Für den Grammy nominiert

Hippie-Sounds der kanadischen Ureinwohner

Indianerfriedhof auf Vancouver Island in Kanada
Indianerfriedhof auf Vancouver Island: Wer weiß schon, dass kanadische Ureinwohner in den 60ern tolle Songs produzierten? © imago/blickwinkel
Von Arndt Peltner · 12.02.2016
Folk, Rock, Country. Kevin Howes hat vergessene Platten von Musikern aus der indigenen kanadischen Bevölkerung in einer beeindruckenden Compilation neu publiziert. Das Album heißt "Native North American Vol. 1”, umfasst Songs der Jahre 1966 bis 1985 – und ist für den Grammy nominiert.
Gleich vorweg "Native North American Vol. 1” ist eine beeindruckende Sammlung der Aboriginal Musik aus Kanada. Es sind Folk, Rock und Country Songs, die zwischen 1966 und 1985 aufgenommen wurden. Hinter dieser Doppel-CD steckt Kevin Howes, der mit viel Einsatz und Liebe fünf Jahre lang all diese unbekannten, fast vergessenen und fast verlorenen Lieder zusammen getragen hat.
Howes: "In den letzten 20 Jahren bin ich quer durch Kanada gereist auf der Suche nach Vinyl. Musik aus den 50ern, 60ern, 70ern und 80ern in ganz verschiedenen Genres. Dabei stieß ich immer wieder auf Platten von indianischen Musikern. Künstler wie Willie Dunn, David Campbell, Shingoose, und ich wolllte mehr über sie erfahren. Aber in keiner Bücherei und auch nicht in alten Magazinen konnte ich was über sie finden. Es gab nicht viel in den Massenmedien der Zeit, also musste ich sie direkt aufsuchen um mehr über diese wunderbare Musik und ihre Geschichte zu erfahren."

USA, Mexiko, Mittelamerika: Weitere Compilations sollen folgen

Mit "Light in the Attic Records” in Seattle fand Kevin Howes einen interessierten Partner für diese Idee, die Musik der Indianer Nordamerikas wieder zu veröffentlichen. Vol. 1 konzentriert sich auf die Region Kanadas und Alaskas. Danach sollen weitere Ausgaben mit der Musik der 48 US-Staaten und der Lieder aus Mexiko und Mittelamerika folgen. Das Label ist ein Independent Label, viel Geld war da nicht zu machen. Doch Howes wollte dieses Projekt realisieren:
"Die Musiker sind übers ganze Land verteilt, es war äußerst schwer einige zu finden. Ich habe fünf Jahre daran gearbeitet, um diese Compilation zusammen zu stellen. Die Kontakte mit den Musikern aufgebaut, die Rechte von ihnen eingeholt, die Archivarbeit gemacht, die Interviews geführt. Und dabei versucht, mich - als Nicht-Native American - in die Situation einzufühlen, wie das war, als viele Ureinwohner ihre kulturellen Wurzeln wieder entdeckten."

Überraschung, als Kevin Howes auftauchte

"Native North America” stellt eine Musikszene Kanadas vor, die eigentlich nur eines einte, nämlich: dass sie vom Mainstream ihrer Zeit nicht beachtet wurde. Die Platten liefen nur sehr selten auf den Radiosendern in den Reservaten der Indianer und auf Community Stationen im Land. Kommerziell hatten die wenigsten Musiker Erfolg. Umso mehr waren sie überrascht, als der junge Kevin Howes, selbst noch nicht einmal ein Native American, sie mit seinem Anliegen aufsuchte:
"Es gab vor allem eine positive Reaktion. Sie waren begeistert davon, dass mich ihre Musik so positiv berührt hat, dass sie mein Herz und meine Seele damit erreicht hatten und dass ich danach versucht habe, mit ihnen in Kontakt zu treten und mehr über sie zu erfahren. Die Künstler waren also gleich an Bord für dieses Projekt. Und als es abgeschlossen war, ihnen dann das fertige Album zu überreichen, ihre Reaktion zu hören, ihre Begeisterung, das war bewegend. Solch eine positive Rückmeldung bedeutet die Welt für mich."
"Seitdem das Album draußen ist, organisiere ich Veranstaltungen in Kanada, stelle Verbindungen mit Künstlern her, organisiere Konzerte, wir zeigen alte Filme, wie Willie Dunn’s "The ballad of crowfoot”. Im Februar fahren wir für eine fünf Gemeinden Tour in die Nordwest-Territorien. Die Musik ist noch immer lebendig und gut und ich will, dass die Leute das wissen, in dem sie diese alten Lieder hören."

Kultur, Spiritualität, Beziehungen

Die Liedtexte drehen sich um vieles. Um das Land, die Kultur, Spiritualität, Beziehungen. Für einige der Musiker wurden die Songs zu einer Art Katharsis:
"Ein Künstler wie Willie Thrasher, er ist ein Inuk, wurde damals im Alter von fünf, sechs Jahren gegen den Willen der Familie in eine Internatsschule gesteckt. So ging es Tausenden von Kindern, denen verboten wurde ihre Kultur zu leben, ihre traditionelle Sprache zu sprechen. Musik war für Willie Thrasher ein Weg wieder mit seiner Kultur zusammen zu finden, die ihm lange verboten war."
"Native North America Vol. 1” ist eine Klangreise in ein unbekanntes Kanada. Begleitet werden die 2 CDs mit insgesamt 34 Titeln von einem umfangreichen Booklet mit Informationen zu jedem Musiker, den Liedtexten und dazu vielen Originalfotos. Für mich hat das Album auf alle Fälle einen Grammy verdient.
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