Reform der Fahrschulausbildung

Wie der Führerschein wieder günstiger werden soll

Bei einer theoretischen Führerscheinprüfung zeigt der Prüfer ein Tablet mit einer Prüfungsfrage.
Digitale Theorieprüfung für den Führerschein - oft wird dieser Test nicht bestanden. © picture alliance / dpa-Zentralbild / Bernd Wüstneck
Der Führerschein wird immer teurer. Inflation und Personalmangel in den Fahrschulen treiben die Kosten, zudem fallen immer mehr Fahrschüler durch die Prüfungen. Bundesverkehrsminister Schnieder will deswegen nun die Fahrschulausbildung reformieren.
Immer weniger Menschen machen in jungen Jahren einen Pkw-Führerschein: Die Zahl derjenigen, die spätestens mit 24 Jahren eine Fahrerlaubnis haben, ist in den vergangenen zehn Jahren um 14 Prozent gesunken.
Ein zentraler Punkt dabei sind die Kosten, die Preise der Fahrschulen sind stark gestiegen. Fahrschüler fallen zudem wesentlich häufiger durch die Prüfungen.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) will deswegen die Fahrschulausbildung reformieren. Ziel sei es, den Führerscheinerwerb bei weiterhin hohen Sicherheitsstandards bezahlbarer zu machen.
Nach Angaben aus der Branche kostet ein Führerschein derzeit im Durchschnitt rund 3.000 Euro, unter Umständen aber auch bis zu 4.500 Euro.

Kostentreiber Nummer 1: Hohe Durchfallquote

Die steigende Durchfallquote treibt die Kosten beim Kfz-Führerscheinerwerb deutlich in die Höhe: Bei der praktischen Prüfung betrug sie 2024 nach Angaben des TÜV mehr als ein Drittel (37 Prozent), bei der theoretischen sogar fast die Hälfte (45 Prozent). 2015 lag die Durchfallquote nach Zahlen des Kraftfahrbundesamtes in der praktischen Prüfung noch bei 31 und in der Theorieprüfung bei 35 Prozent.
Auch mehrfaches Scheitern ist heute keine Seltenheit. Zwei von fünf Theorieprüfungen fürs Auto waren 2024 ein Wiederholungsversuch. Damit nicht genug: Bei Wiederholungsprüfungen scheitern zudem anteilig mehr Schülerinnen und Schüler als beim ersten Versuch.
Besser schneiden in den Prüfungen hingegen Unter-18-Jährige ab. Oftmals sei ihre Motivation besonders hoch, weil sie den Führerschein für einen Ausbildungsplatz brauchen, erklärt Richard Goebelt vom TÜV-Verband. Dagegen ist bei den 18- bis 24-Jährigen die Quote so hoch wie in keiner anderen Altersgruppe. Hier fällt mehr als jeder Zweite durch die Theorieprüfung.
Fahrschüler haben heutzutage zudem mehr Schulungsbedarf: Fahrlehrer André Stache aus dem sächsischen Löbau schätzt, dass Schülerinnen und Schüler bei ihm im Durchschnitt etwa doppelt so viele Übungsfahrten brauchen wie noch vor 20 Jahren.

Kostentreiber Nummer 2: Inflation und Fahrlehrermangel

Die Preise für die Dienstleistungen rund um den Erwerb des Führerscheins sind deutlich gestiegen: Nach Angaben des ADAC kostet ein Autoführerschein inzwischen 2.500 bis 4.400 Euro. Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände rechnete 2024 mit 2.800 bis 3.500 Euro.
Im Vergleich zu 2020 stiegen die Preise für Fahrschule und Fahrprüfungen doppelt so stark wie die Verbraucherpreise. Fahrstunden kosten zwischen 50 und 100 Euro pro Einheit – je nach Fahrschule. Die theoretische Prüfung kostet pro Versuch 25, die praktische 130 Euro. Wer durch die praktische Prüfung fällt, muss im Regelfall zudem weitere Fahrstunden nehmen.
Neben der allgemeinen Inflation gibt es einen weiteren Kostentreiber: Es gibt zu wenig Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer. Im Ringen um Angestellte überböten sich die Fahrschulen gegenseitig bei den Gehältern, heißt es von Fahrschulbesitzern. Das schlägt auf die Preise.

Warum fallen so viele Menschen durch die Prüfungen?

Einen Grund für die hohe Durchfallquote bei Führerscheinprüfungen sieht der TÜV im komplexeren Verkehrsaufkommen. „In den letzten zehn Jahren sind ungefähr eine Million Kraftfahrzeuge auf den Straßen hinzugekommen“, sagt Richard Goebelt - zudem neue Fahrzeuge wie E-Scooter, außerdem auch mehr Fahrräder, vor allem in städtischen Gebieten.
Hinzu kommt, dass junge Menschen weniger Erfahrung im Straßenverkehr haben. Wer viel mit dem Fahrrad unterwegs ist oder einen Moped-Führerschein besitzt, sei besser vorbereitet als diejenigen, die viel im Elterntaxi sitzen oder als Beifahrer vor allem aufs Handy starren, heißt es vom TÜV-Verband.
Auch die Autos werden immer komplexer. „Die Fahrschulwagen, in denen früher ausgebildet wurde, waren normale Verbrenner mit doppelter Fußpedalanlage“, so Fahrlehrer André Stache. „Inzwischen sind sie rollende Computer mit zahlreichen technischen Finessen, die das Fahren erleichtern und die Sicherheit erhöhen sollen.“
Ein weiteres Problem sind lange Wartezeiten auf Prüfungstermine. Als Grund dafür wird der zunehmende Mangel an Prüfern gesehen. Fahrschulinhaber Dirk Mattes sagt, es könnten durchaus zwei Monate zwischen letzter Fahrstunde und Prüfung liegen. Da hätten viele Fahrschülerinnen und -schüler schon wieder eine ganze Menge vergessen.
Ganz unschuldig an den vielen vergeigten Prüfungen sind aber auch die Fahrschulen wohl nicht. Der TÜV-Verband bemängelt, viele testeten vor der Prüfung nicht, wie gut die Theoriekenntnisse der Fahrschülerinnen und -schüler seien.

Wie versuchen Prüflinge zu tricksen?

Immer mehr Fahrschülerinnen und -schüler greifen auf unerlaubte Mittel zurück. Die Zahl der Täuschungsversuche nimmt nach Angaben des TÜV-Verbands deutlich zu: Fast 4.200 unerlaubte Tricks seien 2024 registriert worden. In den vergangenen fünf Jahren habe sich die Zahl verdoppelt.
Häufig nutzten Prüflinge Spickzettel oder unerlaubte Technik wie einen Knopf im Ohr. In jedem vierten Fall gibt sich eine andere Person als Prüfling aus. Fast 60 Prozent der Täuschenden agierten professionell. Mit Ausnahme der strafrechtlich relevanten Stellvertreter-Täuschung werde der Betrug jedoch weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Wie die Bundesregierung den Führerschein billiger machen will

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder plant eine Reform der Ausbildung in den Fahrschulen, die auf Vereinfachungen und mehr digitale Lösungen zielt. So soll der Katalog von 1.169 Fragen für die theoretische Prüfung um ein Drittel reduziert werden. Auch die Pflicht zum Präsenzunterricht in Fahrschulen soll entfallen.
In der praktischen Ausbildung sollen öfter Fahrsimulatoren eingesetzt werden können, statt direkt auf der Straße zu fahren. Vorgesehen sind auch weniger verpflichtende Sonderfahrten. In der praktischen Prüfung soll die Fahrzeit von 55 auf 25 Minuten verkürzt werden.
Um die Kosten für den Führerschein zu senken, gibt es auch noch andere Vorschläge. So hat der TÜV-Verband einen Pflichttest vor der Prüfungsanmeldung vorgeschlagen. Der würde zeigen, ob ein Fahrschüler schon prüfungsbereit ist. Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände plädiert für eine kompaktere Ausbildung. So könnten Fahrstunden gespart werden.
Der TÜV will außerdem die Motivation der Prüflinge steigern – mit einem Mobilitätsgutschein für alle, die die Prüfung auf Anhieb bestehen. Wenn diese im Zusammenhang mit einer Ausbildung oder dem Berufseinstieg abgelegt wurde, komme auch noch die steuerliche Absetzbarkeit von Ausbildungskosten hinzu.

abr, pto, ahe
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