in die Tasche greifen. Plattenspieler: 125.000 Euro, Verstärker: 285.000 Euro, soviel wie ein Einfamilienhaus:

"Und das wichtigste vielleicht in diesem Raum sind die Lautsprecher, die sind von der Firma Clipch, so genannte Clipch-Hörner, die speziell für große Räume und speziell für Eckaufstellungen gedacht sind, die haben wir in einer Spezialversion, wir haben zehn Stück nämlich davon, damit können wir selbst über hundert Leute nämlich adäquat und hochwertig beschallen."

Immer geht es um die optimale Kombination von Verstärkern und Lautsprechern. Das sagt auch Michael Krehl, Elektroniker auf dem Spezialgebiet Heimkino-Anlagen. Er hat eine Anlage der Firma Sherwood feingetunt. Die Anlage wurde anschließend mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis ausgezeichnet, unter 500 Bewerbern!

"Dann ist natürlich das A und O bei einer Messe immer die Abstimmung. Strom, in die Steckdose stecken, da fängt es schon an, mit richtiger Polung, dann gibt es Optimierung, wie die Geräte stehen, die Untergründe, wo die Geräte draufstehen, müssen angeglichen werden. Das macht man dann vor Ort, weil man da anhören muss, wie sich der Raum und wie sich die Anlage im Raum anhört, und darauf kann man der Anlage den Feinschliff geben."

Wichtig ist, dass der Kunde weiß, was er will. Holger Stein betreibt in Mülheim ein Geschäft mit exquisiten Audio-Komponenten. Wer seinen Laden betritt, sollte ganz genau Auskunft geben können, was die gewünschte Anlage wiedergeben soll:

"Da muss man ganz klar unterscheiden zwischen den Leuten, die wirklich für den Kinosound zu Hause eine Anlage haben möchten und zwischen den Kunden, die einfach Musik hören. Leute, die Musik hören, sind im Grunde mit einer Zweikanalanlage bestens bedient, für einideales Kinoerlebnis kommt man um 5.1, 7.1 nicht drum herum."

Und dann kann man die Qualität einer Anlage ziemlich gut an ihrem Preis ablesen. Gute Verbindungskabel haben nun mal vergoldete Stecker und sind ordentlich abgeschirmt, und das kostet eben.

Geschmackssache ist hingegen, ob man sich mit datenreduzierter Musik auseinandersetzen möchte oder nicht. Schallquellen selbst sind analog. Bevor sie von einem Mikrofon aufgefangen werden und auch dann wieder, wenn sie aus dem Lautsprecher kommen. Deshalb sollte sich auf dem Weg vom Mikrofon bis zur Box möglichst wenig am Signalfluss verändern. Digitalisierung und Datenreduktion haben aber immense Einflüsse auf das Original. Und in nächster Zeit werden wir auf Datenreduktion auch nicht verzichten können, selbst dann, wenn Speicherplatz immer preiswerter wird. Professor Karlheinz Brandenburg:

"Insofern ist die Geschichte immer gewesen, dass der Hunger nach Speicher immer noch schneller gewachsen ist als die Speicherkapazitäten. Datenreduktion wird derzeit nach wie vor an bestimmten Stellen ganz dringend gebraucht und an anderen Stellen ist sie einfach eingeführt, und warum soll ich fünfmal oder zehnmal soviel für den Speicher zahlen, wenn es das halt gibt? Das ist auch ein Problem der HD-Formate, dass die so wenig zusätzlichen Unterschied bringen, dass die Leute, wenn es nur um Musik geht, gar nicht zugreifen mehr."

Auch bei MP3 wird deshalb am Raumklang gearbeitet. MP3-Surround gibt es schon eine ganze Weile, Iosono heißt ein datenreduziertes Surround-Format, in dem man genau die Orte der Schallquellen lokalisieren kann. Es ist noch nicht ganz ausgereift, es klingt noch ein bisschen verwaschen, wenn man den schriftlichen Aussagen einiger Tester im Internet glaubt. Die Entwickler programmieren also noch am letzten Feinschliff, und irgendwann ist das System vom Fraunhofer-Institut fast perfekt. Nicht zu hundert Prozent, denn das ist eine Zahl, die Karlheinz Brandenburg ohnehin nicht für angemessen hält:

"Ich vermute mal, dass in dreißig Jahren die Leute lächeln über das, was wir heute als 100 Prozent gesehen haben, genauso, wie wir jetzt lächeln über die Hörexperimente, die mit dem Edisonschen Phonographen vor hundert Jahren gemacht wurden und wo´s schon hieß, das ist 100 Prozent dasselbe."