Was ist Job-Crafting? Wenn Arbeitende Abläufe im Job, die Beziehungen zu anderen oder die Bedeutung der Arbeit verbessern, heißt das Job Crafting. Die Arbeit wird dem Beschäftigten angepasst und nicht umgekehrt. So kann eine Lehrerin, die sich für Computer begeistert, auch als Systemadministratorin arbeiten.
Frust am Arbeitsplatz
Wer sich selber die Aufgaben aussucht, ist zufriedener im Job. © Getty Images / iStockphoto / SvetaZi
Job Crafting ist besser als kündigen
Viele sind in ihrem Job nicht glücklich. Deshalb gleich zu kündigen, ist nicht immer schlau. Statt sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen, kann die alte passend gemacht werden.
Jede oder jeder vierte Deutsche, die oder der in letzter Zeit gekündigt hat, hat das ohne eine konkrete neue Stelle an der Hand getan. Sprich: Für viele Menschen scheint der Leidensdruck im Job extrem zu sein. Geben Sie mal in eine Suchmaschine ein: "Mein Job ist … " Bei mir wurden diese Suchanfragen vervollständigt mit: langweilig, sinnlos, zu stressig, die Hölle oder auch "eine Art Dschungelprüfung".
Wann kündigen Sinn ergibt
Dass einfach kündigt, wer die Arbeit wie eine Dschungelprüfung erlebt, kann ich gut verstehen. Viele ArbeitgeberInnen haben den Schuss noch nicht gehört, nutzen die neuen Möglichkeiten der Kommunikation und der Kooperation nicht, die wir in den vergangenen drei Jahren gelernt haben.
Bestellen ihre Truppe von Montag bis Freitag wie 2019 ein, damit sich die Beschäftigten zwei Mal täglich in die Bahn oder durch den Stau quälen und im Büro das tun, was sie vielleicht zu Hause viel effizienter tun könnten. Solche Jobs zu kündigen – macht Sinn.
Aber ich glaube auch, dass hinter vielen Kündigungen eine falsche Sichtweise steht. Viele ArbeitnehmerInnen – und ihre Vorgesetzten – sehen die Stelle wie etwas aus Beton: „Ich oder der oder die muss da reinpassen – sonst bin ich, sonst ist sie oder er falsch.“
Schnitz Dir deine Stelle zurecht
Es wäre besser, wir würden unsere Jobs als etwas Wachsartiges sehen. Als etwas, das wir bewusst an eigene Stärken, Leidenschaften, Neigungen oder Interessen anpassen können. „Job Crafting“ nennt das die Organisationsforschung - sich seine Stelle zurechtschnitzen, könnte man es in etwa übersetzen.
Der Putzmann auf der Komastation, der nicht nur um die Patienten herumputzt, sondern auch mal die Bilder von links nach rechts hängt oder die Blumensträuße umstellt – und sich somit als Teil des therapeutischen Teams betrachtet.
Die Abteilungsleiterin, die die Einarbeitung der neuen Mitarbeitenden in ihrem Bereich an die Teamleitungen delegiert. Ich selbst, der ich mit Buchhaltung auf Kriegsfuß stehe und das leidige Thema endlich an meine neue großartige virtuelle Assistentin outgesourct habe, die mit Leidenschaft Buchhaltung betreibt: Das sind Beispiele für Job Crafting.
Erfüllter und erfolgreicher arbeiten
Mögliche Hebel und Wirkrichtungen für Job Crafting sind: Aufgaben verändern, den eigenen Zeitplan umarrangieren, sich selbst eigene Ziele setzen oder auch verändern, mit wem ich zusammenarbeite in der Dienstgruppe oder im Projekt.
Wer durch diese Form der Stellenschnitzerei mehr von dem tut, was ihr oder ihm liegt, arbeitet in der Regel erfüllter und erfolgreicher. Wissenschaftliche Studien dazu legen folgende Effekte nahe: höhere Zufriedenheit mit dem Job, seltenere Kündigungsabsichten, geringere Erschöpfung und Burn-out-Gefahr, höhere Kundenzufriedenheit, bessere Leistungsfähigkeit.
Polizisten, Lehrer, Beschäftigte in der Hotelindustrie, Reha-Pfleger, Versicherungsmaklerinnen: Es gibt schon unterschiedliche Studien aus unterschiedlichen Branchen, die nahelegen: Job Crafting kann das Plus in der Arbeit vergrößern und das Minus kleiner machen. Davon profitiert offenbar nicht nur die/der Einzelne, sondern auch Teams und Organisationen kommen zu besseren Ergebnissen, wenn dort Job Crafting gefördert wird.
Den bisherigen Job zu kündigen und eine neue Stelle suchen: Das ist ein bisschen wie die Hoffnung auf das Glitzereinhorn. Wer kann Ihnen denn schon garantieren, dass Sie in der anderen Firma wirklich Ihre Stärken und Leidenschaften besser einbringen können? Wäre es da nicht besser, die eigene Tätigkeit mal auf mögliche Spielräume zu durchleuchten?